zurück
Gerolzhofen
Was kann sich Gerolzhofen in Zukunft noch leisten? 5 Erkenntnisse zum neuen Haushalt der Stadt
Auf den ersten Blick sieht das Zahlenwerk recht ordentlich aus. Die finanzielle Situation bleibt aber angespannt und wird sich künftig erheblich verschlechtern.
Mehrere Großprojekte muss die Stadt Gerolzhofen in den kommenden Jahren schultern. Dazu zählt auch die Sanierung des Marktplatzes. Um solche Vorhaben sowie die Pflichtaufgaben finanzieren zu können, muss die Kommune wieder Kredite aufnehmen.
Foto: Michael Mößlein | Mehrere Großprojekte muss die Stadt Gerolzhofen in den kommenden Jahren schultern. Dazu zählt auch die Sanierung des Marktplatzes.
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 09.02.2024 03:56 Uhr

In den vergangenen Jahren hat die Stadt Gerolzhofen gut gewirtschaftet. Die Schulden wurden reduziert, um drei Millionen Euro. Rein rechnerisch steht aktuell jede Bürgerin und jeder Bürger mit "nur noch" 1035 Euro in der Kreide. Neue Kredite mussten jahrelang keine aufgenommen werden. Zugleich wurden die Steuereinnahmen, insbesondere die Gewerbesteuer, signifikant gesteigert.

Eine für Gerolzhofen schöne Momentaufnahme. Nach der Sitzung des Stadtrates am Montag sieht die Zukunft weniger rosig aus. Zwar wurde der von Kämmerer René Borchardt vorgestellte Haushalt für das Jahr 2023 hoch gelobt und einstimmig abgesegnet. Allerdings wird die Stadt den Gürtel enger schnallen müssen. Fünf grundlegende Erkenntnisse ergeben sich aus dem neuen Zahlenwerk:

Was kann sich Gerolzhofen in Zukunft noch leisten? 5 Erkenntnisse zum neuen Haushalt der Stadt

1. Erkenntnis: Rekordhaushalt mit Rekordsteuereinnahmen

Die guten Nachrichten gleich vorneweg: Die Stadt Gerolzhofen kann ihre Einnahmen weiter steigern.  Treiber im Verwaltungshaushalt sind wiederum die Steuern. Allein bei der Gewerbesteuer kalkuliert der Kämmerer mit einem Zuwachs von mehr als 1,2 Millionen Euro. Heißt konkret: Die Kommune rechnet mit Zahlungen der Unternehmen in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Auch bei der Einkommenssteuer zeigt die Kurve nach oben.

Das bedeutet: Bis zum Jahresende werden über 8,5 Millionen Euro nur aus diesen beiden Posten in die Stadtkasse fließen. Diese Steuern machen damit fast die Hälfte des Verwaltungshaushaltes aus, der auf über 18 Millionen Euro anwächst. Auch der Gesamthaushalt steigt in neue Rekordhöhen: Das Volumen beträgt jetzt 32,5 Millionen Euro, nachdem erst im Vorjahr die 30-Millionen-Schallmauer geknackt wurde.

2. Erkenntnis: Mehr Personalausgaben, weniger Finanzausgleich

Ein anderes Bild zeigt sich auf der Ausgabenseite: Insbesondere die Personalausgaben sind förmlich explodiert. Kämmerer Borchardt verwies auf die Tariferhöhung, die zwar erst 2024 zu Buche schlagen wird. Bereits im laufenden Haushaltsjahr wirkt sich allerdings das Inflationsausgleichsgeld aus, das die städtischen Beschäftigten zusätzlich erhalten, beginnend mit einer Sonderzahlung von 1240 Euro im Juni. Die Stadt muss im Vergleich zum Jahr 2021 eine halbe Million Euro mehr bezahlen, insgesamt 2,6 Millionen Euro.

Die hohe Steuerkraft hat für die Stadt auch eine Schattenseite: Dadurch gibt es weniger Geld vom Freistaat im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Die sogenannten Schlüsselzuweisungen brechen um mehr als die Hälfte ein, 2023 landen davon nur noch 728.000 Euro im Stadtsäckel. Und wäre das nicht schon zu viel des Schlechten, muss Gerolzhofen aus dem gleichen Grund auch eine Million mehr an Kreisumlage an den Landkreis abführen.

3. Erkenntnis: Großprojekte und Unterhalt belasten Haushalt

Dem nicht genug, hat die Stadt eine Aufgabenfülle zu bewerkstelligen, die ihresgleichen sucht. Man müsse enorm in die Infrastruktur investieren, stellte Bürgermeister Thorsten Wozniak fest. Nicht nur in den Unterhalt von Straßen, Wasserleitungen, Kanal und Gebäude, sondern auch in Großprojekte. Der Vermögenshaushalt, in dem die Investitionen aufgeführt sind, wächst um neun Prozent auf 14,1 Millionen Euro.

Finanziell bemerkbar macht sich erstmals der geplante Neubau der Grund- und Mittelschule am Lülsfelder Weg. Die Stadt als Bauherr bucht dafür 2023 zusammengerechnet 2,1 Millionen Euro im Haushalt ein. Insgesamt plant man bis 2026 und die folgenden Jahre mit knapp 32 Millionen Euro für das gemeinsame Schulhaus. Gerolzhofen muss dies aber nicht alleine schultern, sondern auch die in den Schulverbänden vertretenen Gemeinden müssen sich an dem Vorhaben anteilig beteiligen. Zudem ist eine hohe Förderung der Regierung zu erwarten. 

Auch der dringend benötigte, zusätzliche Kindergarten, der auf der hinteren Liegewiese im Geomaris-Freibad möglicherweise in Modulbauweise gebaut werden soll, belastet den Haushalt. Fürs Erste werden eine Million Euro benötigt, weitere sechs Millionen Euro folgen. Auch der Straßenausbau mit insgesamt 1,4 Millionen Euro sowie Kanalsanierungen mit rund drei Millionen Euro, darunter in der Dr.-Georg-Schäfer-Straße, und die Marktplatzsanierung (2,3 Millionen Euro) verlangen der Stadt einiges ab. Ebenso wie das Geomaris mit seinem hohen Defizit, das fast 700.000 Euro betragen wird. Zusammen mit Darlehenstilgungen sind für das Bad weit über eine Million Euro Zuschuss per anno zu leisten. Für die geplante Sanierung der Kläranlage sind acht Millionen Euro nach 2026 vorgemerkt.

4. Erkenntnis: Die Stadt muss sich erheblich verschulden

Die Stadt muss nach vielen Jahren wieder neue Kredite aufnehmen. Bis 2026 sind Darlehen in Höhe von 10,1 Millionen Euro vorgesehen, danach werden weitere neun Millionen Euro benötigt. Der Schuldenstand steigt rapide, wird in drei Jahren mit rund 15 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch sein als zum jetzigen Zeitpunkt. Die Pro-Kopf-Verschuldung wächst von 1000 auf 2200 Euro. René Borchardt deutete an, dass der Haushalt vom Landratsamt nicht genehmigt werde. Welche Konsequenzen dies für die Stadt hat, dazu äußerte er sich nicht.

5. Erkenntnis: Höhere Gebühren für Bürgerinnen und Bürger

Der Kämmerer sieht bei den Wassergebühren "dringenden Handlungsbedarf" aufgrund aufgebrauchter Rücklagen bei gleichzeitigem Defizit. Die Kanal- und Friedhofsgebühren wurden dagegen erst zum Vorjahr erhöht.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gerolzhofen
Stefan Pfister
Einkommensteuer
Euro
Kämmerer
Millionen Euro
Stadt Gerolzhofen
Steuereinnahmen
Thorsten Wozniak
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top