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Schweinfurt
Geschichtspreis: Wer sind Deine Alltagshelden?
Findet Alltagshelden, war der Auftrag. Was dabei rausgekommen ist, ist ergreifend. Warum es sich lohnt, mutig, unangepasst und eigensinnig zu sein. Und zwar zu jeder Zeit.
Vanessa Müller, Schülerin am Rathenau, beschäftigte sich mit Margarete Kallmann. Für ihre Arbeit bekam sie den ersten Preis des Geschichtswettbewerbs der Initiative gegen das Vergessen. 
Foto: Josef Lamber | Vanessa Müller, Schülerin am Rathenau, beschäftigte sich mit Margarete Kallmann. Für ihre Arbeit bekam sie den ersten Preis des Geschichtswettbewerbs der Initiative gegen das Vergessen. 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:54 Uhr

Geschichte, was ist das eigentlich? Jahreszahlen? Epochen? Könige, Dynastien, Politiker? Das ist nur ein Teil. Denn Geschichte besteht auch aus den Geschichten der Menschen.    

Dritter Geschichtswettbewerb der Initiative gegen das Vergessen

Da setzt die Initiative gegen das Vergessen an, die jetzt zum dritten Maleinen Geschichtswettbewerb für junge Menschen veranstaltet. Thema: "Mutig sein. Unangepasst und eigensinnig: Alltagshelden."  71 Beiträge wurden eingereicht. 

 1981 wurde die Initiative gegründet. Über die Nazi-Zeit recherchieren, aufklären, erinnern, ist das Ziel. Vier Gedenkstätten sind entstanden, gut 4500 Teilnehmer haben sich bei Führungen der Initiativemit der Geschichte vor Ort beschäftigt, sagt Sprecher Klaus Hofmann. "Die rechte Welle ist bis in die Mitte der Gesellschaft geschwappt", erinnern sei wichtiger denn je. 

Unterstützung durch die  Oskar-Soldmann-Stiftung

Um in der Gegenwart zu bestehen, muss man die Vergangenheit kennen, betont Julia Stürmer-Hawlitschek, Vorsitzende der Oskar-Soldmann-Stiftungund  Geschichtslehrerin. Die Stiftung stellt die Geld-Preise zur Verfügung. Die Alltagshelden  machen Mut, sind Vorbilder für Zivilcourage. "Das können auch Erwachsene brauchen."

Zeynep Ersoy sorgte für die musikalische Umrahmung.  
Foto: Josef Lamber | Zeynep Ersoy sorgte für die musikalische Umrahmung.  

Wie wichtig es ist, Geschichte aus einer lebensnahem Perspektive zu sehen, betont auch Bürgermeisterin Sorya Lippert. "Die Initiative passt auf sehr eindrucksvolle Weise darauf auf, dass wir nicht vergessen." Sie erinnert an die böse Saat, die die Nazis weltweit gesät haben.  Jeder kann an seiner Stelle die Welt ein bisschen besser machen, sagt sie. So wie die Alltagshelden. Zu einem perfekten Festakt gehört auch Musik. Zeynep Ersoy setzt am Flügel Akzente zwischen den Reden. Johanna Bonengel  zitiert aus einzelnen Arbeiten. Beispiel: "Die Arbeit für den Geschichtswettbewerb ist für mich kein Wettbewerb, sondern ein Weg, mir selbst und anderen zu zeigen, dass jeder sein eigener Held sein kann." (Helena Hergenröther).

Von den Kindern der 4. Grundschulklassen Dittelbrun stammt dieser Satz: "Von unserer Alltagsheldin Dr. Rosemarie Klingelehaben wir gelernt, dass es sich lohnt, für seine Ziele, Träume und Wünsche zu kämpfen, aber auch, dass man anderen helfen soll, wo man kann, weil das glücklich macht, die anderen und einen selbst."

Eine Heldin: Margarete Kallmann

 Margarete Kallmann, eine mutige und engagierte Frau in schwerer Zeit:  Dafür bekam Vanessa Müller (Q11, Rathenau) den ersten Preis. Sie  stellte die ungewöhnliche Frau (1897-1960) mitreißend und packend  vor. "Für mich definitiv eine Heldin." Kallmann gründete die Volksküche in Schweinfurt, war Schulleiterin der Vorläufer von Olympia-Morata-Gymnasium, Rathenau Realschule- und Gymnasium. Sie gründete die Arbeitsgemeinschaft der Frauenverbände in Schweinfurt, kümmerte sich um Schwache. Nicht nur Vanessa Müller findet es erstaunlich, dass Themen, mit denen sich Kallmann auseinandersetze, wie gleicher Lohn für Frauen, auch 2019 noch ein Thema sind.  Margerete Kallmanns Vater war Jude, während der Nazizeit verlor sie deswegen ihre Arbeit. Umso schlimmer die Beobachtung: "Antisemitismus nimmt wieder zu."   

Eine Heldin: Olympia Fulvia Morata 

Jennifer Weber von der Friedrich-Fischer-Fachoberschule bekam den zweiten Preis für ihre Auseinandersetzung mit Olympia Fulvia Morata. 
Foto: Josef Lamber | Jennifer Weber von der Friedrich-Fischer-Fachoberschule bekam den zweiten Preis für ihre Auseinandersetzung mit Olympia Fulvia Morata. 

Jennifer Weber ist völlig fasziniert von Olympia Fulvia Morata (1526 -1555). Ihr Denkmal steht an der Brückenstraße, ein Schweinfurter Gymnasium trägt ihren Namen. Sie war die erste Frau, die in Deutschland an einer Universität lehrte. Sie folgte ihrem Mann Andreas Gundler aus ihrer Heimat Ferrara nach Schweinfurt, ihr Haus wurde zum gelehrten Treffpunkt. "Ich kann heute Bücher lesen, ohne schief angeschaut zu werden", sagt Jennifer Weber. Zu Olympias Zeiten war das nicht normal. Das zeigt ein Zitat von Erasmus von Rotterdam: "Die Bücher trocknen den Weibern das Gehirn aus. Und sie haben ohnehin schon zu wenig davon."     

Hier ein Filmbeitrag über Dr. Rosemarie Klingele 

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Eine Heldin: Dr. Rosemarie Klingele

Die beiden vierten Klassen  der Grundschule Dittelbrunn halten Dr. Rosemarie Klingelefür eine Alltagsheldin. Sie ist Jahrgang 1937, arbeitet trotzdem immer noch ehrenamtlich als Ärztin für Flüchtlinge. Ihr Leben, ihr weltweiter, lebenslanger Einsatz, um Menschen zu helfen, hat die Kinder schwer beeindruckt: "Hut ab."    

Sie stellten stellvertretend für ihre Klassenkameraden aus den vierten Klasse der Dittelbrunner Schule ihren Beitrag über Dr. Rosemarie Klingele vor, der den Sonderpreis bekam. 
Foto: Josef Lamber | Sie stellten stellvertretend für ihre Klassenkameraden aus den vierten Klasse der Dittelbrunner Schule ihren Beitrag über Dr. Rosemarie Klingele vor, der den Sonderpreis bekam. 

Den Anerkennungspreis erhalten neun Schülerinnen und Schüler der International School Mainfranken, die sich jeder einen ganz speziellen Alltagshelden ausgesucht haben. Die Sprache der Präsentationen oder der Filme war Deutsch, Englisch, Polnisch, Koreanisch. "Das war spannend für die Jury", sagt Johanna Bonengel. Aber eines stand für die Jury im Vordergrund: Die Freude zu sehen, wie sich junge Menschen für etwas begeistern lassen. Und dass es sich lohnt, sich zu erinnern, nicht zu vergessen.   

Ein Anerkennungspreis ging an die International School Mainfranken. 
Foto: Josef Lamber | Ein Anerkennungspreis ging an die International School Mainfranken. 
 
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  • E. B.
    Zu Margarete Kallmann: "... Vater war Jude, ..... verlor sie deswegen ihre Arbeit.
    Ich halte es aber für sehr wichtig, zu wissen, wer Margarete Kallmann dann Arbeit gab: Nämlich "Papa Schäfer", also Georg Schäfer, der sonst für seine Tätigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus schwer angegangen wird. Gerade von der Initiative, die den Preis auslobt.
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