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Gerolzhofen
Geplante Marktplatzumgestaltung: Gerolzhöfer Stadtrat versucht die Wogen zu glätten
Der Siegerentwurf des Ideenwettbewerbs sieht auf der Südseite des Platzes ein großes Platanendach vor. Geschäftsleute laufen dagegen Sturm und drohen mit Rechtsmitteln.
In diesem Bereich an der Südseite des Gerolzhöfer Marktplatzes sollen acht große Bäume für ein 'Platanendach' gepflanzt und das Pflaster gegen eine wassergebundene Decke ausgetauscht werden. Die Geschäftsleute befürchten dadurch massive Einschränkungen.
Foto: Klaus Vogt | In diesem Bereich an der Südseite des Gerolzhöfer Marktplatzes sollen acht große Bäume für ein "Platanendach" gepflanzt und das Pflaster gegen eine wassergebundene Decke ausgetauscht werden.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 09.02.2024 15:39 Uhr

Erstmals in der laufenden Legislaturperiode kam der Stadtrat am Montagabend im historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses zusammen. Wegen Corona hatten die Sitzungen zuvor immer in der Stadthalle oder in der Turnhalle am Lülsfelder Weg stattgefunden. Und es wurde gleich richtig eng: Zahlreiche Anwohner und Geschäftsleute vom Marktplatz waren erschienen, denn auf der Tagesordnung stand die offizielle Bekanntgabe des Siegerentwurfs für die geplante Marktplatzumgestaltung.

Wie bereits vorab berichtet, hat sich am 3. Juni das von der Stadt eingesetzte Preisgericht – bestehend aus externen Experten und Vertretern der vier Stadtratsfraktionen – einstimmig in einer nichtöffentlichen Sitzung auf einen Gewinner-Entwurf verständigt. Sieger des Wettbewerbs ist das Münchner Büro Realgrün Landschaftsarchitekten. Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann stellte am Montagabend in einer Präsentation den Entwurf in dessen Grundzügen vor.

Zu den Kernaussagen der siegreichen Idee gehört es, dass es künftig auf dem Marktplatz keine getrennten Bereiche für Straße und Fußgänger geben soll. Die Anzahl der Parkplätze wird deutlich reduziert. Im südlichen Platzbereich, vor den Geschäften zwischen der Spitalstraße und dem Café/Bäckerei Schmitt, soll das Pflaster entfernt und durch eine wassergebundene Decke ersetzt werden, wie man sie beispielsweise von den Fußwegen in den städtischen Alleen kennt. Ein "Platanendach", das acht große Bäume bilden, soll für den gesamten Bereich Schatten spenden.

Rechtliche Schritte angedroht

In den vergangenen Tagen hat die Kritik der Anwohner und Geschäftsleute am Sieger-Entwurf immer mehr zugenommen. Kritisiert wird, dass die Anzahl der Parkplätze verringert werden soll. Man habe im Vorfeld des Wettbewerbs auch eigene Anregungen bei der Stadt abgegeben, doch leider sei davon nichts umgesetzt worden, lautet ein zweiter Kritikpunkt.

Die Hauptkritik richtet sich aber gegen die Idee des "Platanendachs" und den wassergebundenen Belag direkt vor den Geschäften. Durch die Bäume werde jeglicher Blick auf die Geschäfte verstellt, so ein Geschäftsinhaber. Und durch den lockeren Belag werde es wohl schwierig bis unmöglich, die Waren auch in Zukunft im Außenbereich zu präsentieren. Man werde nun ganz genau beobachten müssen, wie die künftigen Planungen aussehen werden. Sollte es tatsächlich zum "Platanendach" kommen, so der Geschäftsmann gegenüber dieser Redaktion, werde man sich einen juristischen Beistand nehmen und mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Pläne vorgehen. Die Androhung rechtlicher Schritte wurde bereits auch schon beim Stadtbauamt hinterlegt.

Die Grund-Ideen bleiben

In einem Gespräch mit dieser Redaktion hatte Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann in der vergangenen Woche betont, die Stadt sei aufgrund der Auslobungsunterlagen rechtlich gebunden, die Grund-Ideen des Sieger-Entwurfs nun auch zu übernehmen. In einem sogenannten Verhandlungsverfahren könne man zwar noch über gewisse Änderungswünsche mit dem Architektenbüro diskutieren, allerdings sei dies nur bei Detailfragen möglich, beispielsweise wo genau das Stadtmodell einen neuen Platz finden soll oder ob der bestehende Brunnen tatsächlich mit Stufen eingerahmt werden soll.

Das an der Südseite des Marktplatzes neu geplante "Baumdach" hingegen sei aus ihrer Sicht ein ganz wesentlicher Bestandteil des Siegerentwurfs und müsse deshalb übernommen werden, erklärte die Stadtbaumeisterin. Wenn überhaupt, dann könne man auch hier nur noch über Details mit dem Planer diskutieren, "und das wäre beispielsweise die Frage, ob man als Begrünung tatsächlich Platanen oder vielleicht auch Weinlaub nimmt".

In der Sitzung am Montagabend waren die Stadträte nun sichtlich bemüht, die Wogen der Empörung zu glätten, zumal ihnen die Geschäftsleute und Anwohner sprichwörtlich im Nacken saßen. Die von der Stadtbaumeisterin im Bericht "Es wird kein Rosinenpickern geben" geschilderten Konsequenzen der Jury-Entscheidung wurden angezweifelt. Günter Iff (Freie Wähler) vertrat sogar die Meinung, man sei nicht gezwungen, den Siegerentwurf zu nehmen, sondern man könne auch mit dem Zweit- oder dem Drittplatzierten weiterarbeiten.

Klarer Beschluss der Jury

Auf Intervention von Maria Hoffmann wollte Bürgermeister Thorsten Wozniak diese Behauptung Iffs allerdings so nicht stehen lassen. Es gebe den klaren, auch schriftlich fixierten Beschluss der Jury, sagte Wozniak, dass der Erstplatzierte des Wettbewerbs jetzt zum Zug kommt. Nur für den theoretischen Fall, dass man sich mit dem Gewinner über Grundlegendes nicht einigen könne, kämen die Nächstplatzierten an die Reihe.

Das Bild zeigt es: Bäume in der Altstadt sind wichtige Schattenspender und können das Mikroklima positiv beeinflussen. Eine Eigenschaft, die angesichts des Klimawandels immer wichtiger wird.
Foto: Klaus Vogt | Das Bild zeigt es: Bäume in der Altstadt sind wichtige Schattenspender und können das Mikroklima positiv beeinflussen. Eine Eigenschaft, die angesichts des Klimawandels immer wichtiger wird.

Thomas Vizl (Geo-net) betonte, bei der Marktplatz-Umgestaltung handle es sich um die Quadratur des Kreises. Der Entwurf des Münchner Büros habe deshalb einstimmig gewonnen, weil dieser die wesentlichen Vorgaben, die die Stadt vorab aufgelistet hatte, umsetze. Und dazu gehöre es auch, mehr Pflanzen in der Innenstadt zu haben, um dort die Hitze im Sommer in den Griff zu bekommen. Allerdings dürfe man die Interessen der Geschäftsleute nicht vernachlässigen, meinte Vizl: "Wir müssen noch daran feilen." Denn im Detail seien Veränderungen sicherlich noch möglich.

"Den Gerolzhöfern muss es gefallen"

Für die SPD-Fraktion betonte Norbert Finster, dass man "voll und ganz hinter dem Gewinnerentwurf steht". Den Geschäftsleuten, die jetzt Kritik äußern, müsse man klar sagen, dass es sich bei dem Bereich vor den Geschäften um städtischen Grund handelt. Und die Stadt habe selbstverständlich das Recht, ihren eigenen Bereich zu überplanen und zu gestalten. "Und den 7000 Gerolzhöfern muss es schließlich gefallen." Die SPD nehme aber auch die Sorgen der Geschäftsleute ernst.

Günter Iff wies die Kritik der Anwohner zurück, man habe deren eingereichte Ideen nicht berücksichtigt. Schon seit dem Jahr 2019 laufe die öffentliche Diskussion und alle gesammelten Anregungen seien in die Auslobungsunterlagen des Wettbewerbs eingearbeitet worden. Allerdings, so Iff, hätten sich die eingegangenen Anregungen teils diametral unterschieden. "Bei den Parkplätzen beispielsweise differieren die Vorschläge zwischen null und 25 Stellflächen."

"Geschäftswelt sehr wichtig"

Für Burkhard Wächter und die CSU-Fraktion steht es außer Frage, dass man sich jetzt an die Ideen des Wettbewerbs halten muss – "sonst hätten wir keinen Wettbewerb gebraucht". Allerdings sei die Geschäftswelt sehr wichtig. Deren Existenz müsse auch nach der Umgestaltung des Platzes dort noch möglich sein. Ohne Geschäfte würde der Platz veröden, wie man beim schlechten Beispiel Spitalstraße jederzeit sehen könne.

Das Münchner Büro Realgrün Landschaftsarchitekten hat mit seinem Entwurf den Planungswettbewerb zur Neugestaltung des Markplatzes gewonnen. Gut zu sehen ist, dass an der Südseite acht große Bäume geplant sind.
Foto: Realgrün Landschaftsarchitekten | Das Münchner Büro Realgrün Landschaftsarchitekten hat mit seinem Entwurf den Planungswettbewerb zur Neugestaltung des Markplatzes gewonnen. Gut zu sehen ist, dass an der Südseite acht große Bäume geplant sind.

Für Bürgermeister Wozniak handelt es sich bei dem Sieger-Entwurf um eine "interessante und zukunftsträchtige Idee". Er persönlich sei allerdings schon mehrfach angesprochen worden, warum man denn so mutlos sei und sich nicht traue, den gesamten Platz autofrei zu machen. Er sehe aber auch den "Spagat zur Geschäftswelt". Man werde deshalb eine eigene Info-Veranstaltung für die Anwohner und Geschäftsleute veranstalten, um mögliche Irritationen auszuräumen.

Auf den Hotelbau warten?

Burkhard Wächter wollte schließlich noch wissen, wie der Zeitplan für die Umgestaltung des Platzes letztlich aussehen könnte. Der Hintergrund seiner Frage: Wäre es nicht besser, mit den Planungen am Marktplatz noch abzuwarten, bis endlich geklärt ist, wie es mit der Hotel-Baustelle "Wilder Mann" weitergeht? Möglicherweise, so Wächter, gebe es dort irgendwann neue Entwicklungen bezüglich möglicher Stellplätze, die dann direkte Auswirkungen auch auf die Gestaltung des Marktplatzes haben könnten.

Bürgermeister Wozniak ging nicht auf die Frage Wächters ein, auch Rainer Krapf (Freie Wähler), Geschäftsführer der Hotel-Bauherrin Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, äußerte sich nicht. Aber Stadtbaumeisterin Hoffmann antwortete, es sei durchaus denkbar, den Gestaltungsentwurf, jetzt wo man ihn vorliegen habe, noch einmal ein oder zwei Jahre "in die Schublade zu legen und abzuwarten" – falls der Stadtrat dies wolle.

Bis zum Jahresende

Ansonsten, so Hoffmann, werde man nun mit dem Siegerbüro in das Verhandlungsverfahren einsteigen, um die von der Jury bereits geltend gemachten Änderungswünsche zu diskutieren. Allerdings habe sich Thomas Wirth vom Kitzinger Stadtplaner-Büro arc.grün, der den Ideen-Wettbewerb bislang begleitet hat, zurückgezogen und einen Nachfolger gebe es noch nicht. Bis dieser gefunden sei, werde auch einige Zeit vergehen. Idealerweise sollte aber bis zum Jahresende 2022 das Verhandlungsverfahren beendet und die Höhe der Baukosten geklärt sein. 

Das kommende Jahr 2023 werde für die Feinplanung und die Fördermittel-Beantragung benötigt, so Hoffmann. Baubeginn könnte also frühestens im Jahr 2024 sein, wobei zuvor auch noch zu klären sei, ob die Baumaßnahme in einem Ruck erfolgen soll oder auf mehrere Folgejahre gesplittet wird.

Kein totaler Zeitdruck

Bürgermeister Wozniak ergänzte, man habe nicht den totalen Zeitdruck. Die Sanierung der Kanal- und Wasserleitungen im Untergrund des Marktplatzes seien zwar nötig, es bestehe aber kein akuter Handlungsbedarf. Allerdings sei der Pflasterbelag des Marktplatzes dringend sanierungsbedürftig.

 
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Kommentare
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Da wird mal wieder gegen schattenspendende Bäume geschossen ... Die Menschen werden immer dümmer und lernen nichts fazu! 🙈🙉🙊
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  • axvofa
    Kümmert euch doch erstmal um die Hotelbaustelle und schafft hier Parkmöglichkeiten.
    Wenn auf dem Marktplatz Parkplätze gestrichen werden, aber noch keine neuen in Aussicht sind, braucht man als Auswärtiger nicht mehr in die Innenstadt zu fahren.
    Das wäre für die hier ansässige Geschäftswelt nicht sehr gut. Wenn ich dann einen Kaffee trinken will, fahre ich zu Edeka, oder Netto, weil hier immer Parkmöglichkeiten gegeben sind.
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  • brensieg@web.de
    Reden Sie doch mal mit den betreffenden Geschäftsinhabern. Vielleicht läßt man Sie ja im Laden parken, dann müssen Sie überhaupt nicht laufen. Zum Kaffee trinken mit dem Auto bis vor den Tisch fahren. Geht’s noch? Der Marktplatz gehört jedenfalls allen Bürgern der Stadt und nicht nur einigen Geschäftsleuten, oder auswärtigen Kaffeeschlürfern.
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