Seit dem 16. August, es war kurz vor 20 Uhr, sind die Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld Geschichte. Tausende Schaulustige hatten das Spektakel beobachtet, das schon nach wenigen Sekunden vorbei gewesen war. Was übrig blieb: 55.000 Tonnen Schutt und eine riesige Staubwolke, die noch Stunden später sichtbar war.
Für den Betreiber des Kraftwerks, Preussen Elektra, stellte die Sprengung der Kühltürme nach eigenen Angaben einen Meilenstein dar, ein "sichtbares Zeichen für den Rückbau". Gut zehn Jahre vor dem eigentlich geplanten Zeitpunkt. Das Kraftwerk ist seit dem 27. Juni 2015 stillgelegt. Nachdem die Genehmigung erteilt war, begann der Rückbau im April 2018. 180 Beschäftigte von Preussen Elektra und gut 300 Mitarbeitende externer Firmen sind aktuell an dem Projekt beteiligt.
Was passiert nun mit dem übriggebliebenen Schutt? Wie weit ist der Rückbau fortgeschritten und was steht als Nächstes an? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Was passiert mit dem übriggebliebenen Schutt nach der Sprengung?
Von den Kühltürmen sind rund 55.000 Tonnen Bauschutt übrig – hauptsächlich Beton. Nach der Sprengung übergab das Sprengunternehmen aus Thüringen die Baustelle an das Abbruchunternehmen. Dieses kümmert sich in Eigenregie um die anstehenden Arbeiten, die vergangene Woche begonnen haben. "Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt zunächst auf dem Abbruch der übrig gebliebenen Strukturen sowie der Zerkleinerung durch einen Betonbrecher zum Ziele der Sortierung des Materials", erklärt Almut Zyweck, Pressesprecherin von Preussen Elektra. Zwei Drittel des Materials komme in eine Kühlturmtasse, um diese aufzufüllen. Das restliche Drittel werde verwertet. "Wir gehen davon aus, dass die Arbeiten bis Ende des Jahres abgeschlossen werden können."
Was passiert mit den übrigen Gebäuden – etwa dem hohen Turm?
Bei dem hohen Turm handelt es sich um den Abluftkamin. Dieser soll im Rahmen des konventionellen Abbruchs mit den übrigen Kraftwerksgebäuden ab circa 2033 abgebrochen werden. Wie dieser Abbruch aussieht, also ob es etwa eine Sprengung geben wird, lässt der Betreiber noch unbeantwortet. "Da die Planung der Kraftwerksgebäude noch nicht begonnen hat, steht auch die Abbruchmethode für einzelne Bauwerke noch nicht fest", teilt Pressesprecherin Zyweck dazu mit. Wie auch immer dieser Abbruch erfolgen wird: In jedem Fall müsse nachgewiesen werden, dass er "für noch vorhandene atomrechtliche Gebäude rückwirkungsfrei ist". Gemeint ist damit das Zwischenlager, das sich in unmittelbarer Nähe zu den restlichen Kraftwerksgebäuden befindet.
Wie ist der aktuelle Stand des Rückbau-Prozesses?
Anfang August teilte Preussen Elektra mit, dass der Reaktordruckbehälter (RDB) vollständig demontiert und zerlegt sei. Dabei handelt es sich um ein 400 Tonnen schweres Bauteil, dessen fachmännische Zerlegung im November 2023 begonnen hatte. Zunächst mussten aber Transport- und Zerlegeeinrichtungen aufgebaut und der Reaktordruckbehälter freigelegt werden. Mithilfe eines fahrbaren Litzenhebesystems konnte der RDB in das entleerte Brennelementlagerbecken transportiert werden. Dort konnte er schließlich zersägt, die Schnittstücke in Entlagerbehälter verpackt werden.
Liegt der Rückbau im Plan?
"Der Rückbau des Kraftwerks liegt voll im Plan", erklärt Zyweck. Seit Beginn des Rückbaus seien bereits rund 13.200 von insgesamt 20.500 Komponenten stillgesetzt, 4400 von insgesamt 27.000 Tonnen Material demontiert worden.
Was steht als Nächstes an?
Als Nächstes stehen laut Preussen Elektra der Ausbau der Dampferzeuger und der Umbau der Materialschleuse an. Mit der Demontage des "Biologischen Schilds" – eine Betonstruktur, die den Reaktordruckbehälter umgab – kann voraussichtlich Mitte 2025 begonnen werden.
Wann soll der Rückbau abgeschlossen sein?
Der Rückbau des Kraftwerks soll circa 2033 abgeschlossen werden – daran schließt sich der konventionelle Abbruch der restlichen Kraftwerksgebäude an. Preussen Elektra strebt ab 2035 eine "für die Region wertschöpfende Nachnutzung des Kraftwerksgeländes" an. Wie genau diese aussieht, lässt das Unternehmen auf Anfrage offen und teilt mit: "Mit Blick auf die Nachnutzung konzentrieren wir uns derzeit auf unsere Anlagen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Daher gibt es hier noch keine konkreten Entwicklungsschritte."
So schlecht ist die Bilanz also auch nicht.