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Schweinfurt
Skandal um früheren Theaterleiter: Braucht Schweinfurt externe Compliance-Stelle?
Der Skandal um den gekündigten und wegen Untreue verurteilten früheren Theaterleiter zieht in Schweinfurt weiter Kreise. Im Fokus stehen die Abläufe innerhalb der Verwaltung.
Der Skandal um den gekündigten und wegen Untreue verurteilten früheren Theaterleiter hat Nachwirkungen in der Verwaltung: Die Linken forderten einen externen Compliance-Beauftragten, was die Stadt nun gemeinsam mit den Töchtern prüfen will.
Foto: Martina Müller | Der Skandal um den gekündigten und wegen Untreue verurteilten früheren Theaterleiter hat Nachwirkungen in der Verwaltung: Die Linken forderten einen externen Compliance-Beauftragten, was die Stadt nun gemeinsam mit ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:09 Uhr

Vor rund zwei Jahren begann der Skandal um den mittlerweile gekündigten Theater- und Kulturamtsleiter der Stadt Schweinfurt. Die Kripo ermittelte mehrere Monate, im Juli dieses Jahres erhob die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage in 51 Fällen der Untreue. Der 60-Jährige akzeptierte im Spätsommer einen Strafbefehl über zehn Monate Haft auf Bewährung sowie eine niedrige vierstellige Geldauflage. Außerdem gab es eine so genannte Einziehung der Tatvorteile: Die veruntreute Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich musste er an die Stadt zurückzahlen. Doch die Nachwehen des Falles innerhalb der Verwaltung sind noch lange nicht vorbei. 

Ein Antrag der Linken zum Thema externe Compliance-Beratung drehte den Scheinwerfer einmal mehr auf die internen Abläufe in der Verwaltung. "Aus unserer Sicht führte die bisherige Compliance-Strategie der Stadt nicht dazu, dass wir zielgerichtet vorwärts gekommen sind", erklärte Linken-Fraktionschef Frank Firsching. Es sei ein "Glück für alle Beteiligten", dass der Fall durch die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei aufgeklärt wurde.

Im Fokus stehen nun die Fragen, wer wann was wusste und wen in Kenntnis setzte. Mitarbeiter aus der Verwaltung hatten sich im Dezember 2019 an die Compliance-Beauftragte der Stadt, Sabine Schröder, gewandt. Diese war damals ganz neu in ihrem Amt und bei der Verwaltung. Eingestellt wurde die Volljuristin vor allem als neue Leiterin des Liegenschaftsamtes und Zuständige für das Stiftungswesen der Stadt – mehr als genug Aufgaben, insbesondere im Liegenschaftsamt vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Fall um die Grundstückspreise im Maintal.

Finanzreferentin informierte den Oberbürgermeister Mitte Juli 2020

Ein Kritikpunkt der Linken ist, dass erst Mitte Mai 2020 die Finanzreferentin und Büroleiterin von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), Anna Barbara Keck, über den Verdacht informiert wurde, es gebe Probleme unter anderem mit den Bewirtungsbelegen des früheren Theaterleiters. Das war nach der Kommunalwahl und mitten im ersten Corona-Lockdown.

Schröders Compliance-Abteilung war damals noch im Referat der Finanzreferentin angesiedelt, weswegen sie auch dieser Bericht erstattete. Erst im Sommer 2020 wurden die Zuständigkeiten geändert, nun berichtet die Compliance-Beauftragte direkt an den OB.

Firschings heftiger Vorwurf: "Es liegt auf der Hand, dass die monatelange Verzögerung politisch gewollt war und mit dem laufenden Kommunalwahlkampf in Verbindung steht". Das sieht auch Peter Hofmann (SPD) so, der es "nicht in Ordnung" fand, dass "das Thema sechs Monate unter dem Teppich gehalten wurde". Er persönlich habe "kein Vertrauen".

Oberbürgermeister verwahrt sich gegen Zusammenhang mit der Kommunalwahl

Gegen diesen Angriff auf die Compliance-Beauftragte der Verwaltung, die bei der Sitzung nicht persönlich anwesend sein konnte, verwahrte sich der OB nicht explizit, sondern verwies darauf, man müsse die Betroffene persönlich fragen. Gleichwohl wies er den Vorwurf, es habe einen Zusammenhang mit der Kommunalwahl gegeben, zurück: "Das ist irritierend und verbitte ich mir."

Er selbst habe erst im Juli 2020 durch den Ermittlungsbericht der Finanzreferentin von den Vorwürfen erfahren, daraufhin die Rechnungsprüfung des Theaters veranlasst und Ende September Anzeige gegen den Theaterleiter erstattet, nachdem dieser nach mehreren Gesprächen abgelehnt hatte, sich selbst anzuzeigen.

Auf Nachfrage dieser Redaktion, wie die Verwaltung zu den Vorwürfen gegen die Compliance-Beauftragte stehe, erklärte der Oberbürgermeister: "Die Compliance-Beauftragte der Stadt Schweinfurt ist zusätzlich zu ihren Aufgaben in der Stadtverwaltung (seit April 2020 zusätzlich als Amtsleitung) als Compliance-Beauftragte bestellt. Sie wurde Ende 2019 (parallel mit dem Personalrat) erstmalig in noch unsubstantiierter Form über mögliche Verfehlungen des ehemaligen Theaterleiters von einer Beschäftigten informiert."

Die Vorwürfe einer Beschäftigten gegen den ehemaligen Theaterleiter, so der OB, "haben sich auf mehrere unterschiedliche Themenkomplexe bezogen, weshalb mehrere Gespräche der Compliance-Beauftragten mit der Beschäftigten notwendig waren, um sich einen strukturierten Überblick über die gesamten Vorwürfe zu verschaffen." Weiter heißt es: "Der Zeitbedarf bis Frühjahr 2020 für die interne Sachverhaltsaufklärung war der Komplexität der Thematik und der Bearbeitung neben dem Tagesgeschäft geschuldet."

"Dieser Weg, den wir hier gegangen sind, ist, war und bleibt richtig und sinnvoll."
Oberbürgermeister Sebastian Remelé zum Fall des gekündigten und verurteilten früheren Theaterleiters.

Auf eine Anfrage dieser Redaktion im Oktober zu den Abläufen in der Verwaltung erklärte Sebastian Remelé, er erachte das Vorgehen seiner Büroleiterin als "sinnvoll". Diese hatte einen Aktenvermerk geschrieben, in dem empfohlen wurde, "die Staatsanwaltschaft einzuschalten", so der OB. Er habe dann Compliance-Beauftragte und Rechnungsprüfungsamt um weitere Recherchen gebeten. "Dieser Weg, den wir hier gegangen sind, ist, war und bleibt richtig und sinnvoll. Ein solcher Verdacht ist immer erst intern zu prüfen, bevor die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird." 

Natürlich, schrieb der Oberbürgermeister in seiner Stellungnahme, wisse man jetzt deutlich mehr, doch der Kenntnisstand von heute könne "kein Maßstab für das damalige Handeln sein". 

Verwaltung befürwortet externe Compliance-Beratung auch für städtische Töchter

In der eigentlichen Sache wurde natürlich auch diskutiert: Den Antrag der Linken, eine externe Kanzlei mit dem Thema Compliance zu beauftragen, sieht die Verwaltung positiv. Für Frank Firsching wäre sie wichtig, um "das verloren gegangene Vertrauen der Beschäftigten wieder herzustellen, die Person der Compliance-Beauftragten nicht weiter mit möglichen Gewissenskonflikten zu belasten und Situationen vorzubeugen, in denen die Büroleiterin des Oberbürgermeisters aufgrund von Ermittlungen, die sie besser nicht durchgeführt hätte, in Schwierigkeiten gerät." 

Personalamtsleiter Armin Seebauer erklärte, die Stadt wolle gemeinsam mit den städtischen Töchtern Leopoldina Krankenhaus, Stadtwerke und SWG eine Lösung für eine externe Compliance-Stelle finden. Wichtig sei dennoch, auch intern in den jeweiligen Organisationen Ansprechpartner zu haben, was auch die Finanzreferentin so sieht.

Rechtsexperten auf dem Gebiet Compliance verweisen unter anderem auf die Anti-Korruptions-Richtlinie des Freistaates Bayern, die auch für die Stadt Schweinfurt Leitlinie ist. Für den Aufbau einer funktionierenden Compliance-Abteilung braucht es mehr, als eine Vergabe an eine externe Kanzlei: Unter anderem mehrere Ansprechpartner in der Organisation, die diese kennen und einschätzen können, ob ein Vorgang problematisch ist oder nicht. 

Außerdem braucht es eine Gefährdungsanalyse, eine Risikobeurteilung und natürlich Schulungen des Personals. Wobei das das eigentliche Thema ist: mehr Personal in der zuständigen Abteilung im Rathaus. Und das Befolgen eines Rates der Experten: "Compliance muss von oben gewollt sein."

 
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  • G. L.
    Auf eigenen Wunsch hin gelöscht.
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  • C. R.
    Danke. Hier nochmal der Link: https://www.kanzlei-sozialrecht.bayern/2021/11/28/korruption-und-compliance-ein-wechselspiel-am-beispiel-der-stadt-schweinfurt/
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  • S. B.
    Wieder im Nirvana- was bezwecken Sie denn damit? Es gibt keine Ergebnisse für diesen Link!
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  • W. R.
    Wie arrogant kann man eigentlich noch auftreten?
    Jeder der in der Arbeit Mist baut hat mit Konsequenzen zu rechnen - hier vertuscht der Chef und hängt offensichtlich mit drin und sagt dann auch noch: "Nö, alles gut so."
    Will ja nicht von mafiösen Strukturen reden, aber...
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  • C. R.
    Interessanter Netzfund zu dem Thema: https://www.kanzlei-sozialrecht.bayern/2021/11/28/korruption-und-compliance-ein-wechselspiel-am-beispiel-der-stadt-schweinfurt/
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  • S. B.
    Leider führt der Link ins Nirgendwo
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