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Kreis Schweinfurt
Minus in der Kasse: Warum der Landkreis Schweinfurt das so will
Wer legt sich für die Gemeinden mehr ins Zeug? Der vom SPD-Landrat geführte Landkreis oder doch eher die CSU? Beide Seiten haben engagiert debattiert.
Der geplante Neubau oder die Sanierung der Realschule Schonungen (unten rechts) trägt seinen Teil dazu bei, dass die Schulden des Landkreises in den nächsten Jahren kräftig steigen werden.
Foto: Günter Hübner | Der geplante Neubau oder die Sanierung der Realschule Schonungen (unten rechts) trägt seinen Teil dazu bei, dass die Schulden des Landkreises in den nächsten Jahren kräftig steigen werden.
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 12.02.2024 16:04 Uhr

Mit knapp 60 Prozent Zustimmung durch die "bunte Mehrheit" aus SPD, Freien Wählern, Grünen, FDP und Linken sowie die AfD passierte der Haushalt 2022 des Landkreises Schweinfurt den Kreistag. Er lässt ein Defizit von 1,9 Millionen Euro erwarten. Wie bereits im vorberatenden Kreisausschuss angekündigt, hat die CSU als größte Fraktion des Gremiums mit Nein gestimmt. Grund: die unveränderte Höhe der Kreisumlage.

Die Kreisumlage ist der Prozentsatz ihres Geldes, den die 29 Gemeinden gemessen an ihrer so genannten Umlagekraft (unter anderem die Höhe der Steuereinnahmen) an den Landkreis abführen müssen, dessen Haupteinnahmequelle diese Umlage mit 52 Millionen Euro darstellt. Auch ohne Erhöhung des Satzes ist das bisheriger Höchststand, was an der positiven Entwicklung der Gemeinden (laut Kämmerer Wolfgang Schraut ein Plus von zuletzt neun Prozent bei der Umlagekraft) sowie an den Ausgleichszahlungen des Bundes für Verluste bei der Gewerbesteuer liegt. Die CSU wollte den Prozentsatz von 38 auf 37 Prozent herunterschrauben, unterlag aber in den Abstimmung darüber.

Die Umlagenhöhe bildete einen der Kernpunkte in einer auf sachlichem und zumeist hohem Niveau geführten Debatte in der Grafenrheinfelder Kulturhalle. Besonders das Rededuell zwischen Landrat Florian Töpper (SPD) und CSU-Fraktionschefin Gabriele Jakob geriet zeitweise zum Buhlen um die Gunst der Gemeinden.

Minus in der Kasse: Warum der Landkreis Schweinfurt das so will

Grundsatzrede des Landrats

In einer kommunalpolitischen Grundsatzrede streifte Landrat Töpper einen Querschnitt der Arbeit, die das Landratsamt in der Vergangenheit und Gegenwart bewältige. Der Etat des Landkreises verkörpere neben Stabilität, Berechenbarkeit, Weitblick und Umsichtigkeit gleichzeitig auch Innovationsfreude, Flexibilität und Entschlossenheit. "Der Landkreis handelt zielgerichtet", sagte er. Töpper nahm die bevorstehenden Baumaßnahmen, unter anderem an der Realschule Schonungen und der Förderschule Schwebheim, in den Blick. Die Botschaft an die Menschen laute, dass man für deren Zukunft handle. Das gesamte Bauvolumen bis 2025 hatte Kreiskämmerer Schraut auf 95 Millionen Euro beziffert.

Zu der vor allem von der CSU oft aufgeworfenen Frage über mangelndes Tempo bei der Entwicklung des Gewerbegebiets Conn-Barracks äußerte sich der Landrat nur allgemein. CSU-Sprecherin Jakob nannte in ihrer Rede die bloße Beibehaltung der bisherigen 3,5 Millionen Euro für die Entwicklung des Areals als "unbefriedigend". Auch wenn das dortige Ankerzentrum für Geflüchtete, dessen Zukunft ungewiss ist, als Hemmschuh betrachtet werde, so müsse die Entwicklung des Gebiets gleichzeitig und parallel mit den Verhandlungen mit dem Freistaat über das Ankerzentrum geführt werden, forderte Jakob.

Dass die Kreisumlage bei 38 Prozent – einer der niedrigsten in Bayern – belassen werden soll, hat nach Worten Töppers mit jener Stabilität und Berechenbarkeit zu tun. Angesichts der Aufgaben der nächsten Jahre, in denen auch die Verschuldung auf etwa 36 Millionen Euro steigen soll, nehme sich diese Entscheidung als "nachweislich gemeindefreundlich" aus. Um buchhalterisch den Etat auszugleichen, müsste man den Satz auf 39,4 Prozent erhöhen. Es sei das Ziel gewesen, dies zu vermeiden. Man verstehe sich als Partner der Gemeinden, sagte Töpper.

CSU: Die Gemeinden im Blick

Die CSU sah das anders. Ihre Sprecherin Gabriele Jakob verwies auf die vielfältigen Aufgaben der Gemeinden: "Ihre Angebote vor Ort sind es, die dem Landkreis die Attraktivität verleihen." Sie verwies auf die Jahresrechnungen zurück bis 2013: Insgesamt habe der Landkreis in diesen Jahren 28,3 Millionen Euro mehr eingenommen als zuvor in den Etats geplant. Deshalb sah die CSU Spielraum in der Gestaltung der Umlagenhöhe. Jakob: "Ein umlagefinanzierter Haushalt verpflichtet innerhalb der kommunalen Familie zur gegenseitigen Rücksichtnahme." Die geforderten 37 Prozent fanden keine Mehrheit.

Wie in den zurück liegenden Jahren stellt der entstehende Neubau des Alfons-Goppel-Berufsschulzentrums auch 2022 das größte Investitionsvolumen des Landkreises Schweinfurt dar.
Foto: Josef Schäfer | Wie in den zurück liegenden Jahren stellt der entstehende Neubau des Alfons-Goppel-Berufsschulzentrums auch 2022 das größte Investitionsvolumen des Landkreises Schweinfurt dar.

Unter anderem thematisierte CSU-Fraktionschefin Jakob die Stellenentwicklung im Landratsamt: Binnen acht Jahren seien 100 Stellen dazu gekommen. Auch wenn sich die Aufgabenstellung für die Landkreise ausgeweitet habe, müsse man feststellen, dass sich die Personalausgaben in diesem Zeitraum verdoppelt hätten. In Beispielgemeinden wie Geldersheim, Gerolzhofen und Bergrheinfeld ergebe sich ein anderes Bild. Dort sei die Personalstärke kaum gewachsen. Deswegen forderte sie eine Untersuchung in Zusammenarbeit mit der Stadt Schweinfurt, um Doppelstrukturen aufzuspüren und Verwaltungsbereiche zwischen Stadt und Landkreis aufzuteilen.

SPD gegen "Achterbahn der Hebesätze"

Gegen eine "Achterbahnfahrt der Hebesätze" sprach sich Stefan Rottmann (SPD) aus. Dies auch, weil Kämmerer Schraut einen Anstieg der Kreisumlage auf 44 Prozent in 2025 prognostiziert hatte. Bei 38 Prozent hätten die Gemeinden jetzt durchaus Spielraum. Der Landkreis habe bewiesen, dass er sich auf das Wesentliche konzentriere und vorsichtig wirtschafte. Der SPD-Sprecher rückte als wichtigste Botschaft in den Mittelpunkt, dass der Landkreis seit Jahren wachse. Geburtenraten und Zuzüge belegten, dass er ein attraktiver Ort zum Leben sei. Deswegen wertete er als positiv, dass auch die Innenentwicklung der Ortschaften im Haushalt abgebildet werde.

Mit Investition in die Bildung und den Nahverkehr seien wegweisende Beschlüsse gefasst worden. Wo der Landkreis alleine agieren könne, entwickelten sich die Dinge gut. Anders sei dies bei Themen wie Rückbau des AKW Grafenrheinfeld, Stromtrassen und Standort Ankerzentrum, bei denen das Handeln des Landkreises eingeschränkt sei.

Wie SPD und Linke stellten sich auch FDP und Freie Wähler hinter den Etatentwurf. Für Letztere sprach Irmgard Krammer eine ganze Reihe von politischen Themen an. Beim Umbau der Conn-Barracks mochte sie keinerlei Anlass sehen, beim zuständigen Zweckverband schnellere Vorgehensweisen anzumahnen. Auch die Verteilung der Investitionen, die auch den Wertstoffhof Gerolzhofen und den Neubau des Feuerwehrausbildungszentrums Niederwerrn beinhalten, fand die Zustimmung der Freien Wähler.

Grüne fokussieren sich auf Klimaschutz

Ganz auf das Thema Klimaschutz stellte Johannes Weiß (Grüne) ab. Als wichtigen Schritt nannte er das ausgeschriebene Ziel, bis 2030 eine klimaneutrale Landkreisverwaltung aufzubauen. Unter anderem soll dazu beitragen, dass künftig in den Liegenschaften nur Energie aus erneuerbaren Trägern zum Einsatz kommen sollen. Alle Entscheidungen sollten dem Ziel des größtmöglichen Klimaschutzes untergeordnet werden. Weiß formulierte ein sportliches Ansinnen: Der Landkreis Schweinfurt soll beim Klimaschutz Vorreiter Nummer eins in Bayern werden.

AfD eckt bei Heckenlauer an

Bernd Schuhmann (AfD) sagte auch mit Blick auf seinen grünen Vorredner, dass man sich "keine Experimente einseitiger Ideologen" leisten dürfe, ohne die Finanzierbarkeit zu prüfen. Schließlich werde das ausgegebene Geld von den Steuerzahlern erwirtschaftet. Im Detail verwies Schuhmann darauf, dass von 560 Fallzahlen der Sozialarbeit an Schulen 41 Prozent auf Kinder entfielen, bei denen mindestens ein Elternteil Deutsch nicht als Muttersprache habe.

Dies brachte ihm eine scharfe Gegenrede von Friedel Heckenlauer (CSU) ein, der auf die kriegsbedingten Flüchtlinge verwies, die man aufgenommen habe. Schuhmanns Zahlenbeispiel bestätige ihm, was er von den Werten der AfD halte, sagte Heckenlauer. Die AfD, die im Kreisausschuss vergeblich das Anheben der Kreisumlage auf 39 Prozent gefordert hatte, wiederholte diesen Antrag im Kreistag nicht.

Der Kreishaushalt fand mit 32 Stimmen eine Mehrheit, die 22 anwesenden Mitglieder der CSU votierten dagegen.

 
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