Die Debatte im Stadtrat, ob und wenn ja wie Schweinfurt bis 2035 klimaneutral werden kann, war durchaus kritisch, aber mit grundsätzlichem Wohlwollen für die Pläne der Verwaltung. Am Ende stimmte eine große Mehrheit dafür. Bis auf die vier Mitglieder der AfD-Fraktion. Die Ausführungen von Fraktionssprecher Richard Graupner zum Klimawandel hatten zuvor auch eine ungewöhnliche Reaktion von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) erzeugt.
"Das können Sie nicht ernst meinen", war der OB nach Graupners Vortrag konsterniert darüber, dass der Landtagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende seiner Partei die schon bei der Bundestagswahl bekannten Zweifel zum menschengemachten Klimawandel und zu den notwendigen Maßnahmen, die Erwärmung der Erde auf maximal 1,5 Grad gegenüber den vorindustriellen Zeiten zu begrenzen, mit Überzeugung vortrug.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Beiträge der AfD, zum Beispiel beim Thema "Schweinfurt als sicherer Hafen für Bootsflüchtlinge", bei denen Graupners Beiträge stark von Stadtratsmitgliedern kritisiert wurden, aber nicht vom Oberbürgermeister selbst. Auch der Linken-Fraktionschef Frank Firsching, bis diesen Sommer auch Vorsitzender des Bündnisses "Schweinfurt ist bunt", und Graupner stritten sich immer wieder im Gremium.
Beim Thema Klimaschutz hatte Richard Graupner erklärt, er halte die von der Stadt vorgeschlagenen Maßnahmen für unnötig, sprach von einer "hysterisch anmutenden Debatte" vor und nach der Bundestagswahl zum Thema Klimawandel. Stimmen kritischer Forscher, die den menschengemachten Klimawandel anzweifelten, würden bewusst nicht gehört.
Aus Sicht der AfD ist es sinnvoll, neue Technologien zu unterstützen und auch Umweltschutz sei durchaus etwas, was man vor Ort praktizieren könne und auch müsse. Klimaschutz aber sei ein globales Thema, das insbesondere die Entwicklungsländer und große Nationen wie China und Indien beträfe, die laut Graupner nach wie vor auf Kohlekraftwerke setzten. Deutschland emittiere nur zwei Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes, weswegen es "naiv" sei, mit gutem Beispiel voranzugehen und den Wohlstand der deutschen Gesellschaft zu riskieren.
Die von Graupner geäußerten Positionen entsprechen dem Wahlprogramm der Partei, wurden auch vom Direktkandidaten für den Wahlbezirk Schweinfurt/Kitzingen, Bernd Schuhmann, so vertreten. Sebastian Remelé widersprach diesen vehement: "Wir können die Arbeit einstellen, wenn wir immer nur auf die Welt schauen." Das Ziel, so der OB, sei es "Wohlstandserhalt, Klimaschutz und Energiewende zu vereinen, so dass die Industrie gestärkt werde."
Gerade in Schweinfurt seien die Voraussetzungen aufgrund der vielen Betriebe aus der Großindustrie und deren umweltfreundlicher Produkte im Bereich Elektromobilität sehr gut. Außerdem, schloss der OB: "Den Kopf in den Sand stecken war noch nie die Mentalität der Schweinfurter."
Eine weitere Diskussion zu Graupners Äußerungen gab es nicht. Johannes Petersen (SPD) bemerkte, die AfD-Position beweise, "dass sie 80 Jahre hintendran sind". Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) erklärte, natürlich werde man in Schweinfurt nicht die Welt retten, man müsse aber beispielhaft voran gehen. Sich wie Graupner auf das Handeln autoritärer Regime wie China zu beziehen, sei kein Argument, nur "weil dort alle Menschen in die gleiche Richtung marschieren."
"Der Klimawandel ist Fakt und wir müssen uns darauf einstellen, die Stadt dafür fit zu machen", hatte Umweltreferent Jan von Lackum zuvor betont. Und: "Die Stadt muss als Vorbild vorangehen und wird das auch tun." Klimaneutralität bis 2035 bedeutet, dass in Schweinfurt innerhalb der nächsten 14 Jahre der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase wie CO2 auf null reduziert wird.
Dazu hat man vielfältige Maßnahmen angekündigt wie mehr Elektrobusse, den Ausbau von Photovoltaik für umweltfreundliche Stromerzeugung und Fernwärme für umweltfreundliches Heizen oder ein neues Klimafolgenanpassungskonzept, um zu wissen, wo man baulich in der Stadt tätig werden muss, um diese gegen die immer heißer werdenden Sommer resilienter zu machen.