Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld ist bereits seit 2015 abgeschaltet, doch seine Türme gelten noch heute für viele Menschen als Wahrzeichen und Symbol der Region. Seit 33 Jahren prägen sie das Landschaftsbild. Nun werden sie gesprengt. Acht Menschen aus Schweinfurt erzählen, was sie mit den Kühltürmen in Grafenrheinfeld verbinden und wie sie der Turmsprengung gegenüberstehen.
1. Hans-Joachim Reiser (82): "Man hätte die Türme eher sprengen müssen"
"Die Atomkraft aus dieser Anlage ist schon längst vorbei. Man hätte die Türme eher sprengen müssen. Man war die Türme und ihre Silhouette zwar gewöhnt, aber wenn sie weg sind, fehlt mir nichts."
2. Celina Rudloff (19): "Ich bin mit den Türmen aufgewachsen"
"Es wäre schade, wenn die Türme weg wären. Ich bin mit den Türmen aufgewachsen; seit ich klein war, waren sie immer da. Ich habe mich nie wirklich mit ihnen beschäftigt, aber wenn man nach Bergrheinfeld fährt und sie sieht, dann merkt man, dass man gleich zu Hause ist. Außerdem weiß ich nicht, wie gut die Stoffe für die Umwelt sind, die bei der Sprengung in die Luft kommen."
3. Ingrid Göb (67): "Habe Angst, dass durch die Sprengung bedenkliche Stoffe in die Umwelt geraten"
"Irgendwie sind die Türme ein Wahrzeichen geworden. Als solches hätte man die Türme stehen lassen können. Ich weiß nicht, ob man auf dem Gelände sonst überhaupt noch irgendwas anfangen kann. Außerdem habe ich Angst, dass durch die Sprengung bedenkliche Stoffe in die Umwelt geraten. Was Atomkraft angeht, bin ich sehr zwiegespalten. Angesichts der Energiekrise und dem, dass wir nicht wissen, wo wir unsere Energie herbekommen sollen."
4. Michael Schmailzl (47): "Ich trauere den Türmen nicht hinterher"
"Ich bin keineswegs nostalgisch. Letztendlich erfüllen die Kühltürme keinen Zweck mehr und die angedachte Version, sie zu einem Kunstprojekt zu machen, wäre zwar nicht schlecht gewesen, aber ich trauere den Türmen auch nicht hinterher."
5. Svenja Hartmann (28): "Der Abriss ist ein gutes Zeichen"
"Ich finde, es ist ein schwieriges Thema: Das AKW hat zwar viele Arbeitsplätze geboten, aber auf der anderen Seite bin ich gegen Atomkraft und für erneuerbare Energien. Daher sehe ich es schon eher als positives Zeichen, wenn etwas in Richtung erneuerbare Energien gemacht wird. Ich habe gemischte Gefühle. Ich finde es gut, wenn die Türme nach der Abschaltung dann jetzt auch wegkommen, dass sich die Strahlung auch irgendwann mal abbauen kann. Der Abriss ist ein gutes Zeichen."
6. Ramoizom Demirkan (51): "Ich bin auf jeden Fall für Atomkraft"
"Ich finde die Kühlturmsprengung ganz schlecht. Wir müssen den Strom demnächst von woanders her kaufen. Also aus Frankreich, Belgien oder Tschechien. Deswegen sollte die Atomkraft in Deutschland weiter existieren. Man könnte das Atomkraftwerk wieder einschalten. Ich bin auf jeden Fall für Atomkraft. Es ist schade, dass das Atomkraftwerk ausgeschalten wurde. Was nützt es, wenn in unseren Nachbarländern, gleich um die Ecke, überall Atomkraftwerke in Betrieb sind und wir hier keine haben?"
7. Silke Schleier (55): "Man sollte die Türme als Symbol stehen lassen"
"Man kennt sie halt. Ich habe schon miterlebt, wie die Türme gebaut worden sind. Man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass sie irgendwann einmal nicht mehr da sein sollen. Ich fände es besser, wenn die Türme nicht gesprengt werden würden, weil sie für viele so ein gewohntes Bild sind. Man könnte bestimmt Sinnvolleres damit anfangen, wie Lasershows an ihnen zu veranstalten oder eine künstlerische Verwendung für sie finden, als sie in Schutt und Asche zu legen. In der heutigen Zeit brauchen wir keine Atomkraft mehr, aber damals war sie aber natürlich wichtig, um Strom zu erzeugen. Man sollte die Türme als Symbol also stehen lassen."
8. Manuel Klein (25): "Wir werden uns auf jeden Fall den Abriss anschauen"
"Ein Zitat meiner Großeltern von damals ist: Ah scheiße, jetzt ist es ausgeschaltet, jetzt wissen wir nicht mehr wo der Wind herkommt. Wir haben gesagt, dass wir uns auf jeden Fall den Abriss anschauen werden. Der Anblick wird nach der Sprengung erstmal ungewohnt sein, aber ich glaube, man gewöhnt sich schnell daran. Ich finde die Sprengung der Kühltürme weder positiv noch negativ. Als Symbolwirkung und eine Art Zeichen in Richtung erneuerbare Energien ist es jedoch gut, dass sie gesprengt werden."
Da wird tatsächlich davon ausgegangen, „dass sich die Strahlung auch irgendwann mal abbauen kann, wenn die Türme nach der Abschaltung dann mal wegkommen“.
Im Zwischenlager Grafenrheinfeld stehen derzeit 54 CASTOR Behälter mit höchstradioaktivem Müll, der noch hunderttausende Jahre extrem gefährlich sein wird. Das Zwischenlager Grafenrheinfeld hat eine Genehmigung bis 2046. Die Lebensdauer eines CASTOR Behälters ist auf 40 Jahre ausgelegt.
Gerade wurde bekannt, dass die Suche nach einem Endlagerstandort noch bis 2074 dauern wird, also noch 50 Jahre. Mit der Fertigstellung eines Endlagers in Deutschland ist also in diesem Jahrhundert nicht mehr zu rechnen.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie man unter diesen Gegebenheiten daran denken kann, AKWs weiter laufen zu lassen und noch weiteren Atommüll zu erzeugen.
Die Kühltürme sind das geringste Problem in Grafenrheinfeld!
Haben Sie irgendwelche Hinweise das Kühltürme für sowas oder etwas anderes genutzt werden, bzw. geplant ist? Immerhin gibt es einige hundert Kühltürme allein in Deutschland.
Noch abenteuerlicher erscheint aber der Vorschlag mit dem Wasserstoff... Solarmodule auf die Türme schrauben? Warum sollte ein Elektrolyseur in so einem Kühlturm stehen? Lächerlich!
Aber Hauptsache mal schnell einen Vorwurf an die Politik rausgehauen!
https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-04/atomkraft-ausstieg-kernkraft-energieversorgung
Viele Grüße
Marco Karaschinski (Der Autor)
In Europa gibt es ein Verbundnetz, in dem der Strom im- und exportiert wird, je nachdem wo er gerade am günstigsten erzeugt werden kann.
https://www.smard.de/page/home/marktdaten/78?marketDataAttributes=%7B%22resolution%22:%22year%22,%22from%22:1609369200001,%22to%22:1672527600000,%22moduleIds%22:%5B22004629,22004406,22004548,22004410,22004552,22004403,22004545,22004412,22004553,22004405,22004547,22004409,22004551,22004407,22004549,22004404,22004546,22004408,22004550,22004722,22004724,22004998,22004712%5D,%22selectedCategory%22:null,%22activeChart%22:true,%22style%22:%22color%22,%22region%22:%22DE%22,%22categoriesModuleOrder%22:%7B%7D%7D
2022 hat Deutschland nach Frankreich netto 15,3 TWh exportiert, weil 2022 mehr als die Hälfte der franz. AKW wegen Kühlwassermangel oder Wartungsarbeiten stillstanden!
2023 – also nach Abschaltung der letzten deutsch AKWs – hat Deutschland netto 11,7 TWh Strom importiert, davon aus Frankreich netto 0,4 TWh. Der meiste netto importierte Strom kam übrigens aus Dänemark, nämlich 10,7 TWh günstiger Windstrom.
Der Import von 11,7 TWh entspricht also 2,2% von den 517 TWh und wäre leicht durch vorhandene Kraftwerkskapazitäten in Deutschland aufzubringen. Der netto Stromimport aus Frankreich von 0,4 TWh fällt dabei gar nicht ins Gewicht. (Link im vorangegangenen Kommentar).
Leider werden diese Fakten von vielen Populisten in unanständiger Weise verdreht. Es ist natürlich reißerischer zu sagen, wir haben 2023 Atomstrom aus Frankreich importiert, als dessen tatsächliche Menge richtig ins Verhältnis zum gesamten Stromverbrauch zu setzen.
Im Ernstfall könnte man die Navigation des Flugzeuges stören aber der Terrorist könnte es manuell in das Ziel steuern.
Hier würde er die Türme als Orientierung verwenden.
Wir haben jedoch entschieden, die Kühltürme des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld gut zehn Jahre früher als geplant zurückzubauen. Damit entsprechen wir dem vielfach geäußerten Wunsch von Seiten der Kommunalpolitik nach einem sichtbaren Zeichen für den Rückbau der Anlage.