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SCHWEINFURT
Bomben fallen
Von unserem Redaktionsmitglied Lukas Will
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:32 Uhr

In der Reihe „Kleine Stadtgeschichte“ des Regensburger Verlags Pustet ist eine Schweinfurter Ausgabe erschienen. Wir stellen die Kapitel in einer Serie vor. Folge 10: Schweinfurt im Zweiten Weltkrieg.

Die Kriegsbegeisterung in Schweinfurt wuchs ab 1939 mit den Erfolgen der Wehrmacht. So feierte die Stadt die Rückkehr des 36. Panzerregiments vom Polenfeldzug mit einer Siegesparade. Vier Jahre später war die Euphorie verflogen, als Deutschland eine Niederlage vor Stalingrad hinnehmen musste. Propagandaminister Joseph Goebbels versuchte, dem sich wendenden Blatt mit dem von ihm ausgerufenen „totalen Krieg“ gegenzusteuern. Für Schweinfurt bedeutete das, alle verbliebenen Ressourcen in die Rüstungsindustrie zu stecken. Die Stadt war als Zentrum der Wälzlagerproduktion von enormer Bedeutung.

Bürger mussten bis zu 60 Stunden pro Woche in den Fabriken schuften, auch Frauen und Kinder waren in der Pflicht. 1943 arbeiteten über 24 000 Menschen in der Rüstungsindustrie, viele davon jedoch nicht freiwillig. 6000 aus dem Ausland erst angeworbene, dann verschleppte Zivilarbeiter und 4500 Kriegsgefangene mussten in Schweinfurter Fabriken den Nachschub für die deutsche Kriegsmaschinerie sicherstellen.

Die Arbeiter waren unterernährt und wurden in Massenunterkünften zusammengepfercht. Der Tod der überwiegend russischen Sklaven wurde von den Befehlshabern billigend in Kauf genommen. Doch nicht alle waren so grausam: Unter dem Decknamen „Gelbe Birke“ gründete Oberleutnant Andreas Bauer mit 50 Schweinfurtern eine Widerstandsgruppe, um das Leiden der Zwangsarbeiter zu lindern.

Schweinfurt war ein primäres Angriffsziel der Alliierten. Sie hofften, durch das Zerstören der Wälzlagerfabriken die Deutschen bewegungsunfähig zu machen. Über 60 Prozent des deutschen Bedarfs wurde aus der Schweinfurter Produktion gedeckt. Ein Verteidigungsring aus Flakgeschützen sollte die Industriestadt schützen. Neben Soldaten und Kriegsgefangenen wurden bis zu 2500 jugendliche Schüler aus ganz Nordbayern nach Schweinfurt beordert.

Der erste Angriff kam am Mittag des 17. August 1935. 230 US-Flugzeuge warfen über 3000 Bomben ab – trafen aber überwiegend Wohngebiete. Die Rauchsäulen sah man bis nach Oberfranken. Zwei Monate später, am 13. Oktober, versuchten es die Amerikaner erneut, verloren aber 60 der 291 eingesetzten Bomber. Die bis dahin wohl größte Luftschlacht des Zweiten Weltkriegs ging als „Black Thursday“ in die Geschichte ein. Im Februar 1944 folgte schließlich ein noch größerer Angriff: innerhalb von zwölf Stunden flogen die Alliierten drei Wellen.

Die Einwohnerzahl der Stadt halbierte sich durch Flucht vor den Bombardierungen auf 23 400. Insgesamt fielen in 22 Luftangriffen 7000 Tonnen Bomben auf Schweinfurt. Ihr Ziel erreichten die Alliierten damit aber nicht. Im Oktober 1944 vermeldeten die Wälzlagerfabriken Rekordzahlen in der Produktion. Als US-Bodentruppen die Stadt am 11. April 1945 einnahmen, war die Hälfte der 13 000 Wohnungen zerstört und nicht einmal 20 Prozent hatten den Krieg unbeschadet überstanden.

 
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