Die Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen den vom Stadtrat Mitte Mai fristlos gekündigten Theaterleiter in Schweinfurt laufen noch, doch im Hintergrund arbeitet Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) daran, die Kulturverwaltung bereits jetzt neu aufzustellen.
Bundesweit ausgeschrieben wurde die Stelle der Theaterleitung, auch wenn die noch zu findende Person zunächst keinen gewöhnlichen Theaterspielplan für die neue Saison erstellen muss. Das 1966 eröffnete Schweinfurter Theater bleibt bekanntlich bis Mitte 2024 geschlossen. Nach dem Ende des Lockdowns wurde es nicht wieder geöffnet, sondern man konzentriert sich auf die seit Jahren geplante Generalsanierung. Die neue Kulturamtsleiterin Andrea Brandl ist dabei, als Ersatzprogramm den Kultursommer 2021 auf der Open Air Bühne am Kessler Field mit 40 Veranstaltungen zwischen dem 10. Juli und Mitte September zu organisieren.
Nichtsdestotrotz hat der Fall des gekündigten Theaterleiters, dessen Kündigungsschutzklage in einer Güteverhandlung am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht Schweinfurt verhandelt wird, Weiterungen für die internen Strukturen. Denn es zeigte sich, auch als Erkenntnis aus einem nach Informationen dieser Redaktion im Winter letzten Jahres vorgestellten Rechnungsprüfungsbericht zum Theater, dass offenbar die klassischen Verwaltungsthemen wie Zuschuss- und Förderanträge, Budgetverwaltung, etc. besser durch eine Stelle gebündelt bearbeitet werden sollten.
Das bedeutet nicht, dass die anderen Einrichtungsleiter der städtischen Kulturhäuser wie Kunsthalle, Museum Georg Schäfer oder das geplante Kulturforum dies nicht zu leisten im Stande gewesen wären. Gleichwohl ist es aber so, dass die klassische Verwaltungstätigkeit viel Zeit frisst, die für die künstlerische Ausgestaltung der Ausstellungen oder Programme fehlt. Außerdem beklagt die freie Kulturszene um KulturPackt, Disharmonie oder Stattbahnhof seit Jahren, dass ein Ansprechpartner in der Verwaltung fehlt, der bei allen Fragen rund um Genehmigungen für Veranstaltungen weiterhilft.
Eine Fülle von Aufgaben für den kaufmännischen Leiter des Kulturamtes
Diese Stelle des kaufmännischen Leiters des Kulturamts sowie eine weitere Halbtagsstelle zur Zuarbeit genehmigte der Hauptausschuss nun einstimmig, unterstellt sind die noch zu suchenden künftigen Mitarbeiter der Kulturamtsleiterin Andrea Brandl.
Der Stelle ist eine Fülle von Aufgaben zugewiesen, die auf den ersten Blick verwundern: So sind nicht nur das Zuschuss- und Förderwesen, Gema-Verträge oder Abrechnungen für die Künstlersozialkasse dabei, sondern auch die Verhandlung über Gagen, das Prüfen, Erstellen und Abschließen von Verträgen sowie das Erstellen, Bearbeiten und Überwachen des Haushaltes des Kulturamtes und auch der einzelnen Kultureinrichtungen sowie die Verwaltung der zugewiesenen Budgets beinhaltet. Kein Wunder, dass Stefanie Stockinger-von Lackum (CSU) und Ralf Hofmann (SPD) die Stellenbeschreibung als herausfordernd empfanden. Wichtig sei, so Stockinger-von Lackum, "dass es nicht nur ein Controller ist, sondern eine kulturaffine Person."
Grundsätzlich standen alle Stadträte dem Ansinnen des OB wohlwollend gegenüber. Bemerkenswert waren die sprachlichen Windungen, um das Thema Kündigung des Theaterleiters nicht anzusprechen. Der Oberbürgermeister stellte keinen Zusammenhang her, sondern betonte, die "Schweinfurter Kultur spielt in der Bundesliga." Es gehe ihm um Entlastung im kaufmännischen Bereich, denn alle Einrichtungen seien künstlerisch bisher "sehr gut geführt".
Antrag der Linken an den OB, im Stadtrat zu den Hintergründen der Kündigung aufzuklären
SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann begrüßte die Idee, verwies aber schon mit Blick auf die seit Monaten laufenden Ermittlungen gegen den früheren Theaterleiter darauf, dass "nicht alle Kultureinrichtungen in Schweinfurt sehr gut geführt waren". Auch Frank Firsching (Linke) betonte, dass die neue Stelle "ein Ergebnis der Schwierigkeiten in dem Bereich der letzten Jahre" sei. Die Linken sind auch die einzige Gruppe im Stadtrat, die einen umfangreichen Antrag an den OB stellte, zu den Hintergründen und Auswirkungen der Kündigung des Theaterleiters und den Ermittlungen öffentlich Stellung zu nehmen.
Georg Wiederer (FDP) bemerkte, "künstlerische und kaufmännische Fähigkeiten waren offenbar nicht gleichlaufend" und befand, die neue Stelle sei ganz offenbar eine "Folge der bisherigen Schwierigkeiten." CSU-Stadtrat Klaus Rehberger betonte, es sei nun angesichts der fast vierjährigen Schießung des Theaters wichtig, schnell für ein Ersatzprogramm zu sorgen, um den rund 6000 Abonnenten ein Angebot zu machen, dem städtischen Theater treu zu bleiben.
In diesem Zusammenhang betonte Sebastian Remelé, Befürchtungen, Schweinfurt könne "eine kulturelle Wüste werden, stemme ich mich entgegen." Im Hintergrund würden er und Kulturamtsleiterin Andrea Brandl intensiv Gespräche mit den bisherigen Partnern des Theaters führen, die auch interessiert seien, weiter in Schweinfurt aufzutreten. Näheres werde in der Kulturausschusssitzung am 30. Juni verkündet.