Der abscheuliche Angriffskrieg von Waldimir Putin gegen die Ukraine und das skrupellose Bombardement von Wohnsiedlungen unschuldiger Menschen sorgt in dem Land für eine humanitäre Katastrophe. Nach Angaben der UN sind bereits mehr als zwei Millionen Einwohner in Richtung Westen geflohen. Ein Großteil der Flüchtlinge hält sich derzeit zwar noch in den direkt angrenzenden Nachbarländern auf und hofft, so bald wie möglich wieder in die Heimat zurückkehren zu können. Nur ein Bruchteil von ihnen akzeptiert es derzeit, weiter weg, zum Beispiel nach Deutschland, verlegt zu werden.
Doch die Situation könnte sich ändern, wenn es kurz- und mittelfristig keine Aussicht auf Frieden in der Ukraine gibt. Aktuell sind es rund 120 000 Flüchtlinge aus der Ukraine, die offiziell in Deutschland erfasst wurden. Die Tendenz ist allerdings steigend. Auch im Landkreis Schweinfurt kommen seit fast zwei Wochen täglich Geflüchtete an und die Zahl steigt schnell, erklärt Steffen Beutert. Er ist Koordinator der Ukrainehilfe am Landratsamt Schweinfurt und bereitet mit einer eigens dafür eingerichteten Koordinierungsgruppe sowie zahlreichen Helfern aus dem Landkreis ein umfassendes Hilfsprogramm vor.
Landrat Töpper ist vor Ort
Dazu gehört auch die Bereitstellung von Notunterkünften. Die Dreifachturnhalle am Gerolzhöfer Schulzentrum wurde bereits entsprechend eingerichtet. Am Dienstag, 15. März, werden dort die ersten 50 Geflüchteten erwartet. Landrat Florian Töpper kam am vergangenen Freitag in Begleitung einer großen Delegation von Rettungsdiensten und Polizei nach Gerolzhofen, um sich selbst ein Bild vor Ort zu machen.
"Es ist ein tolles Hand-in-Hand, das ich hier beobachte", sagte Töpper. Er erlebe eine enorm hilfswillige Gesellschaft. Es sei wichtig, in einer solchen Situation ohne Wenn und Aber zu sagen, dass die Geflüchteten willkommen sind. "Denn wir sind dem Humanismus verpflichtet." Töpper bedankte sich ausdrücklich bei Direktorin Elisabeth Grimanelis und der gesamten Schulfamilie der Ludwig-Derleth-Realschule für die Unterstützung bei der Umnutzung der Turnhalle. Schulleiterin Grimanelis sicherte ihre weitere Hilfe zu.
Besonderer Schutz für Frauen und Kinder
Rund 80 Prozent der Flüchtlinge seien Frauen und Kinder. "Dies ist eine sehr verletzliche Gruppe, die unseren besonderen Schutz bedarf", betonte Töpper. Dementsprechend streng werden auch die Zugangsregeln in der Halle sein. Die Flüchtlinge sollen zunächst einmal möglichst abgeschottet sein, zumal viele von ihnen wahrscheinlich traumatisiert sind. Der Zutritt ist nur mit einem speziellen Ausweis möglich. Es gibt rund um die Uhr ein eigenes Security-Team und auch die Polizei werde Präsenz zeigen, versicherte Bernhard Warmuth, der neue Leiter der Polizeiinspektion Gerolzhofen. Alle Fensterscheiben der Halle sind abgeklebt, um - so gut es geht - eine Privatsphäre zu schaffen.
Die Anker-Einrichtung in Geldersheim fungiert weiterhin als Erstanlaufstelle für die ankommenden Geflüchteten. Der "Anker" sei eigentlich auf 1500 Personen ausgelegt, könne aber zur Not auf maximal 2500 aufgestockt werden, betonte Steffen Beutert. Am 11. März waren dort schon insgesamt 1900 Geflüchtete untergebracht, davon rund 500 ukrainische Kriegsflüchtlinge. 130 weitere Ukrainerinnen und Ukrainer seien unabhängig von der Anker-Einrichtung schon in verschiedenen Gemeinden des Landkreises Schweinfurt untergekommen.
Unterkunft auch in Reichmannshausen
Damit die Einrichtung in Geldersheim nicht überlegt wird und noch funktionieren kann, haben unterfränkische Landkreise inzwischen diverse Notunterkünfte aktiviert. Im Landkreis Schweinfurt sind dies die Gerolzhöfer Dreifachturnhalle und das kreiseigene Schullandheim in Reichmannshausen. Wie die Bezeichnung "Notunterkunft" schon aussagt, sollen die Flüchtlinge hier aber nicht dauerhaft bleiben, sondern nur so kurz wie irgendwie möglich. Nach wenigen Tagen will man die Geflüchteten möglichst weitervermitteln und dezentral in Wohnungen unterbringen. "Wir sind dabei, die Zahl der privaten Unterkünfte hochzufahren und akquirieren mit Hochdruck", sagte Koordinator Beutert.
Die Turnhalle der Ludwig-Derleth-Realschule ist für 150 Personen ausgelegt. Florian Zippel, der Arbeitsbereichsleiter Katastrophenschutz und Feuerwehrwesen am Landratsamt Schweinfurt, hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Helfern den Aufbau der Notunterkunft organisiert. Beteiligt waren das Technische Hilfswerk (Verlegen des Fußbodens und Aufbau der Kojen), das Bayerische Rote Kreuz (Feldbetten und Registrierung), die Johanniter, der Malteser Hilfsdienst (Hygiene-Pakete) und der Arbeiter-Samariter-Bund. All dies geschah, so würdigte es Landrat Töpper, immer auch unter Berücksichtigung von Ressourcen und der Sicherstellung der weiteren Einsatzbereitschaft der Rettungsdienste. "Denn Corona ist schließlich noch nicht vorbei."
Unterstützung beim Aufbau leistete auch der Kreisbauhof Gerolzhofen. Zudem habe sich laut Florian Zippel der Helferkreis Asyl in Gerolzhofen wieder aktiviert und stehe der Koordinierungsgruppe Ukrainehilfe als Unterstützer vor Ort zur Verfügung.
PCR-Tests in Geldersheim
Corona ist natürlich auch bei der Betreuung der Flüchtlingen ein wichtiges Thema, zumal die Impfquote in der Ukraine bei nur 35 Prozent liegt. Alle Ankommenden müssen sich in Geldersheim einem PCR-Test unterziehen, erklärte Steffen Beutert. Nur wer negativ getestet ist, wird nach Gerolzhofen oder Reichmannshausen verlegt. Gibt es Infizierte, so werden diese bereits im Anker-Zentrum in Quarantäne-Quartieren untergebracht. In Gerolzhofen und Reichmannshausen werden dann regelmäßig Tests stattfinden, um möglichst einen Corona-Ausbruch zu verhindern.
Für die in Gerolzhofen ankommenden Menschen werden die wichtigsten drei Grundbedürfnisse gedeckt: Unterkunft, Verpflegung und Kommunikation. Mit Bauzäunen und blickdichten Folien sind in der Halle Kojen aufgebaut worden, die für jeweils drei Personen vorgesehen sind. Feldbetten mit neuen Schlafsäcken stehen bereit. Waschmaschinen und Trockner wurden in den Sanitärbereichen der Halle installiert.
Catering aus Zeilitzheim
Für die Verpflegung der Menschen wurde das Catering-Unternehmen "Genießerwerk" aus Zeilitzheim beauftragt. Im südlichen Teil der Halle ist dafür ein eigener Gastro-Bereich aufgebaut. Damit die Flüchtlinge Kontakt mit ihren anderen Familienangehörigen und mit den Männern zuhause an der Front halten können, wurde ein leistungsfähiges W-LAN installiert. In einem der Geräte-Räume der Halle stehen Handy-Ladestationen bereit. Für Kinder gibt es einen eigenen Spielbereich.