
Jetzt ist es ganz offiziell: Die Original Schweinfurter Schlachtschüssel ist Teil des Immateriellen Kulturerbes Bayerns (IKE). Im 185. Jahr ihrer Existenz. Heimatminister Albert Führacker (CSU) hat am Donnerstagabend die Urkunde und die große Plakette, die man an eine Wand schrauben kann, bei einem Festakt an seinem Co-Dienstsitz in Nürnberg überreicht. Schweinfurts Vize-OB Ayfer Rethschulte (Grüne) und Landrats-Vertreterin Christine Bender (CSU) haben sie entgegengenommen.
Dass beide bei der Übergabe im Mittelpunkt standen, war Chris Payr besonders wichtig. Denn er sieht die Auszeichnung als regionalen Wert, der nicht auf die Stadt Schweinfurt beschränkt ist. Payr ist Vorsitzender des Vereins Genuss-Reich-Stadt Schweinfurt, der den Antrag auf Aufnahme in das Kulturerbe-Verzeichnis formal gestellt hat, wobei Payr stets betont, dass er das Schlachtschüssel-Projekt als Gemeinschaftswerk vieler betrachtet.
Auf die Liste kommt nur eine Tradition mit wissenschaftlichem Unterbau
So "mir nichts, dir nichts" wird man in diese Liste, in der auch die Kirchweihen von Gochsheim und Sennfeld stehen, nicht aufgenommen. Denn die Aspiranten müssen umfangreiches Daten- und Dokumentationsmaterial liefern, mit durchaus wissenschaftlichem Anstrich. Das zeigte sich auch in der Anmoderation von Prof. Dr. Daniel Drascek als IKE-Chefgutachter für das Ministerium, der der Schlachtschüssel eine "ritualisierte Form des Konsumierens" attestierte, die sich zu einem "tradierten, Identifikation stiftenden Brauch" entwickelt habe.
Um diesen Brauch auch optisch darzustellen, nahm die Schweinfurter Delegation an einem Schlachtschüssel-Tisch Platz. Darunter auch der geistige Vater dieser neuen Schweinfurter Auszeichnung: Stadtrat und Metzgermeister Georg Wiederer (FDP), der den Stein ins Rollen gebracht hatte. Payr erläuterte den Ablauf und Metzger Ansgar Zänglein, der schon die Schlachtschüssel nach Hawaii exportiert hat, und eine Helferin inszenierten die einzelnen Schritte auf der Tafel.

Am Ende baumelte das Sauschwänzchen - wie es sich gehört
Und alles in fünf Minuten, statt in fünf Stunden. Eine Schlachtschüssel im ICE-Tempo. Zeit blieb aber, um auch eine Kostprobe aus dem Schlachtschüssel-Liederheftchen abzusingen: "Schweinfurt, Kesselfläsch und Most. War immer schon mein Fall". Und am Ende baumelte, wie es sich gehört, ein Sauschwänzchen an einem Hosenbund: "Er hängt!"
Mehr Raum gab's nicht, denn die Schweinfurter Schlachtschüssel-Enthusiasten teilten sich den Abend und die Präsentationszeit mit acht anderen Traditionen aus Nordbayern, die ebenfalls in den Kultur-Katalog aufgenommen worden sind. Mit ganz netten Detail-Informationen: So bekommt jedes Kind beim seit 1617 organisierten Kinderfest in Neustadt bei Coburg eine Bratwurst.
Beim Treideln auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, bei dem Pferde Lastkähne vom Ufer aus ziehen, ist der damalige Innenminister Günther Beckstein (CSU) bei einem Malheur klatschnass geworden. Die letzten zwei Goldschläger aus Schwabach, die einen Goldklumpen in hauchdünne Plättchen mit einer Stärke von einem 10.000-stel Millimeter klopfen, erzählten, dass Blattgold mit einem Pinsel aus Eichhörnchen-Schwänzen verarbeitet wird.

Fake-Fleisch und Gummi-Kraut
Aber auch diese Nachricht darf nicht unter den Tisch fallen: Die Schlachtschüssel in Nürnberg war die ungenießbarste aller Zeiten. Denn die Schweinfurter Payr und Co tischten zwar Brot, Pfeffer, Salz und Meerrettich auf. Aber die Wesenselemente der Schlachtschüssel bestanden aus nicht essbaren Attrappen. Offenbar wollten die Organisatoren die Luft in der Ministeriumsaula nicht mit dem kräftig-würzigen Duft von Sauerkraut und Sudfleisch gefüllt wissen. Echt war dagegen der Schnaps zum Abrunden. Nur Minister Führacker lehnte dankend ab.
Vielleicht war es Zufall, vielleicht auch nicht.
Jedenfalls wanderte der Sohn des Schlachtschüsselerfinders Georg Josua Schwanhäußer, Georg Adam Schwanhäußer, 1855 nach Nürnberg aus und kaufte sich eine Bleistiftfabrik die es immer noch gibt.
Und gute Schlachtschüssel gibt es, zumindest seit 1855, in Nürnberg und Umgebung auch.