
Seit Jahren engagiert sich der ehrenamtliche Helferkreis in Gerolzhofen für die Belange von Geflüchteten. Besonders gefordert war er nicht nur im Jahr 2015, als viele Menschen aus Syrien gezwungen waren, ihr Heimatland zu verlassen. Auch im Vorjahr, aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine, brachten sich die Helfer über Gebühr bei der Ankunft und Betreuung ukrainischer Flüchtlinge ein. Die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Region war riesig, wenn es um Spenden der notwendigsten Gegenstände für eine Wohnungseinrichtung oder auch Kleidungsstücke ging.
Nachdem in jüngster Zeit die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in der Anker-Einrichtung in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) stark gestiegen ist und die Gefahr droht, dass nicht alle sofort in dezentralen Wohnungen untergebracht werden können, hält das Landratsamt derzeit Ausschau nach Immobilien, die sich für eine temporäre Notunterkunft eignen. Unter allen Umständen möchte man vermeiden, dass erneut die Dreifachturnhalle dafür genutzt wird – und Schulen und Vereinssport einschränken muss. Die Behörde befindet sich aktuell im Austausch mit der Stadt Gerolzhofen hinsichtlich einer Nutzung der seit Jahren gesperrten Stadthalle.
Bei der ersten Vorstellung der Pläne im Stadtrat am 27. November wies der Leiter des Sozialamtes, Steffen Beutert, auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin, sollte eine Notunterkunft dort eines Tages benötigt werden. Damit eine solche funktioniere, so Beutert, sei man auf Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen. Nachdem der Helferkreis vielfältige Erfahrungen in solchen Fällen hat, konnte man diesen Hinweis auch als einen ersten Appell verstanden wissen. Wie aber sehen die Verantwortlichen diese mögliche Aufgabe? Wäre diese Hilfe momentan überhaupt leistbar?
Matthias Seng: "Es gibt nichts, was uns um den Schlaf bringt"
Für Matthias Seng, Claudia Ockl und Gerolzhofens zweiten Bürgermeister Erich Servatius, die sich im zehnköpfigen Kernteam des Helferkreises engagieren, stellt sich diese Frage eher weniger. "Das ist kein Thema für uns. Wir helfen immer, wenn wir benötigt werden. Es gibt nichts, was uns um den Schlaf bringt", sagt Seng.

Sie alle wissen aber auch: Ohne ehrenamtliche Hilfe wird eine neuerliche Notunterkunft nicht zu betreiben sein. Für den Helferkreis geht es weniger um die grundlegende Organisation vor Ort, denn dafür wird eigens ein Sicherheitsdienst zuständig sein. Und um die Verpflegung würde sich laut Kreisbehörde ein Caterer kümmern. Die Helfer würden die Geflüchteten bei Behördengängen begleiten, Dolmetscher organisieren, bei der Wohnungssuche behilflich sein und als Ansprechpartner bereitstehen.
Helferkreis sieht frühere Flüchtlingssituationen als dramatischer
Die Situation mit einer Notunterkunft in der Stadthalle sieht Seng weniger dramatisch als vor acht Jahren oder im Vorjahr. "Wir reden hier über 70 bis 80 Flüchtlinge." Damals waren Hunderte in der Schulturnhalle und man habe es geschafft, Syrer oder Ukrainer in Wohnungen weiterzuvermitteln, um Platz für neu ankommende Geflüchtete zu schaffen. Und gerade bei den ukrainischen Flüchtlingen musste die Hilfe "von heute auf morgen" geleistet werden. Mit Turbulenzen und Ad-hoc-Aktionen, gerade in den ersten Wochen, kennt sich der Helferkreis demnach gut aus.
Im Übrigen überrasche Seng seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gar nichts mehr. Außerdem bietet der Helferkreis seinen Angaben zufolge nicht erst seit heute seine Hilfe an. Man betreue regelmäßig Flüchtlinge, die in dezentrale Unterkünfte in Gerolzhofen untergebracht werden.
Wie viele Helfer konkret benötigt werden, falls auf die Schnelle bis zu 80 Flüchtlinge in der Stadthalle untergebracht werden müssten, kann Matthias Seng aktuell nicht beziffern. Von Vorteil sind aus seiner Sicht die noch bestehenden Strukturen zum Beispiel im Bereich Kommunikation und dass viele Ansprechpartner bekannt seien.
Falls es schnell gehen muss: Vorteil eines guten Netzwerks
Claudia Ockl verweist auf die gute Vernetzung des Helferkreises. Sie selbst ist zugleich Koordinatorin für Integration bei der Stadtverwaltung. Es gibt eine enge Kooperation mit den Sozialen Diensten der Diakonie und mit einer Anwältin, die auf Flüchtlingsthemen spezialisiert ist. Auch die vielen Kontakte von Erich Servatius seien für den Zusammenschluss sehr hilfreich. Matthias Seng erinnert darüber hinaus an die "tolle Unterstützung" von Ärzten.
Noch bleibt Vieles im Unklaren für den Helferkreis. Man wisse nicht, ob die Notunterkunft überhaupt eingerichtet wird und, wenn sie genehmigt wird, wann die ersten Flüchtlinge zugewiesen werden, heißt es vom Kernteam. Sicher ist aber: Wenn der Tag X kommen sollte, "dann werden wir Hilfe benötigen", glaubt Servatius. Auf eine derart große Hilfsbereitschaft seitens der Bevölkerung wie in den Jahren 2015 und 2022 könne man sich jedenfalls nicht verlassen. Man freue sich deshalb immer über neue Helfer und gerne auch über jede neue Idee.