In der Sache sind sich die Schweinfurter Stadtverwaltung und die Opposition im Stadtrat einig: Es braucht deutlich mehr Plätze in Kindertagesstätten, um den großen Bedarf in der Stadt zu decken. Doch wurde in den vergangenen Jahren genug getan? Erst im Juli hatte Sozialreferent Jürgen Montag im Jugendhilfeausschuss eingeräumt, dass es an der einen oder anderen Stelle schleppend vorangeht.
Pauschale Kritik, es gebe kein Konzept, wies Montag aber als "unverschämt" gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamtes zurück. Nichts desto trotz findet die Stadtratsfraktion der Linken in einer aktuellen Pressemitteilung harsche Worte. Seit Jahren setzen sie sich für einen deutlich schnelleren Ausbau der Plätze ein und vor allem dafür, dass die Stadt selbst als Akteur und Betreiber auftritt.
Nun kritisiert Fraktionsvorsitzender Frank Firsching Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Teile des Stadtrats. Sie seien für den nicht vorankommenden Kitaausbau verantwortlich: "Der Kitaausbau wird von der Stadt seit Jahren mit der Behäbigkeit eines Faultiers angegangen. Das ist kein Zufall, sondern so gewollt."
Linken-Fraktion scheiterte 2017 mit Antrag auf Ausbau
Seit 2013, schreiben die Linken, hätten Kinder zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr einen gesetzlichen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte oder auf Tagespflege. Die Situation für berufstätige Eltern in Schweinfurt war aus Sicht der Fraktion schon vor sechs Jahren, 2017, "miserabel".
Damals hätte es für 1425 Kinder unter drei Jahren nur etwa 400 Kitaplätze gegeben, eine Versorgungsquote von 28 Prozent. Man habe schon damals als Linken-Fraktion beantragt, den Ausbau der Kitaplätze auf ein Versorgungsniveau von 66 Prozent bis 2025 zu steigern, "was mindestens eine Verdopplung des Angebots vorsah".
Weiter heißt es, zitiert aus dem damaligen Antrag: "Bestandteil des Ausbaus sollten eigene Kinderbetreuungsangebote der Stadt sein, weil man bislang immer auf das Wohlwollen von Dritten bei der Schaffung von Kitaplätzen angewiesen ist." Wortreich, so Firsching, hätten sich 2017 OB Remelé und Sozialreferent Montag dagegen ausgesprochen, diese Aufgabe anzunehmen. Nur wenige Stadtratsmitglieder hätten mit den Linken gestimmt: "Insbesondere CSU, AfD und Freie Wähler positionierten sich gegen die Idee, Verantwortung als Betreiber von Kindertageseinrichtungen für unter Dreijährige zu übernehmen", schreiben die Linken.
"Heute, sechs Jahre später, liegt das Ergebnis der Ablehnung des Antrags wie ein Offenbarungseid vor uns", erklärt Linken-Stadträtin Andrea C. Greber. In den vergangenen sechs Jahren habe sich die Zahl der Kitaplätze mit aktuell 389 nicht verändert. Dies zeige, dass der Kitaausbau in Schweinfurt keine Lobby habe. Für Linken-Stadtrat Robert Striesow besteht kein Zweifel daran, dass Stadtverwaltung und Stadtrat umdenken müssten: "Anstatt immer neue, kostspielige Großprojekte zu entwickeln, die aufgrund von Geldmangel später wieder auf Eis gelegt werden, hat sich die Stadt zuvorderst um die Bedürfnisse ihrer Bürgerinnen und Bürger zu kümmern", endet die Pressemitteilung.
Stadtverwaltung erwartet bis 2027 rund 190 neue Kita-Plätze
In der Juli-Sitzung des Jugendhilfeausschusses begründete die Stadt den schleppenden Ausbau der Kitaplätze vor allem mit bautechnischen Gründen. Es sei schwierig, genügend Firmen zu finden, außerdem dauere die Planung lange.
Die Stadt, betonte Jürgen Montag in der Sitzung, sehe sich aber auf einem guten Weg: Bis 2025 sei die Eröffnung drei neuer Kitas in den Stadtteilen Gartenstadt und Bellevue sowie in der Gartenstraße geplant. Zudem stehe der Ausbau drei bestehender Kitas in der Gartenstadtstraße, am Bergl und in Oberndorf an. Bis 2027 soll Schweinfurt so knapp 190 neue Kinderkrippen- und Kindergartenplätze bekommen, weitere 110 Plätze seien in Planung.
Dennoch bleibe es schwierig, den steigenden Bedarf zu decken, sagte Thorsten Schubert, Leiter des Stadtjugendamtes Schweinfurt, in der Juli-Sitzung und verwies auf ein weiteres Problem, das alle Kommunen betrifft: der Mangel an Fachpersonal im pädagogischen Bereich.