zurück
Schweinfurt
IG Metall schlägt Alarm, Industrie kündigt Stellenabbau an: Was sagt Schweinfurts Oberbürgermeister zur Lage?
Die Gewerkschaft sieht tausende Arbeitsplätze in Gefahr, Betriebe planen Stellenabbau, das Thema beherrscht die Diskussionen. Nur zwei schweigen bisher.
'Schweinfurt ist eine Industriestadt, und darauf sind wir stolz', betonte Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé am Samstag bei der Eröffnung der Tagung der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern. Zur aktuellen Diskussion um den Industriestandort hat er sich bisher nicht geäußert.
Foto: Silvia Gralla | "Schweinfurt ist eine Industriestadt, und darauf sind wir stolz", betonte Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé am Samstag bei der Eröffnung der Tagung der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 24.03.2024 02:41 Uhr

Die Stimmung ist angespannt – bei Unternehmen, bei von Stellenabbau betroffenen Belegschaften, und auch bei jenen, deren Arbeitgeber bisher noch nicht von Stellenabbau sprechen. Nach der offiziellen und deutlichen Warnung der IG Metall Anfang März, "tausende Arbeitsplätze" könnten "unwiederbringlich verschwinden", wenn "wir jetzt nicht gegenhalten", reihen sich schlechte Nachrichten aneinander.

Bosch Rexroth kündigte an, 240 Arbeitsplätze bis Ende 2028 abbauen zu wollen. SKF sprach auf Nachfrage der Redaktion davon, bis Ende 2025 weitere 400 Stellen abbauen zu wollen; nachdem bereits in den vergangenen 18 Monaten rund 500 Jobs gestrichen wurden. Und für ZF sehen Arbeitnehmervertreter mittelfristig rund 2000 Stellen in Gefahr.

Das Thema ist ein großes, gerade in einer Industriestadt, die schließlich von der Industrie lebt. Direkt trifft es die Stadt, die am Tropf der Industrie hängt. Die Gewerbesteuer ist die Haupteinnahmequelle Schweinfurts. Seit 2019 ist sie gewaltig gesunken. Von ehemals über 70 Millionen Euro auf 55 Millionen Euro. Wird Schweinfurts Industrie schwächer, senkt das nicht nur die Einnahmen der Stadtverwaltung, sondern stellt auch andere Betriebe, die von ihr abhängen, vor massive Probleme.

All das hat weder Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé noch den Leiter des Amts für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, Thomas Herrmann, bisher dazu bewogen, öffentlich auf den angekündigten Stellenabbau zu reagieren. Keine Stellungnahme, kein offizielles Plädoyer für den Standort, keine mahnenden Worte. Nichts.

Remelé: "Schweinfurt ist eine Industriestadt, und darauf sind wir sehr stolz"

Fast nichts. Zumindest bei einer Gelegenheit hat Remelé etwas zum Standort Schweinfurt gesagt: bei der Eröffnung der Tagung der Landeselternvereinigung am Wochenende in Schweinfurt. "Schweinfurt ist eine Industriestadt, und darauf sind wir sehr stolz", erklärte der Oberbürgermeister vor Elternbeiräten aus ganz Bayern. Und wies engagiert darauf hin, dass man vor großen Herausforderungen stehe. "Wir müssen uns verdammt anstrengen, wenn wir das Erreichte bewahren wollen." Ob damit Schweinfurt im Speziellen gemeint war oder nicht, bleibt unklar.

Wie steht der Oberbürgermeister zu der aktuellen Entwicklung, wie der Leiter des Amts für Wirtschaftsförderung, wie ernst sehen sie die Situation und was kann beziehungsweise wird die Stadt tun? Das wollte die Redaktion in einer Anfrage an das Rathaus wissen, nachdem von dort bisher keine Reaktion auf die aktuelle Diskussion um den Industriestandort Schweinfurt gekommen war.

Wobei die Stadt Schweinfurt verstärkt unterstützen will

Die Antwort gibt die Pressestelle der Stadt. "Wir sehen natürlich auch strukturelle Veränderungen aufgrund der Mobilitätswende auf die Stadt Schweinfurt zukommen. Ob und in welchem Ausmaß dies mittelfristig Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird, ist unklar. Die aktuelle Studie der PROGNOS AG 'Zukünftige Beschäftigungssituation der Automobilwirtschaft in Bayern' sieht einen Rückgang der Arbeitsplatzanzahl bis 2040, allerdings auch erhebliche Chancen durch einen notwendigen Transformationsprozess hin zur Elektromobilität", so die Antwort. Den notwendigen Rahmen, "insbesondere die Intensivierung der Qualifizierung der für diesen Prozess notwendigen Arbeitskräfte", werde die Stadt "verstärkt unterstützen". Dabei sei der Ausbau und die Stärkung Schweinfurts als Hochschulstandort ein Standbein.

Aktuell ist die Wirtschaftsförderung der Stadt schmal aufgestellt. Geleitet wird sie von Thomas Herrmann, der gleichzeitig auch für das Stadtmarketing zuständig ist. Schon 2023 hatten sechs Stadtratsfraktionen dies angemahnt und eine Neuaufstellung beantragt. Wie sie aussehen kann und muss, soll ein Gutachten zeigen. Noch wird daran gearbeitet, heißt es auf Nachfrage. Mit dem Gutachten beauftragt ist die Beratungsfirma CIMA. Noch vor August soll es dem Stadtrat vorgestellt werden, heißt es auf Nachfrage.

"Die Entscheidungen werden schon lange nicht mehr in Schweinfurt getroffen"

Kann die Wirtschaftsförderung so, wie sie aktuell aufgestellt ist, einer Industriestadt wie Schweinfurt in Zeiten der Transformation gerecht werden, hatte die Redaktion als Frage an das Rathaus formuliert. Die Antwort, eher ernüchternd: "Die städtische Wirtschaftsförderung hat neben den Aufgaben der Innenstadtbelebung natürlich auch das Ziel, den Industriestandort Schweinfurt zu sichern und zu stärken." Dazu würden regelmäßige Gespräche mit den Vertretern der Großindustrie, aber auch der mittelständischen Unternehmen geführt. "Leider werden aber die strategischen Konzernentscheidungen schon lange nicht mehr in Schweinfurt getroffen; die Globalisierung der Wirtschaft nimmt nur sehr bedingt Rücksicht auf lokale Interessen bei der Entscheidungsfindung konzernweiter Entwicklungen."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Katja Beringer
Beratungsunternehmen
IG Metall
Instagram-Inhalte
Personalabbau
Rathaus Schweinfurt
Sebastian Remelé
Stadt Schweinfurt
Stadtverwaltung Schweinfurt
Wirtschaft in Schweinfurt
Wirtschaftsförderung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Mike Rofisch
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Albert
    Der Fachkräftemangel, der hier immer angesprochen wird, ist durch die Generation Babyboomer hausgemacht. Deren Nachkommen wurden sehr oft in die weiterführenden Schulen gepresst, ohne dass deren geistige Kompetenz mithalten konnte. Zuviele Studierende, die nicht wissen was sie wollen, die Eltern finanzieren das Studium bis zum St. Nimmerleinstag und danach wissen einige immer noch nicht, wo die Reise hingeht. Die hangeln sich wie gelernt und beigebracht durch.
    Sieht man unseren Jahrgang 63 an, haben hier die wenigsten studiert, die meisten sind Handwerker oder Fabrikarbeiter geworden. Diese haben von Anfang an Wertschöpfung betrieben. Die Handwerker haben die besten ausgesiebt, viele sind in die Buden gegangen und haben dort ihr Glück gemacht. Heute bezahlen sie das Nichtstun ihres Nachwuchses, manche schon in der zweiten Generation...
    Was die Frage nach der Tätigkeit der Stadt SW soll, erschliesst sich mir nicht. Ausser Gewerbesteuer ausgeben wurde noch nie was gescheites geplant...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hiltrud Erhard
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Hippeli
    Ich habe an den großen Fachkräftemangel nie geglaubt und von Woche zu Woche kommt nun wie hier in SW die Wahrheit ans Licht! (Und da wo wirklich Fachkräfte fehlten, war es ein Versäumnis der richtigen Ausbildung)

    Die Diskussion um den Fachkräftemangel diente m. E. überwiegend
    - um billigste, kontrollierbare Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen,
    - arbeitgeberfreundliche Forderungen in Berlin und Brüssel durchzupressen und
    - auf breiter Front Arbeitsplätze durch KI und digitale Prozesse zu ersetzen und dadurch künftig Lohnnebenkosten (wie z. B. Sozialversicherungsbeiträge) sich von der Backe zu halten und sich am Sozialstaat nicht beteiligen zu müssen.

    Auch in diesem MP-Artikel kein Wort davon, dass in vielen Unternehmen Millionen EURO in KI investiert wird, währen gleichzeitig Stellen abgebaut werden. Es wird dringest Zeit, dass in der Gesellschaft und ins besonders von den Gewerkschaften die Diskussion um Steuer und Sozialabgaben auf KI und digitale Prozesse entfacht wird!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Ich stimme Ihnen nicht uneingeschränkt zu.

    Was hier passiert ist ein normaler Vorgang in einer wachstumsorientierten Ökonomie. Durch die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen ist Rationalisierung und damit Kostensenkung in der Arbeit (z.B. KI) das Ziel und ein kontinuierlicher Prozess. Die steigende Automation braucht weniger Personal. Damit sinkt übrigens auch die Relevanz der Personalkosten.

    Deshalb braucht es Innovation und neue Produkte, um neue Märkte zu erschließen und dort wieder neue Arbeitsplätze zu schaffen, weil für die alten Produkte immer weniger gebraucht werden.

    Schauen Sie sich die industrielle Revolution an. Unser Wohlstand ist nur durch Automatisierung und Rationalisierung entstanden.

    Unser deutsches Problem ist die grassierende Innovationsfeindlichkeit und Ablehnung jeglicher Veränderung, sowohl seitens der Politik als auch großen Teilen der Bevölkerung. Alles soll so bleiben wie es ist. Genau das bringt das System zum kippen. Es kommt nicht mehr genug nach.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de (Wortwahl). Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ludwig Mergenthal
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Eberhardt
    Die Entscheidungen für die Industrie und die Wirtschaft in Schweinfurt - aber auch anderswo - wurden noch NIE im Rathaus oder im Stadtrat getroffen, sondern in den Unternehmen selbst. Nur sitzen die Firmenverantwortlichen mittlerweile ganz wo anders - und interessieren sich vor allem nicht für die jeweilige Stadt und deren Entwicklung, sondern nur für die Rendite.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Wobei man erwähnen muss, dass die auswärtigen Investoren Sachs, Star und FAG vor dem Konkurs gerettet haben. Die Familien Schäfer und Sachs hatten die Firmen sauber an die Wand gefahren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Grünewald
    Wenn ich mir die im Artikel geschilderten Reaktionen aus dem Rathaus so durchlese, könnte ich ja fast auf den Gedanken kommen, dass man dort auch nicht so recht weiß, wie man die Zukunft der Stadt gestalten will.

    Der Eindruck dürfte aber gewiss unzutreffend sein. Der Gestaltungswille und die Gestaltungskraft kommen in den ausgewählten Antworten des Rathaus einfach nicht so richtig zur Geltung und bleiben dem unbedarften Leser einfach verschlossen.

    Es kann ja auch gar nicht anders sein, denn wo sollte man denn sonst Konzepte für die Zukunft der Stadt entwickeln, wenn nicht im Rathaus. Würde man dort diesbezüglich ratlos oder intätig sein, müsste man sich ja Sorgen machen...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    in Arbeit

    https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/knapp-eine-million-euro-vom-bund-wie-das-fabulous-konzept-die-schweinfurter-innenstadt-beleben-soll-art-11034469

    https://schweinfurt-fabulous.de/schweinfurt-fabulous/stadtfabrik
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Grünewald
    Allerdings liest man bisweilen auch so etwas:

    https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/wir-fuehlen-uns-von-der-stadt-im-stich-gelassen-das-montana-in-schweinfurt-schliesst-nach-36-jahren-art-11424082
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Man kann es schon nicht mehr hören: Hauptgrund Parkplätze
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Krug
    Ja, das sind schöne, aber halt nur palliative Therapieansätze.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Die Globalisierung der Schweinfurter Industrie findet tatsächlich in Göteborg, Friedrichshafen, Herzogenaurach und Gerlingen-Schillerhöhe statt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten