Viele sind der Einladung des Geo-Treffs zum internationalen Sommerfest am Montagabend im Spitalgarten gefolgt. Es war der festliche Auftakt zu den nun montags stattfindenden Treffpunktzeiten von 18-20 Uhr im Bürgerspital.
Seine Anfänge hat der Geo-Treff 2015, damals noch unter dem Titel "Allerwelts-Treff". Mehrere hundert Menschen kamen hier nach ihrer Flucht aus der Heimat an, überwiegend aus Syrien. Die Stadt, Kirche und ehrenamtliche Helfer hießen die erschöpften Menschen willkommen. Als erste Station stand die Turnhalle als Notunterkunft für sie bereit. Dort wurden sie mit ihren Angehörigen registriert und dann ging es darum, für das Nötigste zu sorgen. Kleidung, Nahrung, ein Bett, behördliche Angelegenheiten organisieren und trösten. Dafür standen mehrere Helfer zur Seite. Im Anschluss wurden viele in dezentralen Unterkünften im Raum Schweinfurt untergebracht.
Heute – vier Jahre später – zeigt sich, was möglich ist, wenn Menschen offen sind für Neues und sich darauf einlassen, andere Kulturen kennen zu lernen. "Für beide Seiten ist das eine Bereicherung", sagt Claudia Ockl, hauptamtliche Koordinatorin des Treffs. Wenn sowohl Flüchtlinge neugierig die Sprache, die Menschen und die Gewohnheiten in ihrer neuen Umgebung erlernen möchten und Deutsche bereit sind, ihnen bei diesem Lernprozess zu helfen, kann daraus eine Win-Win-Situation werden.
Beruf gefunden und aufs Gymnasium geschafft
Wie das Beispiel von Kurde Youssef zeigt. Sie ist zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern unter schlimmsten Umständen geflohen. Sie haben Tod und Terror erfahren. Heute noch zittert sie, wenn sie davon berichtet. Ihre Tochter Rusel sitzt neben ihr. Gemeinsam haben sie diese traumatisierenden Erlebnisse versucht zu verarbeiten und das Beste aus allem gemacht. Sie sprechen gut Deutsch und haben bald eine neue Herausforderung zu bestehen: Kurde beginnt eine Ausbildung zur Fleischerei-Fachverkäuferin und Rusel hat den Übergang zum Gymnasium geschafft.
Zu Recht sind sie stolz und genießen den Tag zusammen mit den anderen Gästen. Es wird getanzt, gelacht, viel erzählt und alle fallen über das bunte Buffet her. Jeder hat etwas typisches aus seiner Heimat mitgebracht: eingelegte Weinblätter, Hummus, Auberginencreme, Reispfannen, Fladenbrot, Baklava, Käsekuchen und viele weitere Köstlichkeiten. Ungefähr 52 bis 60 Nationalitäten gibt es in Gerolzhofen.
"Wenn wir uns auf andere Menschen einlassen, im Kontakt und aufgeschlossen bleiben, ist das wunderbar", betont Thorsten Wozniak, Bürgermeister der Stadt Gerolzhofen. "Wir haben hier in Gerolzhofen Erfolgsgeschichte geschrieben und lassen uns auch von Negativnachrichten nicht verunsichern", sagt er und bedankt sich bei allen Verantwortlichen dieses Projekts, das den Menschen in den Mittelpunkt rückt: Stefanie Mager von der Diakonie und Ehrenamtskoordinatorin, Kerstin Krammer-Kneissl, Matthias Seng, Claudia Ockl und Nicola Theobald. Das sind nur einige der zahlreichen Helfer, die sich den Fragen im Alltag wie Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten, dem Heimweh der Menschen und praktischen Angelegenheiten stellen.
Projekt wurde reaktiviert
Auf Wunsch der syrischen Neubürger wurde das Projekt wieder reaktiviert, nachdem 2016/2017 der erste Notbedarf gedeckt war und es ruhiger im Allerwelts-Treff wurde. Jetzt geht es den Menschen darum, mit anderen Bürgern in Gerolzhofen eine Möglichkeit des Austausches zu haben. Nur dann sei es möglich, hier anzukommen, Sprache und Werte zu erlernen. Nur dann könne aus einem Zufluchtsort eine Heimat werden und aus einer Zweckgemeinschaft Freundschaften entstehen. Musikalisch untermalt wird das multikulturelle Fest von Jan Barthelme und Youssef am E-Piano.
Stefanie Mager gelingt es, die noch scheuen Tanzlustigen zu ermutigen, den Klängen der Musik zu folgen. Ausgelassen nehmen sie sich an den Händen und die Menschenkette tanzt im Schattenspiel der Bäume im Spitalgarten. Unter ihnen auch Thorsten Wozniak. "Es ist wichtig, Flagge zu zeigen, heute mehr denn je, wenn weltweit 70 Millionen Menschen auf der Flucht sind", sagt der engagierte Bürgermeister.
Claudia Ockl lädt alle dazu ein, auf einer Weltkarte an der Stelle ein Kreuz zu setzen, von wo sie herkommen. "Wo kommen wir alle her? Eine spannende Frage", sagt eine Dame. "Irgendwie sind wir alle miteinander vernetzt". Und das sieht auch Ockl so. Gerade eine gute Vernetzung sorge dafür, dass keiner verloren ginge und Hilfe da ankommt, wo sie gebraucht wird.
Hilfe empfangen und ganz viel zurückgeben ist auch das Motto von Ekram Issa. In ihrer syrischen Heimat war sie Grundschullehrerin. Seit fünf Jahren lebt sie mit ihren drei Kindern in Gerolzhofen. Sie dankt allen Einheimischen, die dabei geholfen haben, die ersten Schritte hier gehen zu können. Selbstbewusst hält sie ihre Rede. Sie ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, was Sprache, Lebenslust und Humor bewirken können. Für viele Frauen ist sie an diesem Abend ein Vorbild. "Ich respektiere ihre Leistung, sie ist großartig", sagt eine deutsche Freundin von ihr stolz.
In der Foto-Ecke verkleiden sich Groß und Klein mit farbenfrohen Perücken, pinkfarbenen Brillen, Hüten, werden zu Cowboys, Rappern oder Prinzessinnen. Auch Kurdes Kinder ziehen sich lustige Outfits an, spielen mit den anderen Kindern Fangen, trinken Limo und spüren, wie sich auch ihre Eltern entspannen. Jeder Mensch hat seine Geschichte, bei dem einen ist sie grausamer als bei dem anderen. Doch an diesem Abend verbinden und überwiegen das gemeinsame Lachen und die Gespräche.