Die Walther-Rathenau-Schulen, Gymnasium und Realschule, in Schweinfurt sind etwas Besonderes. Die Stadt ist dort nämlich nicht nur Sachkostenträger, die Lehrkräfte sind auch bei ihr angestellt und nicht beim Freistaat Bayern. Doch seit einiger Zeit rächt sich eine Entscheidung von vor über 20 Jahren: Dass es in den Rathenau-Schulen keine neuen Beamten mehr gibt, verstärkte die Personalnot bedingt durch den eklatanten Fachkräftemangel in der Branche.
Daher jetzt die dennoch ein wenig überraschende Kehrtwende: Die Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) befürworteten einen Antrag der SPD-Stadträtinnen Marietta Eder und Julia Stürmer-Hawlitschek, das Beamtentum für das Walther-Rathenau-Gymnasium wie Realschule wieder einzuführen. Die CSU-Fraktion hatte dies ebenfalls unterstützt.
Ab dem Schuljahr 2023/24, also ab September, können bisher angestellte Lehrerinnen und Lehrer beantragen, in ein Beamtenverhältnis zu kommen. Neuen Lehrkräften wird bei Erfüllen der gesetzlichen Bedingungen ein Beamtenverhältnis angeboten.
Der OB sprach von einer "großen Weichenstellung", die alternativlos sei. Die Fluktuation an der Schule, in der 130 Lehrerinnen und Lehrer insgesamt 1351 Schülerinnen und Schüler in Realschule und Gymnasium unterrichten, ist hoch.
Der Grund: Der Freistaat Bayern sucht ebenso händeringend Personal und bietet in seinen Realschulen und Gymnasien eine Verbeamtung. Deshalb lassen sich die meisten Lehrer nur befristet anstellen, bleiben auf staatlichen Wartelisten und nutzen dann die Chance auf Verbeamtung, wenn sie sich bietet.
Unterricht fällt immer wieder aus und Lehramts-Studenten helfen mit
In den Rathenau-Schulen hat das zur Folge, dass die seit 2022 amtierende Schulleiterin Kerstin Petz mit Unterrichtsausfall zu kämpfen hat und bis zu zehn Lehramts-Studenten aushelfen, die vom Kollegium intensiv betreut werden. Über die einstimmige Entscheidung des Hauptausschusses, das System zu ändern, war Petz sichtlich erfreut: "Bildung ist teuer, aber es ist unsere Zukunft, für die Stadt und für ihre Kinder."
Die Schule habe einen sehr guten Ruf, stehe für Qualität. Sie wisse aus vielen Gesprächen, dass frühere Lehrerinnen und Lehrer sich nach wie vor mit ihren Kollegen träfen und nur auf das Signal warteten, bei der Möglichkeit zur Verbeamtung wieder an die Rathenau-Schulen zurückzukehren. In den vergangenen fünf Jahren hatten rund 25 Lehrkräfte die Schule verlassen.
Der OB ist sich sicher: "Wir stehen vor riesigen Herausforderungen, wie wir künftig die viele Arbeit noch leisten können." Natürlich sei die Verbeamtung kein Allheilmittel. Nachdem aber seine wiederholten Versuche, das Kultusministerium zu überzeugen, die Rathenau-Schulen zu verstaatlichen (zuletzt 2022), gescheitert seien, müsse man nun andere Wege gehen, um die Zukunft der Schule zu sichern.
Vor sieben Jahren, im Frühsommer 2016, hatte der OB angekündigt, er wolle das Walther-Rathenau-Gymnasium bis zum Schuljahr 2023/24 schließen und die Realschule im Anschluss mit der Schonunger Realschule verschmelzen. Der Grund waren vor allem die sinkenden Schülerzahlen in Schweinfurt und Zweifel daran, ob vier Gymnasien nicht zu viel seien.
Gegen die Pläne gab es massive Proteste, vor allem von den Schülerinnen und Schülern im Rathenau, aber auch in der Kommunalpolitik. Im Sommer 2016 verkündete der OB den Erhalt der Schulen, weil der Freistaat Bayern sich dazu entschloss, das G9 wieder einzuführen.
Mehrkosten für die Stadt Schweinfurt liegen bei mehreren hunderttausend Euro
SPD-Rätin Julia Stürmer-Hawlitschek betonte, die Möglichkeit zur Verbeamtung sei "ein Schritt, die Unterrichtsqualität hoch zu halten." Auch Schulreferent Jürgen Montag findet, der nun gewählte Weg "bietet eine Chance, die Lücke ansatzweise zu schließen."
Personalamtsleiter Armin Seebauer beschrieb ausführlich die verschiedenen Szenarien und die erwarteten Mehrkosten – pro Beamter rund 10.000 Euro höhere Personalkosten pro Jahr. Gleichwohl hält sich die Stadt an die vom Freistaat vorgegebenen gesetzlichen und fachlichen Bedingungen für eine Verbeamtung bis zum 45. Lebensjahr. Nach jetzigem Stand dürften 30 Lehrkräfte in Realschule und Gymnasium die Voraussetzungen erfüllen.
Das Wohlwollen im Hauptausschuss war groß, die Diskussion kurz. Frank Firsching (Linke) erklärte, er halte Beamte nur für staatliche Hoheitsaufgaben wie Polizei oder Finanzamt für nötig, nicht aber in Schulen. Die Realität vor Ort sei aber eine andere, weil man in Konkurrenz zum Freistaat stehe, "deshalb bleibt uns nichts anderes übrig."