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Gerolzhofen
Immer wieder montags im Kreativquartier: So kommt die Beratung für Geflüchtete und Ratsuchende im Geo-Treff an
Der Helferkreis hat eine neue Heimat gefunden. Nach dem Auszug aus dem Bürgerspital ist das ehrenamtliche Angebot im Co-Working-Space untergekommen. Ein Besuch.
Eine unkomplizierte Beratung in vielen Lebenslagen bietet der offene Geo-Treff seit Jahren für geflüchtete Menschen. Das ehrenamtliche Angebot ist neuerdings im Kreativquartier in der Spitalstraße 5 zu finden. 
Foto: Stefan Pfister | Eine unkomplizierte Beratung in vielen Lebenslagen bietet der offene Geo-Treff seit Jahren für geflüchtete Menschen. Das ehrenamtliche Angebot ist neuerdings im Kreativquartier in der Spitalstraße 5 zu finden. 
Mia Schrader
 und  Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 03.03.2024 02:35 Uhr

Zu Stoßzeiten gibt es kaum ein Durchkommen. Immer mehr Menschen strömen ins Kreativquartier im Herzen Gerolzhofens. Allerorten sitzen oder stehen Grüppchen zusammen. Manche beobachten das wuselige Treiben eher aus der Distanz; andere kennen sich schon, sind im Gespräch vertieft, diskutieren, lachen oder holen sich an der kleinen Theke einen Kaffee oder ein Stück selbstgebackenen Kuchen. An einem Tisch abseits malen und basteln Kinder.

So vielfältig die Gästeschar an diesem Nachmittag ist, so bunt geht es bei der Zusammenkunft auch sprachlich zu: Es wird mal Deutsch, mal Englisch, mal Französisch gesprochen, auch ukrainische und arabisch klingende Sätze sind zu vernehmen. Ein fast schon babylonisches Stimmengewirr wabert durch die Räume im Haus in der Spitalstraße 5. 

Hilfsangebote nicht nur für geflüchtete Menschen

Es ist Montag, kurz nach 16 Uhr, und wie gewohnt Zeit für den offenen Geo-Treff. Schon lange bietet der örtliche Helferkreis ein derartiges Angebot für Hilfesuchende an. Dieser ist ausdrücklich nicht nur für Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund gedacht, das betont zweiter Bürgermeister Erich Servatius, der sich schon lange in dem ehrenamtlichen Zusammenschluss engagiert, in einem Gespräch vor Ort. "Es kann jeder zu unseren Treffen kommen, der Hilfe benötigt".

Ob beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen oder bei Behördenangelegenheiten – hierbei und in vielen weiteren Fällen versuchen die ehrenamtlich Helfenden, sich einzubringen. Seit zehn Jahren bietet die aus einem Asyl-Helferkreis hervorgegangene Gruppierung Unterstützung für hilfsbedürftige Menschen.

"Es kann jeder zu unseren Treffen kommen, der Hilfe benötigt"
Erich Servatius vom Helferkreis

Besonders wichtig ist es nach Ansicht von Matthias Seng, der sich ebenfalls im Kernteam des Helferkreises engagiert, dass es sich dabei um ein niederschwelliges Angebot in mehrfacher Hinsicht handelt: Einerseits gibt es Beratungen, andererseits sollen Begegnungen möglichst unkompliziert stattfinden.

Von der Minnesängerstube ins Co-Working-Space

Neuerdings gibt es dafür eine neue Örtlichkeit, worüber die Macher sehr stolz sind. Der Geo-Treff hat im Kreativquartier in der Spitalstraße, im erst im Oktober eröffnete Co-Working-Space, eine neue Heimat gefunden. Bislang fanden die Zusammenkünfte in der Minnesängerstube im Bürgerspital statt. Der Termin, Montag von 16 bis 20 Uhr, ändert sich also nicht, nur die Räumlichkeit.

Sich wie zu Hause fühlen: Der montägliche Geo-Treff bietet auch Möglichkeiten zur Begegnung, was von vielen Geflüchteten sehr geschätzt wird. Untereinander trauen sich einige mehr, die neue Sprache öfter zu sprechen.
Foto: Stefan Pfister | Sich wie zu Hause fühlen: Der montägliche Geo-Treff bietet auch Möglichkeiten zur Begegnung, was von vielen Geflüchteten sehr geschätzt wird. Untereinander trauen sich einige mehr, die neue Sprache öfter zu sprechen.

Und die hat viele Vorteile. "Jetzt sind wir sichtbarer, präsenter", meint Matthias Seng und blickt auf die großen Schaufensterscheiben, die einen guten Einblick von außen auf das Geschehen im Inneren ermöglichen. Er findet die neuen Räume auch wohnlicher. Nicht nur Tische und Stühle stehen bereit, auch Hocker, Sofas und Sitzsäcke. Der große Zulauf am Montag scheint das zu bestätigen.

"Jetzt sind wir sichtbarer, präsenter"
Matthias Seng vom Helferkreis-Kernteam

Ein weiterer Pluspunkt: Erstmals findet die Sozialberatung in einem abgetrennten Raum statt. Damit kann die Privatsphäre besser geschützt werden. Und in einem weiteren Zimmer können nun die Sprachkurse in aller Ruhe abgehalten werden. 

Mittlerweile helfen Geflüchtete den Neuankömmlingen

Auch Khaled Fares ist angetan von dem neuen Treffpunkt. Vor acht Jahren ist der gebürtige Syrer nach Deutschland und kurze Zeit später nach Gerolzhofen gekommen. "Sehr viele Menschen haben uns geholfen, einige sind heute hier im Raum", sagt er im nahezu perfekten Deutsch.

Ungezwungene Gespräche in lockerer Atmosphäre: Khaled Fares, der vor acht Jahren aus Syrien nach Gerolzhofen kam und zurzeit eine Ausbildung als Softwareentwickler absolviert, im Gespräch mit Kerstin Krammer-Kneissl vom Helferkreis.
Foto: Stefan Pfister | Ungezwungene Gespräche in lockerer Atmosphäre: Khaled Fares, der vor acht Jahren aus Syrien nach Gerolzhofen kam und zurzeit eine Ausbildung als Softwareentwickler absolviert, im Gespräch mit Kerstin Krammer-Kneissl ...
"Mir wurde geholfen, jetzt möchte ich etwas weitergeben."
Khaled Fares

Nach Mittlerer Reife und Fachabi lernt er gerade den Beruf des Softwareentwicklers. Demnächst, so sein Wunsch, will er sich im Helferkreis einbringen. "Mir wurde geholfen, jetzt möchte ich etwas weitergeben."

An einem weiteren Tisch befindet sich Justus Zink im Gespräch mit geflüchteten Kindern. Der Schüler der Fachoberschule Schweinfurt ist erst zum zweiten Mal dabei. "Ich habe hohen Respekt vor den Leuten, die das regelmäßig machen", meint Zink. Er kann es sich gut vorstellen, öfter zu kommen und ehrenamtlich mitzuhelfen.

Ein Kommen und Gehen im Geo-Treff

Zeitgleich öffnet sich die Tür zum vorderen Raum, der Sprachunterricht ist zu Ende. Mit dabei: Iryna Nazarova, im März 2022 mit ihren Kindern aus der Ukraine geflohen, hat gerade ihre letzte Stunde gehalten. Die studierte Deutsch-Lehrerin kehrt in wenigen Tagen in die Heimat zurück. Matthias Seng ergreift das Wort, dankt ihr herzlich und überreicht ein Geschenk.

Und stellt mit Doaa Anjak ihre Nachfolgerin vor. Sie stammt aus Syrien, war vor ihrer Flucht dort Lehrerin und lebt seit Jahren zusammen mit ihrem Mann und vier Kindern in Gerolzhofen. "Die deutsche Sprache ist eine schöne Sprache", meint die 32-Jährige. Für sie ist der Geo-Treff eine wichtige Institution. Hier habe sie erste Kontakte zu Mitmenschen knüpfen können und sich außerdem getraut, Deutsch zu sprechen. 

Matthias Seng (links) und zweiter Bürgermeister Erich Servatius vom Helferkreis-Kernteam verabschieden Iryna Nazarova (Zweite von links), die in die Ukraine zurückkehrt und überreichen ein Präsent. Groß ist ihre Freude, dass Doaa Anjak aus Syrien künftig bei den Deutsch-Sprachkursen mithilft.
Foto: Stefan Pfister | Matthias Seng (links) und zweiter Bürgermeister Erich Servatius vom Helferkreis-Kernteam verabschieden Iryna Nazarova (Zweite von links), die in die Ukraine zurückkehrt und überreichen ein Präsent.

An einem anderen Tisch versucht Elke Schliermann-Kraus einer Frau von der Elfenbeinküste die Wochentage beizubringen. Die Ivorerin, die seit fast einem Jahr in Deutschland ist und ausschließlich Französisch spricht, kommt regelmäßig vorbei, um den Sprachkurs zu besuchen. Und hier hat sie schon erste Freundschaften geschlossen.

Stadt Gerolzhofen unterstützt den Helferkreis

Mouhmad Nour Naddaf, genannt 'Dante', hat nach seiner Flucht viel Hilfe im Geo-Treff erfahren. Jetzt bringt er seine Erfahrungen mit ein und hilft Neuankömmlingen, die besonders in der Anfangszeit Unterstützung bei der Sprache benötigen.
Foto: Stefan Pfister | Mouhmad Nour Naddaf, genannt "Dante", hat nach seiner Flucht viel Hilfe im Geo-Treff erfahren. Jetzt bringt er seine Erfahrungen mit ein und hilft Neuankömmlingen, die besonders in der Anfangszeit Unterstützung bei ...

Gerne zu Gast ist auch Mouhmad Nour Naddaf, den alle nur "Dante" nennen. Er lobt die Arbeit des Helferkreises: Unkomplizierte Angebote, neue Leute, sein Deutsch verbessern, "es gibt so viele positive Sachen hier". Er erinnert sich noch gut daran, dass er anfangs große Probleme bei offiziellen Schreiben hatte. Umso notwendiger sei die angebotene Hilfe. Heute helfe er selbst gelegentlich bei Übersetzungen.

Unterstützung erfährt der Geo-Treff selbst. Wenn Hilfe benötigt werde, dann engagierten sich immer wieder neue Leute, so Matthias Seng. Auch bei der Miete steht man nicht alleine da. Die Stadt Gerolzhofen bezuschusst einen Teil, zusätzlich gibt es Gelder aus dem Lagfa-Förderprogramm. Aus Sicht von Bürgermeister Thorsten Wozniak übernimmt der Helferkreis eine wichtige Aufgabe für die Stadt.

Zuspruch erfahren Seng und sein Team außerdem vom Kreativquartier. Geschäftsführerin Ellen Kimmel freut sich über einen weiteren Nutzer ihrer Räume. "Wir wollen so etwas unterstützen, sei es nun der Geo-Treff oder Vereine." Ihr Co-Working-Space-Motto "new work" passe, so meint sie, gut zu einer derartigen ehrenamtlichen und vor allem sinnstiftenden Arbeit.

Wer im Helferkreis ehrenamtlich mitarbeiten möchte, kann sich per E-Mail an Claudia Ockl wenden: claudia.ockl@gerolzhofen.info. Weitere Informationen gibt es auf der Facebook-Seite facebook.com/helferkreisgerolzhofen

 
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