Es ist ein Paukenschlag des Verwaltungsgerichts Würzburg, der vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner im Schweinfurter Stadtteil Hochfeld aufhorchen lässt: Die Halteverbotszone der Stadt in dem Gebiet wurde per Gerichtsbeschluss aufgehoben. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, dürfen nicht nur Autos und Motorräder am Straßenrand stehen, sondern wieder Wohnmobile, Anhänger und Wohnwägen.
Es war der Landtagswahlkampf vor fünf Jahren, Sommer 2018. Die CSU in Schweinfurt sowie der Landtagsabgeordnete Gerhard Eck riefen zum großen Park-Gipfel ans Leopoldina-Krankenhaus. Treffpunkt Bushaltestelle Hennebergstraße, Vorstellung des Konzeptes, wie die Bedürfnisse der Mitarbeitenden des Krankenhauses, der Patientinnen und Patienten und der dort Wohnenden in Einklang gebracht werden sollen. Die Zeitpläne waren ehrgeizig, eingehalten wurden sie nicht.
Fünf Jahre später gibt es zwar ein neues Parkhaus in der Mainberger Straße und eine Neumarkierung der Parkflächen am Hochfeld. Doch das Parkhaus am Krankenhaus selbst musste mittlerweile geschlossen werden, weil es zu marode ist. Wann ein neues Parkhaus gebaut wird, ist offen. Und jetzt also das mutmaßliche Ende der erst knapp eineinhalb Jahre geltenden Parkordnung. Ordnungsreferent Jan von Lackum erklärte auf Nachfrage, die Stadt werde die Urteilsbegründung studieren und dann entscheiden, ob man in Berufung geht.
Wohnmobil-Fahrer Ronald Grafe verklagte die Schweinfurter Stadtverwaltung
Was ist der Ursprung der Klage? Der Schweinfurter Ronald Grafe nutzt seit Jahren sein Wohnmobil als Alltagsfahrzeug. Bis zu der Änderung der Parkverordnung konnte er auf einem Parkplatz vor dem Mehrfamilienhaus am Hochfeld stehen, in dem er wohnt. Da sein Fahrzeug kein klassisches Wohnmobil, sondern ein als Wohnmobil umgebauter Transporter ist – aus Sicht von Grafe "eindeutig ein Pkw" – durfte er nun nicht mehr direkt vor dem Haus parken.
Eine Ausnahmegenehmigung gewährte die Stadt nicht, weil aus ihrer Sicht Grafe die Voraussetzungen nicht erfüllte. Es gab mehrfach Knöllchen vom Ordnungsdienst, viele detaillierte Briefwechsel; schließlich klagte Grafe gegen die im Herbst 2022 erlassene Verordnung der Stadt. Ende Juli gab es den Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Würzburg. Dort ging der Kläger auf das Vermittlungsangebot der Richterin, die Stadt solle ihm eine Ausnahmegenehmigung erteilen, die Verordnung aber aufrecht halten, nicht ein. Und gewann.
Im Urteil wird nun zwar die von ihm erhoffte grundsätzliche Feststellung, dass sein Fahrzeug ein Pkw ist, nicht getroffen. Das Urteil beseitigt dennoch einen Umstand, der ihm schon lange ein Dorn im Auge ist: "Es werden die Wohnmobilbesitzer ins Visier genommen." Das empfand er als zutiefst ungerecht, nicht nur wegen seines Einzelfalls, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen heraus die Straßenverkehrsordnung betreffend und die Einordnung von Wohnmobilen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht durch den TÜV als Pkw.
Geparkt wird in anderen Stadtteilen, die von der Regelung nicht betroffen sind
"Es ist ein Unding, dass man am Hochfeld als Wohnmobilbesitzer nicht mehr parken darf", schimpft Grafe und spricht damit auch anderen Wohnmobilisten aus der Seele, wie den Mitgliedern einer Interessengruppe, die im Winter bereits die Stadtverwaltung kritisierte. Ein Ergebnis des Parkverbots am Hochfeld ist auch, dass insbesondere in der Harald-Hamberg-Straße, direkt nach der Brücke über die Deutschhöfer Straße, Wohnmobile und Wohnwägen abgestellt werden. Dort gab es die Regelung nämlich nicht, weil der Bereich schon im Stadtteil Steinberg liegt.
Als das Ordnungsamt die neue Regelung am Hochfeld einführte, geschah dies auf Druck des Stadtrates. Denn Ordnungsreferent von Lackum wollte ursprünglich erst die neuen Parkhäuser bauen lassen, dann die Parkflächen neu markieren und danach eine Parkraumbewirtschaftung einführen. Das Vorziehen der Neu-Markierung der Parkflächen sorgte für Proteste der Menschen, die in relativ engen Straßen am unteren Hochfeld wohnen. Es gab 17 Ortsbegehungen, der Aufwand für die Verwaltung war enorm. Die Kritik aber blieb.
Verwaltungsgericht kritisiert die mangelnde Rechtsgrundlage der Verordung
Das Verwaltungsgericht folgte im Urteil den schon in der Verhandlung geäußerten Bedenken, wie die Verwaltung die Parkzone definierte und das Parken nur für Pkw und Motorräder zuließ. "Zwar bestehen keine formellen Bedenken gegen die Anordnung, es fehlt ihr jedoch in materieller Hinsicht die erforderliche Rechtsgrundlage", schreibt das Gericht in der Urteilsbegründung, die der Redaktion vorliegt.
Die Stadt begründete die Regelung mit Paragraph 45 der Straßenverkehrsordnung. Das Gericht sah das explizit anders. Denn in Absatz 1 dieses Paragraphen ist festgehalten, dass durch eine neue Verkehrsregelung bestehenden Gefahren im Straßenverkehr entgegengewirkt werden muss. Weder schriftlich noch in der Verhandlung habe die Stadt aufzeigen können, dass von den genannten rund 400 Wohnmobilen, Anhängern und Wohnwägen eine Gefahr für den Straßenverkehr ausgehe, so das Gericht.
Man könne nicht davon ausgehen, dass es "innerhalb des gesamten überplanten Areals mit hinreichender Sicherheit zu Schadensfällen kommt", so das Verwaltungsgericht. Aus der "unbestrittenen Tatsache, dass Parkraum knapp ist, kann eine solche Gefahrensituation jedenfalls nicht abgeleitet werden".
Weiter schreibt das Gericht, Verkehrszeichen dürften nur dort angebracht werden, "wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist". Man müsse als Behörde stets abwägen, ob die Regelung durch ein Verkehrszeichen zwingend erforderlich ist.
Dürfen Wohnmobile ab sofort wieder am Hochfeld parken?
Welche Folgen hat das Urteil nun für die Hochfeld-Bewohner? Wichtig zu wissen ist, dass nach wie vor die bestehende Regelung gilt, bis das Urteil wirklich Rechtskraft erlangt hat. Sollte die Stadt in Berufung zum bayerischen Verwaltungsgerichtshof gehen, kann das noch mehrere Jahre dauern. Ordnungsreferent von Lackum betont auf Nachfrage, diesen Weg gehe die Stadt nur, "wenn es Aussicht auf Erfolg gibt". Das prüfe man nun.
Gleichwohl werde wie bisher auch durch den Verkehrsüberwachungsdienst in dem Gebiet kontrolliert. Und da die Parkregelung nach wie vor gilt, heißt das für Wohnmobile weiterhin: Es drohen Knöllchen. Wie man das Thema grundsätzlich weiter handhaben will, gelte es mit dem Stadtrat zu erörtern, so von Lackum. Klar ist für ihn: Wenn alles wieder beim alten ist, also Anhänger, Wohnwägen und Wohnmobile wieder auf den Straßen am Hochfeld stehen dürfen, "führt das sicher zu Ärger".
Verkaufen sie ihr Auto,und kaufen sich ein E-Bike mit Anhänger.Sie sparen irre viel Geld und müssen sich nicht über mangelnde Parkplätze aufregen.Ausserdem haben wir in Schweinfurt einen relativ guten ,aber verbesserungsfähigen ÖPNV.
Glauben Sie mir,es lebt sich besser.
Wenn sich Menschen ein Wohnmobil oder ähnlich große Gefährte zulegen, sollten sie sich besser vorher um geeignete Unterszellmöglichkeiten kümmern. (aber dafür müssten sie Gebühren zahlen).
Mfg
Oliver Schikora