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Schweinfurt
"Wir tun unser Bestes, aber eigentlich können wir das nicht mehr": Die Lage in Schweinfurter Kitas spitzt sich zu
Personalmangel, Überforderung, Übergriffe – bei einem fachlichen Austausch berichteten Kita-Mitarbeitende aus Stadt und Landkreis, warum sie kurz vor dem Kollaps stehen.
Die Kita-Krise ist auch in Stadt und Landkreis Schweinfurt angekommen. Das machten Kita-Mitarbeitende aus der Region bei einem offenen Austausch deutlich.
Foto: Fabian Gebert | Die Kita-Krise ist auch in Stadt und Landkreis Schweinfurt angekommen. Das machten Kita-Mitarbeitende aus der Region bei einem offenen Austausch deutlich.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:45 Uhr

Die Anforderungen werden immer höher, die Rahmenbedingungen immer schlechter – längst ist die Kita-Krise auch in den Betreuungseinrichtungen in Stadt und Landkreis Schweinfurt angekommen. Wie prekär die Situation in der Region wirklich ist, wurde jüngst bei einem fachlichen Austausch unter Kita-Mitarbeitenden deutlich.

"Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?" Unter diesem Titel hatte der Bezirksverband Unterfranken der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Mitarbeitende aus Kindertagesstätten, Horten und Mittagsbetreuung der Region Schweinfurt eingeladen, sich über die Lage in ihren Einrichtungen und politische Rahmenbedingungen auszutauschen.

Schließlich müsse sich an der "desaströsen Situation, die in den Kitas herrscht", dringend etwas ändern, eröffnete GEW-Bezirksvorsitzende Monika Hartl die Veranstaltung. Gemeinsam mit Michael Schindler, Kita-Leiter aus Kitzingen und GEW-Sprecher sozialpädagogische Berufe in Unterfranken, übernahm sie die Leitung der Diskussion.

Rund 15 Erzieherinnen und Erzieher waren der Einladung gefolgt. Im offenen und intensiven Austausch sollte im Laufe des Abend vor allem eines deutlich werden: Der Leidensdruck in Schweinfurter Kitas ist hoch.

Viele fürchten, ihren pädagogischen Anspruch nicht mehr erfüllen zu können

"Es ist gruselig. Es ist wirklich gruselig", beschrieb eine der anwesenden Erzieherinnen die Situation in ihrer Einrichtung. Den pädagogischen Anspruch, den sie und ihre Kolleginnen und Kollegen an den Umgang mit den Kindern hätten, könne im Kita-Alltag schon lange niemand mehr erfüllen. Zu dünn sei die Personaldecke, zu groß die Belastung.

Viele der Einrichtungen in Stadt und Landkreis müssten sich bereits mit Aushilfskräften über Wasser halten. Schwangerschaften und längere Krankheitsfälle kämen quasi einer mittleren Katastrophe gleich – darin waren sich viele der Anwesenden einig. In diesem Zusammenhang sei vor allem die im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) festgesetzte 42-Tage-Regelung für Langzeitkranke ein Knackpunkt.

GEW-Bezirksvorsitzende Monika Hartl leitete gemeinsam mit Michael Schindler, GEW-Sprecher sozialpädagogische Berufe in Unterfranken, den Austausch 'Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?'.
Foto: Fabian Gebert | GEW-Bezirksvorsitzende Monika Hartl leitete gemeinsam mit Michael Schindler, GEW-Sprecher sozialpädagogische Berufe in Unterfranken, den Austausch "Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?".

Nach ihr fallen Mitarbeitende, die etwa nach einer Operation längere Zeit ausfallen, erst nach 42 Tagen zu Beginn des Folgemonats aus dem Personalschlüssel. In der Zwischenzeit müssten Kolleginnen und Kollegen die fehlende Arbeitskraft kompensieren. Ein unhaltbarer Zustand, kritisierten die Diskussionsteilnehmenden und forderten, Krankheitsfälle sollten deutlich früher im Personalschlüssel berücksichtigt werden.

Personalmangel wirkt sich auf Qualität der Betreuung aus

Die Schilderungen zeigten: Offenbar kommt es aufgrund der angespannten Personalsituation auch in hiesigen Einrichtungen nicht selten vor, dass eine Fachkraft deutlich mehr Kinder betreuen müsse als vorgesehen. Das wirke sich massiv auf die Qualität der Betreuung aus, warnten die Anwesenden.

"Gefühlt ist niemand da, um mit den Kindern gute Arbeit zu leisten. Wir tun unser Bestes, aber eigentlich können wir das nicht mehr", so die Leiterin einer Schweinfurter Kita. Gerade Kinder mit besonderem Förderbedarf, wie beispielsweise Kinder mit Migrationshintergrund, denen es häufig noch an Deutschkenntnissen mangele, kämen chronisch zu kurz. Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse und Förderbedarfe einzugehen, sei kaum.

"Es mag vielleicht arrogant klingen, aber ich bin in diesen Beruf gestartet, weil ich Kindern eine gewisse Bildung, Sinnhaftigkeit und Erlebniswelt ermöglichen möchte. Aber jetzt müssen wir immer mehr Bildungsaufgaben übernehmen, die eigentlich in der Familie stattfinden sollten", erklärte eine der Erzieherinnen.

Bei der Veranstaltung 'Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?' kam es zwischen den Kita-Mitarbeitenden aus der Region Schweinfurt wie Daniela Herpich zu einem emotionalen Austausch.
Foto: Fabian Gebert | Bei der Veranstaltung "Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?" kam es zwischen den Kita-Mitarbeitenden aus der Region Schweinfurt wie Daniela Herpich zu einem emotionalen Austausch.

Verschärfend käme hinzu, dass trotz der strukturellen Probleme die Erwartungen an das, was in den Kitas geleistet werden solle, seit Jahren steige, monierten einige der Kita-Mitarbeitenden. So kämen mittlerweile immer häufiger Kinder in die Krippen, denen grundlegende Fähigkeiten, wie ein bestimmtes Schlafverhalten noch nicht beigebracht worden seien.

Eine Einschätzung, die GEW-Bezirksvorsitzende Monika Hartl bestätigen kann: Allgemein sei zu beobachten, dass sich Kitas immer mehr vom ursprünglich "familienunterstützenden System" hin zu einem "familienersetzenden" entwickelten. Ein Grund sei auch hier der Fachkräftemangel. So würden die Eltern immer stärker auf dem Arbeitsmarkt gebraucht, wodurch sie wiederum verstärkt auf umfangreiche Betreuungsangebote für ihre Kinder angewiesen seien. "Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns befinden", sagte Hartl.

Viele Schweinfurter Erzieherinnen und Erzieher psychisch am Limit

Personalmangel, steigende Erwartungshaltung, Druck – darunter leide nicht nur die Qualität der Betreuung. Viele der Erzieherinnen und Erzieher berichteten von chronischer Überlastung, von Erschöpfung und immenser psychischer Belastung. Immer wieder gäben deshalb Kolleginnen und Kollegen ihren ehemaligen Traumberuf auf, wechseln in andere Branchen.

Michael Schindler,  Kita-Leiter aus Kitzingen und GEW-Sprecher sozialpädagogische Berufe in Unterfranken, gab Anregungen für den Umgang mit einigen Kita-Problemen in der Region.
Foto: Fabian Gebert | Michael Schindler,  Kita-Leiter aus Kitzingen und GEW-Sprecher sozialpädagogische Berufe in Unterfranken, gab Anregungen für den Umgang mit einigen Kita-Problemen in der Region.

So berichtete eine Kita-Leitung: "Ich höre oft: Wir sind jetzt schon psychisch so am Ende, wir können das nicht mehr leisten. Abends so kaputt zu sein und nicht sehen, dass es vorwärts geht, dazu sind wir nicht mehr bereit." Vereinzelt habe es sogar bereits Kündigungen gegeben, weil Mitarbeitende aufgrund der hohen Belastung gegenüber Kindern übergriffig geworden seien. "Und das obwohl wir schon krassen Personalmangel hatten. Aber irgendwann ist der Preis einfach zu hoch", so die Leitung.

GEW-Sprecher und Kita-Leiter Michael Schindler riet allen Betroffenen eindringlich, rechtzeitig Überlastungsanzeigen zu stellen, um den Extremfall kindeswohlgefährdendes Verhalten zu verhindern. Doch das sei nicht immer so einfach, wie aus den Reaktionen der Anwesenden hervorging. Nicht immer würden die Anzeigen ernstgenommen. Viele fürchten, dadurch als weniger kompetent wahrgenommen zu werden oder die Arbeit ohnehin überlasteten Kolleginnen und Kollegen aufzubürden.

Nach Schweinfurt soll der Austausch "Die Kitas sind überfordert. Was können wir tun?" auch noch in anderen Städten Unterfrankens wie Würzburg und Haßfurt stattfinden. "Ich wünsche uns allen, dass alle Politikerinnen und Politiker erkennen, wie wichtig es ist, Bildung von Anfang an zu gewährleisten", so GEW-Bezirksvorsitzende Monika Hartl.

 
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  • Mila
    Die überzogenen Forderungen seitens der Familienpolitiker und auch der Eltern sowie die unrealistischen Umsetzungen einer multikulturellen Gesellschaft werden seit Jahren auf die Erzieherinnen derBetreuungseinrichtungen abgewälzt, aber in keiner Weise im Lohn ausgeglichen. Wenn die Politik eine unkontrollierte Zuwanderung hinnimmt, obwohl vorher schon die Mehrzahl der Einrichtungen am Limit waren, verwundert es nicht, dass keiner mehr diese Berufe ausüben will. Wieder einmal wird das Versagen der Politiker deutlich.
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  • waldwichtel
    Meiner Meinung nach sollte man an mehreren Punkten ansetzen. Die Ausbildund dauert 5 Jahre und ist teilweise unbezahlt. Hier muss eine Änderung zu einer 3-jährigen Ausbildung bei vollständiger Vergütung erfolgen. Weiterhin muss die Bezahlung deutlich steigen um den Beruf attraktiver zu machen (Es geht um zukünftige Generationen, die unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft am laufen halten sollten). Und letztendlich muss langfristig der Schlüssel zur maximalen Gruppengröße gesenkt werden.
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  • waldemarthurn@freenet.de
    Da ist oft die Rede vom Personalmangel meine Nichte ist Erzieherin und Arbeitslos da Sie nur absagen erhält aus folgenden Grund Sie ist nicht Katholisch.
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  • engert.andreas@gmx.de
    Dann sollte sie sich mal bei nicht-katholischen Kitas bewerben - gibt ja genug davon (Kommunale - vom Roten Kreuz - vom ASB - von der AWO ...)
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Etwa 30% der Kitas in Bayern haben einen katholischen Träger (Caritas). Das mit der Religionszugehörigkeit bei Erzieherinnen (nicht bei Leitungskräften) ist doch Schnee von gestern?

    https://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis/friedrichshafen/in-den-katholischen-kitas-arbeiten-auch-muslime-und-orthodoxe;art372474,11229654

    https://www.die-glocke.de/lokalnachrichten/diversitaet-ist-in-mastholter-kita-selbstverstaendlich-1657036445
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  • stefan.behringer@web.de
    Mitarbeitende.
    Mitarbeiter wäre ja sicherlich diskriminierend.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
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  • lanalando
    Schult sind die Eltern die den Kindern nix beibringen und die Kitas und Schulpersonal soll es richten. Daher ist keine Zeit mehr für Lehrer und Kita Betreuung ihre fachliche Tätigkeiten weiter zu vermitteln da sie nur noch mit Aufgaben von Erziehung der Kinder beschäftigt sind.
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  • micher11390705
    Jeder in einem sozialen Beruf ist schon seit Jahren überlastet. Den Höhepunkt lieferten jetzt die Kinder von den Ukraine Flüchtlingen. Diese Masse kann keiner bewältigen. Die hauptschuldigen sind die unqualifizierten Politiker und viele Eltern die aus ihren zöglingen superintellige Kinder machen wollen. Diese Zustände werden viele davon abhalten diesen Beruf zu erlernen.
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