Einen derart großer Andrang aus der Bürgerschaft bei einer Gemeinderatssitzung gab es in der Gemeinde Üchtelhausen lange nicht. Neben Vertretern der Bürgerinitiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Bauvorhaben am "Zeller Berg" zu stoppen, nahm auch Altbürgermeisterin Birgit Göbhardt im beengten Zuschauerraum im Rathaus in Hesselbach Platz. Schon als Göbhardt noch das Oberhaupt der Gemeinde war, wurden die Planungen für das Gewerbe-, Misch- und Sondergebiet "Zeller Berg" angetrieben. Nun stünde das Vorhaben eigentlich nur noch einen Satzungsbeschluss im Gemeinderat vor dem Beginn der Baumaßnahmen.
Anders als vorab anvisiert, wurde dieser in der Sitzung, die erst kurzfristig anberaumt wurde, nun jedoch nicht zur Abstimmung vorgelegt. "Heute werden keine Tatsachen geschaffen", verkündete Bürgermeister Johannes Grebner schon zu Beginn der Sitzung. Grund war eine Unterschriftenliste, die von der Bürgerinitiative einen Tag vor der Sitzung im Rathaus eingereicht wurde. Die Gemeinde muss sich jetzt also mit einem sich anbahnenden Bürgerentscheid zu den weiteren Planungen am "Zeller Berg" beschäftigen.
"Hält die Bürgerinitiative uns alle im Gremium für bescheuert?"
Zunächst muss die Rechtmäßigkeit der eingereichten Liste geprüft werden, erklärt Bürgermeister Grebner das anstehende Prozedere. So lange bleiben die Pläne der Gemeinde "in der Schublade liegen". Der Bürgerinitiative gelang es erstmal, die weiteren Planungen auf Eis zu legen. Das gefällt längst nicht jedem Gemeinderatsmitglied. Peter Hess echauffierte sich: "Hält die Bürgerinitiative uns alle im Gremium für bescheuert?" Der Üchtelhäuser spielte dabei auf die in der Sitzung vorgelesene private Stellungnahme im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit von Julia Mai, die der Bürgerinitiative angehört, an – speziell auf den von ihr getätigten Vorwurf, das Gewerbegebiet würde nur für einen Wertstoffhof gebaut werden.
Auch der Zeller Gemeinderat Aron Hatwieger positionierte sich eindeutig gegen die Bürgerinitiative. "Mit solchen Aktionen stehen wir uns selbst im Weg", befindet er. Der Ebertshäuser Gemeinderat Joachim Zehner stört sich vor allem am (späten) Zeitpunkt, in dem die Bürgerinitiative jetzt aktiv wird. Der Hesselbacher Gemeinderat Steffen Sperber hingegen nahm sie in Schutz. "Die werden ihre guten Gründe haben", glaubt er. Johannes de Boer, Ratsmitglied aus Madenhausen, sprach den Mitgliedern der Bürgerinitiative seinen Respekt aus, da sie Engagement für ihr Dorf zeigen. Der Bürgermeister fordert alle Beteiligten im weiteren Verlauf zu einem "fairen Umgang miteinander" auf.
Norma als Nahversorger im Gewerbegebiet "Zeller Berg"
Als "lebender Beweis" dafür, dass bei den Planungen zum "Zeller Berg" nicht nur der Wertstoffhof gesichert ist, war überraschend mit Sven Wohnsland auch ein Vertreter der Norma, die den Nahversorger am "Zeller Berg" betreiben soll, auf der Sitzung zugegen. Mit seiner Anwesenheit wollte der Norma-Expansionsleiter, der mit den Planungen zuvor nicht vertraut war und Üchtelhausen bis dato nicht kannte, das klare Bekenntnis des Unternehmens zum Standort Üchtelhausen untermauern. Der anvisierte Notartermin für die Unterzeichnung eines Erbpachtvertrags mit der Gemeinde in der kommenden Woche entfällt jetzt jedoch.
"Aufgehoben ist nicht aufgeschoben", sagte Wohnsland dazu. "Wir würden gerne langfristig und nachhaltig ihre Nahversorgung übernehmen", sagte der Norma-Vertreter, der auch betonte, dass das Unternehmen nicht für "Bauruinen" oder ähnliches stehe. "Wenn wir uns zu etwas bekennen, ziehen wir es auch durch." Der anstehende Beschluss über den Bebauungsplan in der Fassung vom 20. April 2023 als Satzung wurde – bei nur zwei Gegenstimmen – vertagt.
