Der Prozess gegen Richard Graupner, Landtagsabgeordneter, Bezirksvorsitzender und Stadtrat der AfD, endete vor dem Amtsgericht Schweinfurt mit einer Überraschung: Freispruch. Nach vierstündiger Verhandlung entschied der Vorsitzende Richter Florian Weber am Mittwoch "im Zweifel für den Angeklagten".
Weber folgte damit der Forderung der beiden Anwälte Michael Schulze aus Schweinfurt und Moritz Wahlster-Bode aus Augsburg, die für einen Freispruch plädiert hatten. Der leitende Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert sah die Schuld des 58-jährigen Angeklagten dagegen als erwiesen an und hatte 120 Tagessätze zu jeweils 180 Euro gefordert, also 21 600 Euro Geldstrafe.
Es war ein Indizienprozess ohne einen entscheidenden Beweis, der den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf stichhaltig belegt hätte. Sie hielt Graupner vor: Als Leiter einer Fahndungsruppe der Verkehrspolizei Werneck-Schweinfurt habe er einem Bekannten, gegen den damals wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und Körperverletzung ermittelt worden war, Informationen aus einem internen System der Polizei zukommen lassen.
Richter: Indizien liegen vor, aber keine Beweise
In der Verhandlung am Mittwoch machte der Richter klar, es könne durchaus sein, dass Graupner seinem Bekannten Informationen verraten habe. Die Aussagen des Beamten des Landeskriminalamtes (LKA), der in der Sache ermittelt hatte, sprächen durchaus für diese Möglichkeit. Doch dies seien Indizien - keine Beweise. So könnten, sagte Weber, auch die Einlassungen des Angeklagten im Vorfeld zutreffen, der die Vorwürfe bestritten hatte.
Vor Gericht sagte Graupner nicht aus, nur seine Anwälte sprachen. Im Kern ging es um drei Sachverhalte, die als zwei Ordnungswidrigkeiten und eine Straftat gewertet worden waren. Des Geheimnisverrats war Graupner angeklagt, weil bereits 2018 sein Bekannter Ermittlern gegenüber angegeben hatte, er wisse, dass beim Verfahren gegen ihn Informationen in einem polizeiinternen System geändert worden seien. Das habe ihm ein Freund aus der Polizei gesagt.
Später erklärte der Mann, er habe die Info über eine Facebook-Nachricht. Das Verfahren gegen den Bekannten war bereits eingestellt worden. Im Prozess vor dem Amtsgericht machte er jetzt von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
WhatsApp-Chat bringt keinen Beweis gegen Graupner
Bei der Prüfung seines Handys hatte zwar ein WhatsApp-Chat zwischen ihm und Graupner auf eine gute Bekanntschaft schließen lassen. Aber: Über den konkreten Fall war darin nicht gesprochen worden. Und Graupner hatte zwar tatsächlich im internen System der Polizei den Fall zwei Mal abgefragt - doch dies hatten 32 weitere Personen auch. In einem anderem System hatten sogar 2400 Polizistinnen und Polizisten Zugriff auf die betreffenden Daten, auch sie hätten den Sachverhalt theoretisch weitergeben können.
Bei den Ordnungswidrigkeiten ging es darum, dass Graupner 2017 einmal eine Abfrage eines Fahrzeug-Halters weitergegeben hatte, ein anderes Mal die Adresse einer Person in Schweinfurt. WhatsApp-Chats belegen das. Weil solche Abfragen jedoch nur ein Jahr gespeichert bleiben, ist nicht mehr nachweisbar, ob die Informationen aus internen Systemen der Polizei stammten.
Nach Ansicht der Anwälte Graupners wurde die Frage, welches Geheimnis ihr Mandant konkret verraten habe, nicht geklärt. Die Ermittlungen hatten nämlich auch ergeben, dass eine Aussage des Bekannten nicht stimmte: Der Bericht der Polizei war nicht abgeändert worden. Und dass gegen ihn ermittelt wurde, hatte der Bekannte bereits durch die Polizei selbst erfahren. Michael Schulze sprach in seinem Plädoyer deshalb von "Ermittlungseifer" und einer "Hexenjagd" gegen seinen Mandanten.
Graupner kommentiert Urteil lakonisch
Richard Graupner kommentierte das Urteil am Mittwoch lakonisch: "Viel Lärm um nichts." Der Freispruch sei zu erwarten gewesen, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Das Verfahren hätte nach Ansicht Graupners schon eingestellt werden müssen, als klar war, dass die Erstmeldung nicht verändert worden war. Über die Anklage gegen den AfD-Abgeordnete war bayernweit berichtet worden. "War das im Vorfeld so notwendig?", fragt Graupner.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kann binnen einer Woche Berufung einlegen. Nach der schriftlichen Urteilsbegründung wird darüber entschieden.
a) wie kommt die Staatsanwaltschaft dazu, eine solche Anklage zu erheben
b) wie kommt ein Gericht dazu, eine solche Anklage zuzulassen?