Mit der Benennung von Straßen ist es manchmal so eine Sache, vor allem, wenn sie vor Jahrzehnten nach Personen benannt wurden, denen man wegen ihres Wirkens nach heutigem Kenntnisstand diese Ehre nicht mehr zuteil werden lassen würde. Ein Beispiel ist die in der Region Schweinfurt in verschiedenen Orten geführte Diskussion um Nikolaus Fey. In Schweinfurt forderte nun SPD-Stadtrat Peter Hofmann die Umbenennung der Lüderitzstraße. Und die Haltung von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) spiegelte wider, wie das Spektrum dieser Debatten auch andernorts ist.
Für Peter Hofmann wie den OB ist klar, dass man einem Mann wie Adolf Lüderitz heute nicht mehr gedenken würde. Lüderitz, nach dem auch nach wie vor eine Stadt in der früheren deutschen Kolonie Namibia im südlichen Afrika benannt ist, war der erste deutsche Landbesitzer in Namibia. Er lebte von 1834 bis 1886. Er ist bekannt durch den von ihm initiierten sogenannten "Meilenschwindel", mit dem er die einheimische Bevölkerung um große Flächen betrog.
"Er hat Gebiete für das Deutsche Reich ergaunert und war in der NS-Zeit eine Symbolfigur für die deutschen Weltmachtansprüche", führte Peter Hofmann aus. Aus seiner Sicht ist eine Benennung einer Straße nach Adolf Lüderitz nicht akzeptabel, "man sollte sich schon gut überlegen, ob man ihn würdigen sollte und einen solchen Verbrecher durch eine Straße ehren."
Nach Andreas Bauer soll eine andere Straße benannt werden
Die Diskussion über Straßen, die nach Adolf Lüderitz benannt sind, gibt es nicht nur in Schweinfurt. In zahlreichen anderen Städten in Deutschland wie Düsseldorf, Berlin oder München sind sie bereits umbenannt. Die Schweinfurter Verwaltung wollte dem Vorschlag Peter Hofmanns, die im Stadtteil Steinberg neben dem Lindenbrunnenweg nur wenige hundert Meter lange Straße in Andreas-Bauer-Straße umzubenennen, nicht folgen.
Die Begründung des Oberbürgermeisters: Umbenennungen von Straßen "stoßen grundsätzlich auf Widerstand bei den Anwohnern". Natürlich würde man mit dem heutigen Wissen über die Person die Straße nicht mehr nach ihm benennen, gleichwohl müsse man aber zur Kenntnis nehmen, dass Lüderitz für einen Abschnitt der deutschen Kolonialgeschichte stehe, "der auch durch Umbenennung nicht ungeschehen gemacht werden kann."
Für Peter Hofmann war die Haltung des OB "fragwürdig", denn aus seiner Sicht hätte man der gleichen Logik folgend die Spitalstraße auch weiterhin Adolf-Hitler-Straße nennen können, "denn die Nazi-Verbrechen kann man auch nicht ungeschehen machen." Außerdem sei es in anderen Städten üblich, dass man den Anwohnern die Kosten bei einer Umbenennung der Straßen erstatte, zum Beispiel für neue Ausweise oder Führerscheine.
Einig war man sich aber, dass es richtig ist, Andreas Bauer zu würdigen. Über dessen Leben und Wirken hat die Initiative gegen das Vergessen erst kürzlich ein Buch herausgebracht. Bauer war bei der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und in Schweinfurt für die Bewachung der Zwangsarbeiter eingesetzt. Er nutzte mit mehreren Mitstreitern in der Widerstandsgruppe "Gelbe Birke" diese Position, um vor allem während der Bombardierungen der Stadt ab 1943 auch den Zwangsarbeitern Schutz zu gewähren und rettete so zahlreiche Leben.
Der Stadtrat folgte der Position des Oberbürgermeisters: Mit 26:12 Stimmen wurde beschlossen, die Lüderitzstraße nicht umzubenennen, aber ein Schild mit einer Erläuterung anzubringen sowie die "Zigeunerlandwehr" in "An der Landwehr" umzubenennen und die Verdienste von Andreas Bauer baldmöglichst mit der Benennung einer Straße zu würdigen.
Dieses Tilgen deutscher Geschichte ist eines der Probleme unserer Gesellschaft. Wer die Vergangenheit auslöschen will, zeigt nur: ich will nicht aus Fehlern lernen.
Die einzig logisch richtige Idee sind die Zusatzschilder.
Die Argumentation mit Hitler hinkt nicht nur, sondern hat ne Kettenkugel dran hängen. Diese Umbenennungen wurden zeitnah korrekt umgesetzt.
Was was jetzt geschieht ist ein whataboutsimus der schlimmsten Sorte. Diese gedankliche Spalterei ist für das Erstarken von Extremisten mitverantwortlich. Statt mit Vernunft Dinge anzugehen, will man eine Gedankenpolizei mit Umerziehung.
Und dann wundert man sich über Wahlergebnisse.... *augenverdreh*
(Ansonsten kurz bemerkt: die Autobahn A14 zwischen Magdeburg und Schwerin hat noch eine Lücke im aktuellen Zustand - und endet von Süden gesehen im Moment in - wer hätte es gedacht - Lüderitz!)