zurück
Gerolzhofen
Helferkreis Gerolzhofen sorgt sich nicht wegen möglicher Notunterkunft: "Wir helfen, wenn wir benötigt werden"
Der Helferkreis hat bei Flüchtlingswellen stets tatkräftig mitgeholfen. Wie ist er aktuell aufgestellt, falls Menschen in der Stadthalle betreut werden müssten?
Der Helferkreis setzt sich gerne für Flüchtlinge ein: Matthias Seng, Claudia Ockl und Erich Servatius vom Kernteam (Bildmitte von links, sitzend und knieend) ist trotz aller Herausforderung nicht bange vor einer Notunterkunft, die möglicherweise in der Stadthalle entstehen könnte.
Foto: Stefan Pfister | Der Helferkreis setzt sich gerne für Flüchtlinge ein: Matthias Seng, Claudia Ockl und Erich Servatius vom Kernteam (Bildmitte von links, sitzend und knieend) ist trotz aller Herausforderung nicht bange vor einer ...
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:22 Uhr

Seit Jahren engagiert sich der ehrenamtliche Helferkreis in Gerolzhofen für die Belange von Geflüchteten. Besonders gefordert war er nicht nur im Jahr 2015, als viele Menschen aus Syrien gezwungen waren, ihr Heimatland zu verlassen. Auch im Vorjahr, aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine, brachten sich die Helfer über Gebühr bei der Ankunft und Betreuung ukrainischer Flüchtlinge ein. Die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Region war riesig, wenn es um Spenden der notwendigsten Gegenstände für eine Wohnungseinrichtung oder auch Kleidungsstücke ging.

Nachdem in jüngster Zeit die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in der Anker-Einrichtung in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) stark gestiegen ist und die Gefahr droht, dass nicht alle sofort in dezentralen Wohnungen untergebracht werden können, hält das Landratsamt derzeit Ausschau nach Immobilien, die sich für eine temporäre Notunterkunft eignen. Unter allen Umständen möchte man vermeiden, dass erneut die Dreifachturnhalle dafür genutzt wird – und Schulen und Vereinssport einschränken muss. Die Behörde befindet sich aktuell im Austausch mit der Stadt Gerolzhofen hinsichtlich einer Nutzung der seit Jahren gesperrten Stadthalle.

Bei der ersten Vorstellung der Pläne im Stadtrat am 27. November wies der Leiter des Sozialamtes, Steffen Beutert, auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin, sollte eine Notunterkunft dort eines Tages benötigt werden. Damit eine solche funktioniere, so Beutert, sei man auf Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen. Nachdem der Helferkreis vielfältige Erfahrungen in solchen Fällen hat, konnte man diesen Hinweis auch als einen ersten Appell verstanden wissen. Wie aber sehen die Verantwortlichen diese mögliche Aufgabe? Wäre diese Hilfe momentan überhaupt leistbar?

Matthias Seng: "Es gibt nichts, was uns um den Schlaf bringt"

Für Matthias Seng, Claudia Ockl und Gerolzhofens zweiten Bürgermeister Erich Servatius, die sich im zehnköpfigen Kernteam des Helferkreises engagieren, stellt sich diese Frage eher weniger. "Das ist kein Thema für uns. Wir helfen immer, wenn wir benötigt werden. Es gibt nichts, was uns um den Schlaf bringt", sagt Seng.

Als die Notunterkunft in der Dreifachturnhalle des Schulzentrums im März 2022 eingerichtet wurde, engagierte sich der Helferkreis bei der Betreuung für Ukraine-Flüchtlinge über die Maßen.
Foto: Klaus Vogt | Als die Notunterkunft in der Dreifachturnhalle des Schulzentrums im März 2022 eingerichtet wurde, engagierte sich der Helferkreis bei der Betreuung für Ukraine-Flüchtlinge über die Maßen.

Sie alle wissen aber auch: Ohne ehrenamtliche Hilfe wird eine neuerliche Notunterkunft nicht zu betreiben sein. Für den Helferkreis geht es weniger um die grundlegende Organisation vor Ort, denn dafür wird eigens ein Sicherheitsdienst zuständig sein. Und um die Verpflegung würde sich laut Kreisbehörde ein Caterer kümmern. Die Helfer würden die Geflüchteten bei Behördengängen begleiten, Dolmetscher organisieren, bei der Wohnungssuche behilflich sein und als Ansprechpartner bereitstehen.

Helferkreis sieht frühere Flüchtlingssituationen als dramatischer

Die Situation mit einer Notunterkunft in der Stadthalle sieht Seng weniger dramatisch als vor acht Jahren oder im Vorjahr. "Wir reden hier über 70 bis 80 Flüchtlinge." Damals waren Hunderte in der Schulturnhalle und man habe es geschafft, Syrer oder Ukrainer in Wohnungen weiterzuvermitteln, um Platz für neu ankommende Geflüchtete zu schaffen. Und gerade bei den ukrainischen Flüchtlingen musste die Hilfe "von heute auf morgen" geleistet werden. Mit Turbulenzen und Ad-hoc-Aktionen, gerade in den ersten Wochen, kennt sich der Helferkreis demnach gut aus.

Im Übrigen überrasche Seng seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gar nichts mehr. Außerdem bietet der Helferkreis seinen Angaben zufolge nicht erst seit heute seine Hilfe an. Man betreue regelmäßig Flüchtlinge, die in dezentrale Unterkünfte in Gerolzhofen untergebracht werden. 

Wie viele Helfer konkret benötigt werden, falls auf die Schnelle bis zu 80 Flüchtlinge in der Stadthalle untergebracht werden müssten, kann Matthias Seng aktuell nicht beziffern. Von Vorteil sind aus seiner Sicht die noch bestehenden Strukturen zum Beispiel im Bereich Kommunikation und dass viele Ansprechpartner bekannt seien. 

Falls es schnell gehen muss: Vorteil eines guten Netzwerks

Claudia Ockl verweist auf die gute Vernetzung des Helferkreises. Sie selbst ist zugleich Koordinatorin für Integration bei der Stadtverwaltung. Es gibt eine enge Kooperation mit den Sozialen Diensten der Diakonie und mit einer Anwältin, die auf Flüchtlingsthemen spezialisiert ist. Auch die vielen Kontakte von Erich Servatius seien für den Zusammenschluss sehr hilfreich. Matthias Seng erinnert darüber hinaus an die "tolle Unterstützung" von Ärzten.

Noch bleibt Vieles im Unklaren für den Helferkreis. Man wisse nicht, ob die Notunterkunft überhaupt eingerichtet wird und, wenn sie genehmigt wird, wann die ersten Flüchtlinge zugewiesen werden, heißt es vom Kernteam. Sicher ist aber: Wenn der Tag X kommen sollte, "dann werden wir Hilfe benötigen", glaubt Servatius. Auf eine derart große Hilfsbereitschaft seitens der Bevölkerung wie in den Jahren 2015 und 2022 könne man sich jedenfalls nicht verlassen. Man freue sich deshalb immer über neue Helfer und gerne auch über jede neue Idee.

Helferkreis Gerolzhofen

Der Helferkreis Gerolzhofen geht auf eine erste Hilfsaktion vor zehn Jahren zurück, als einer Familie aus Tschetschenien Kirchenasyl gewährt wurde. Im Mai 2015, als viele Menschen aus Syrien flüchteten, bildete sich erstmals ein Asyl-Helferkreis. Mehrere hundert Helfer engagierten sich damals für die Neuankömmlinge. Nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 wurde der Helferkreis erneut im größeren Umfang aktiv, um Menschen in Not zu unterstützen. 
Jeden Montag um 16 Uhr lädt der Helferkreis zu einem offenen "Geo-Treff" ins Kreativquartier (Spitalstraße 5) ein. Dieser ist ausdrücklich nicht nur für Flüchtlinge gedacht, sondern für Jeden. Es ist ein niederschwelliges Angebot für unkomplizierte Begegnungen und Beratungen.
Interessierte, die sich im Helferkreis engagieren möchten, können sich per E-Mail an Claudia Ockl wenden: claudia.ockl@gerolzhofen.info. Weitere Informationen gibt es auf der Facebook-Seite facebook.com/helferkreisgerolzhofen.
Quelle: Helferkreis
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gerolzhofen
Stefan Pfister
Flüchtlingswellen
Kirchenasyl
Landratsamt Schweinfurt
Stadt Gerolzhofen
Stadthalle Schweinfurt
Stadträte und Gemeinderäte
Stadtverwaltung Schweinfurt
Wohnungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Philipp Becker
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Fuchs
    Vor diesen Menschen ziehe ich meinen Hut.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Matthias Braun
    Großes Lob an alle , die sich für Flüchtlinge einsetzen und sich um sie kümmern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten