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Schweinfurt
Nach Unsicherheit innerhalb der Belegschaft: 3200 SKF-Beschäftigte in Schweinfurt erhalten Jobgarantie bis 2029
Im September kündigte der Wälzlagerhersteller an, sein Autogeschäft abzuspalten. Nun einigten sich Unternehmen und Betriebsrat auf eine Beschäftigungsgarantie.
SKF gehört in Schweinfurt zu den größten Arbeitgebern. Rund 40.000 Beschäftigte hat der schwedische Wälzlagerhersteller und Maschinenbauer weltweit – 6000 davon in Deutschland. In Schweinfurt werden unter anderem Großlager für Windkraftanlagen produziert.
Foto: Anand Anders | SKF gehört in Schweinfurt zu den größten Arbeitgebern. Rund 40.000 Beschäftigte hat der schwedische Wälzlagerhersteller und Maschinenbauer weltweit – 6000 davon in Deutschland.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 01.04.2025 02:36 Uhr

Es ist eine Nachricht, die für Aufatmen in der vom Stellenabbau gebeutelten Industrie sorgen dürfte: Nachdem der schwedische Wälzlagerhersteller Svenska Kullagerfabriken (SKF) vergangenes Jahr ankündigte, sein Automobilzuliefergeschäft vom Industriegeschäft trennen zu wollen, grassierte innerhalb der Belegschaft die Angst vor negativen Folgen für die Beschäftigten. Einige Monate später folgt jetzt die Erleichterung.

Laut der Gewerkschaft IG Metall haben der Betriebsrat und das Management eine "umfassende Beschäftigungs- und Standortsicherung sowie eine Stärkung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" erreicht.

Ein Unternehmenssprecher bestätigte die Mitteilung der Gewerkschaft gegenüber der Redaktion. Demnach sei die bestehende Garantie für alle 3200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Schweinfurt, dem Hauptsitz der SKF GmbH Deutschland, bis zum 31. Dezember 2029 verlängert worden. Diese gilt demnach auch für jene Beschäftigten, die nach der geplanten Ausgliederung in der neuen Gesellschaft arbeiten werden.

"Diese Vereinbarung bietet Sicherheit für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und macht deutlich, dass SKF auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten ein verlässlicher Arbeitgeber ist", wird SKF-Deutschlandchef Jörg Wuttke in einer Mitteilung des Unternehmens zitiert. Die Beschäftigten erhielten dadurch ein hohes Maß an Sicherheit für die kommende Aufspaltung, die Rahmenbedingungen seien in beiden Unternehmen gleich gut, so der Deutschlandchef weiter.

In Schweinfurt sind rund 150 Mitarbeitende betroffen

Beim Betriebsübergang sollen Rechte wie Betriebszugehörigkeit, Kündigungsschutz, der bisherige Tarifvertrag, die Tarifbindung und Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung für sie übernommen werden. Laut Gewerkschaft, die sich auf eine Einschätzung des Gesamtbetriebsrats beruft, seien an den deutschen SKF-Standorten Schweinfurt, Lüchow und Mühlheim insgesamt rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausschließlich im Automobilzulieferbereich tätig.

Aus der deutschen SKF GmbH wechseln die Produktionsstandorte Mühlheim mit rund 120 und Lüchow mit etwa 500 Beschäftigten in das neue Automobilzulieferunternehmen, ergänzt das Unternehmen in einer Mitteilung. Am Standort Schweinfurt betreffen die Auswirkungen vor allem die Hauptverwaltung, in der rund 150 Mitarbeiter in der Verkaufsorganisation für den Automobilbereich arbeiten. Die ursprüngliche Vereinbarung wäre offiziell Ende 2026 ausgelaufen. Für die Standorte Lüchow und Mühlheim wurde die Beschäftigungssicherung zudem erstmalig vereinbart. Allerdings gilt diese dort nur bis zum 30. Juni 2028. 

Zudem plant das neue Unternehmen laut Arbeitnehmervertretung, einen dauerhaft mitbestimmten Aufsichtsrat einzurichten und die Mitbestimmung der gewerkschaftlich Aktiven im Betrieb zu stärken. "Die Beschäftigten haben jetzt eine starke Basis, auf der die Zukunft gestaltet werden kann – mit ihnen, nicht über sie hinweg", schreibt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, in der Mitteilung.

IG Metall lobt Betriebsrat und Unternehmen für starkes Signal

"Dem Betriebsrat ist es gelungen, in einer Phase großer Unsicherheit eine beeindruckende Vereinbarung für die Beschäftigten durchzusetzen", lobt Höhn die Vereinbarung. Die Belegschaft erhalte dadurch nicht nur Planungssicherheit, sondern durch die gestärkte Mitbestimmung auch die Chance, den weiteren Weg des neuen Unternehmens aktiv mitzugestalten. "Vor dieser Einigung kann man nur den Hut ziehen – das ist ein starkes Signal für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die gesamte Region", so Höhn.

Betriebsratschef Norbert Völkl nannte die Betriebsvereinbarung angesichts der unsicheren Zeiten "unheimlich wichtig für die Beschäftigten" und lobte die positive Haltung des Unternehmens. Schon im Oktober 2023 hatten Betriebsrat und Unternehmen über eine Absicherung gesprochen. Seither verhandelten beide Seiten stets konstruktiv, verständnisvoll und ohne Drohungen, bekräftigt Völkl.

Norbert Völkl lobt die Gespräche im Vorfeld der Vereinbarung als konstruktiv und verständnisvoll. Das Bild zeigt den SKF-Betriebsratschef bei einer Kundgebung der IG Metall im vergangenen Jahr.
Foto: Josef Lamber | Norbert Völkl lobt die Gespräche im Vorfeld der Vereinbarung als konstruktiv und verständnisvoll. Das Bild zeigt den SKF-Betriebsratschef bei einer Kundgebung der IG Metall im vergangenen Jahr.

Und dennoch: "Wir haben noch viele Aufgaben vor uns", sagt Vökl mit Blick auf die Zuordnung der Mitarbeitenden zur neuen Gesellschaft. Wichtig sei auch, im neuen Automotivbereich in Schweinfurt einen "guten Betriebsrat" einzusetzen. Der bisherige Betriebsrat werde die neuen Kolleginnen und Kollegen – falls gewünscht – in allen Fragen unterstützen. Als Nächstes wolle der Betriebsrat Gespräche mit dem Management über einen Zukunftstarifvertrag für den Standort Schweinfurt aufnehmen.

SKF-Deutschlandchef Jörg Wuttke kündigt konstruktive Umsetzung an

Ob die beiden neuen Unternehmen getrennt erfolgreicher sein werden, werde sich laut IG Metall zeigen. Sie wolle jedenfalls genau beobachten, wie die beiden Konzerne agieren, bekräftigt der Funktionär. "Unsere Forderung ist klar: Wir erwarten echte Zukunftsperspektiven – nicht nur Umstrukturierungen zur Gewinnoptimierung." Laut der Arbeitnehmervertreter soll das neue Unternehmen bereits im ersten Halbjahr 2026 an der Stockholmer Börse notiert sein.

Derweil verspricht SKF-Deutschlandchef Jörg Wuttke: "Wir werden die vor uns liegenden und notwendigen Veränderungen wie gewohnt konstruktiv mit unseren Betriebsräten umsetzen."

 
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  • Erich Spiegel
    Die Beschäftigungsgarantie ist zunächst mal eine gute Nachricht. Kann man sich zurück lehnen und Weiter wie gehabt? Von wegen. Ich vermute, es ist nur eine kurze Atempause. Auch in 4 Jahren wird der Standort Deutschland in der Autoindustrie nicht wettbewerbsfähig sein. Im Gegenteil,
    Ich befürchte das Deutschland und Europa weiter zurück fallen. Dann geht der Abbau der Arbeitsplätze weiter. Wenn man sieht wie in China geklotzt wird, sieht es bei uns wie armseliges Kleckern aus. Das Ergebnis sind Betriebsverlagerungen, Insolvenzen und Abbau von Arbeitsplätzen. Man kann es täglich in der Zeitung lesen. Auch beim online Handel machen chinesische Shops wie Temu deutsche Wettbewerber platt. Mal sehen was in 10 Jahren von der Industrie und dem online Handel in Europa noch übrig ist. Damit es wieder aufwärts geht wären Reformen notwendig, auch wenn sie weh tun. Aber dazu ist die Gesellschaft nicht bereit. Es geht allen noch zu gut.
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  • Horst Böhnlein
    Ein guter Erfolg ist das "Beim Betriebsübergang sollen Rechte wie Betriebszugehörigkeit, Kündigungsschutz, der bisherige Tarifvertrag, die Tarifbindung und Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung für sie übernommen werden."
    Dazu herzlichen Glückwunsch an die kampfstarken und gut Organisierten SKF-Kolleginnen und Kollegen mit ihrem IG-Metall Betriebsrat.
    Aber bei der Arbeitsplatzvernichtung herrscht kein Grund zur Entwarnung. Diese geht leider unvermindert weiter. Rund 1.000 Arbeitsplätze wurden schon in den letzten Jahren "sozialverträglich" über die Altersteilzeitregelung abgebaut. Diese Fehlen in der Region und vor allem der Jugend. Das laute "Nachdenken" über die weitere Reduzierung der Ausbildungsplätze lässt nichts Gutes erahnen. Da heißt es Wachsam bleiben.
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