Wut, Trauer, Enttäuschung – das sind die Gefühle nicht nur bei den 800 Mitarbeitenden des Krankenhauses St. Josef, als Ende Juli bekannt gegeben wurde, dass der Träger, die Kongregation der Schwestern des Erlösers, das Haus zum 31. Dezember 2024 schließt. Im Exklusiv-Interview mit dieser Redaktion erklärt die CSU-Landtagsabgeordnete Martina Gießübel aus Grafenrheinfeld die Rolle des Freistaates, übt aber auch deutliche Kritik an der internen Kommunikation des Ordens.
Martina Gießübel: Ich war in München und als ich es gehört habe, hatte ich Gänsehaut. Ich habe bis zum Schluss gehofft, dass der Bezirk Unterfranken noch irgendwie mit einsteigt. Das war mein letzter Hoffnungsschimmer. Die Schließung war letztlich die Entscheidung der Kongregation. Sie war finanziell nicht in der Lage, die Defizite aufzufangen. Der Freistaat kann diese nicht übernehmen. Das müsste dann für jedes andere Krankenhaus auch erfolgen und ist schlicht und einfach nicht leistbar. Den Prozess konnte ich als Landespolitikerin nur begleiten, indem ich viele Gespräche mit den Verantwortlichen beider Häuser und auch der Ministerin geführt habe, um die Schließung von St. Josef zu verhindern.
Gießübel: Die Würfel für eine Weiterführung des St. Josefs sind gefallen. Die Kongregation wird das Haus schließen. Ich bin sehr unglücklich, dass das jetzt so schnell passiert, denn wir hätten kurz-und mittelfristig einen geregelten Übergang gebraucht, um die Gesundheitsversorgung unserer Menschen in der Region zu organisieren. Die CSU fordert hier schon seit Beginn der Diskussion um eine mögliche Schließung von St. Josef einen Plan für die Versorgung der Region Main/Rhön, gerade für die Notfallversorgung und die Akut-Geriatrie. Das haben wir auch schon lange im Kreistag geäußert. Jetzt muss halt alles sehr schnell gehen. Die Chefärzte haben mir, der Bundestagsabgeordneten Anja Weisgerber und unserer CSU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Gabriele Jakob, bei unserem Besuch im Leopoldina-Krankenhaus signalisiert, dass sie die Versorgung hinbekommen. Hierzu gibt es jetzt Gespräche mit der Ärzteschaft aus beiden Häusern.
Gießübel: Flächendeckend in ganz Bayern stehen viele Häuser gerade auf der Kippe. Der Freistaat hat im Doppelhaushalt 800 Millionen für Investitionen in sanierungsbedürftige Krankenhäuser bereitgestellt. Außerdem finanziert er notwendige Gutachten, wie bestehende Krankenhäuser in die Gesundheitsversorgung ganzer Regionen eingebunden werden können. Dies gilt für unseren Bereich für die Geomed-Klinik und auch die Haßberg-Klinik. Für beide wurden Förderanträge für Gutachten gestellt bzw. sind die Gutachten bereits in Auftrag gegeben. Ich werde hier in München Druck machen, dass wir jetzt Unterstützung bekommen und die Prozesse eng begleitet werden. Mit dem Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Geschäftsführer Jürgen Winter stehe ich in engem Kontakt, dass wir bezüglich Investitionskosten für das Leopoldina baldmöglichst grünes Licht vom Gesundheitsministerium bekommen. Hierzu müssen die Planungen aber erst abgeschlossen sein.
Gießübel: Uns allen liegt das St. Josef mit seinen 800 engagierten Mitarbeitern sehr am Herzen. Da kochen dann auch in so einer Situation Emotionen hoch. Das ist menschlich. Die Krankenhausreform wird seitens der Bundesregierung auf den Weg gebracht. Frau Dittmar sitzt als Staatssekretärin mit am Tisch, wenn es um die Ausgestaltung und Umsetzung geht. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass sie sich mal zeigt und mit nach Lösungen für ihre Heimatregion sucht. Die Gesundheitsversorgung der ländlichen Räume kann man nicht mit denen der Großstädte und Metropolen gleichziehen. Ich hoffe, dass sie das auch so in Berlin einbringt. Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat dies mehrfach im Bund angesprochen und kämpft für differenzierte Lösungen Metropole/ländlicher Raum.
Gießübel: Ja, da gebe ich Ihnen Recht. Es ist aber alles nicht so einfach, wie sich das unsere Bürgerinnen und Bürger vorstellen. Viele Leute haben sich an mich gewandt, dass ich doch was tun soll. Meine Gesprächsangebote wurden genutzt. Bis tief in die Nacht habe ich Telefonate geführt. Es gibt einfach Richtlinien und Gesetze, die nicht für einen Einzelfall aushebelbar sind. Ich bin auch jemand, der immer nach schnellen und unkomplizierte Lösungen sucht und den Menschen helfen möchte. Hier bin ich aber an meine Grenzen gestoßen.
Gießübel: Die Kommunikation nach innen fand ich ziemlich herzlos. Per E-Mail die 800 Mitarbeiter zu informieren und letztlich vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist unmenschlich und haben sie nicht verdient. Viele arbeiten Jahrzehnte aufopferungsvoll in St. Josef. Ganze Familien arbeiten dort. Es hat viele Tränen gegeben, das haben mir die Mitarbeiter persönlich erzählt. Mich hat das auch sehr mitgenommen. Als ehemalige Personalratsvorsitzende habe ich das Engagement der Mitarbeitervertretung während der Entscheidungsphase vermisst. Das lief schon alles sehr ruhig ab. Erst nach der Entscheidung mobilisierte die Gewerkschaft. Die Ärzteschaft hingegen war aktiv und hat auch mit mir Gespräche geführt. Für uns alle wäre das Schweinfurter Modell eine sehr gute Lösung gewesen. Die Ablehnung der Kongregation mit dem Grund der anderen Wertevorstellung bezüglich Abtreibungen kann ich in so einer Situation nicht nachvollziehen. Die Kommunikation nach außen empfand ich als kalt, kompromisslos und nicht mehr verhandelbar.
Bevor man ein funktionierendes Krankenhaussystem zugrunde gehen lässt, kann man vielleicht auch in der Politik mal unkonventionelle Wege gehen!
Dann beten Sie für den Erhalt des Josef- Krankenhauses!👃😇
Ja, ich glaube auch, dass das viele, sehr viele nicht verstehen können.
Die Pleite den Erlöserschwestern und Lauterbach in die Schuhe schieben, die eigenen Hände in Unschuld waschen ist allemal einfacher.
Die Abteilung in der Schwangerschaftsabbrüche (mit Sicherheit medizinsch begründet!) am Leo belassen ... Die Gespräche MIT den Mitarbeitern führen.... Liebe Erlöserschwestern: es geht um ein wichtiges Krankenhaus...... !!!!!