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SCHWEINFURT
Auf den Spuren außergewöhnlicher Frauen
Vor dem Theater als einer Station ihrer Führung „auf weiblichen Spuren durch Schweinfurt” stellte Claudia Helldörfer das Leben von Schauspielerin Nuscha Schönau vor.
Foto: Charlotte Wahler | Vor dem Theater als einer Station ihrer Führung „auf weiblichen Spuren durch Schweinfurt” stellte Claudia Helldörfer das Leben von Schauspielerin Nuscha Schönau vor.
Charlotte Wahler
 |  aktualisiert: 23.03.2018 02:42 Uhr

Aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen stammen die acht Schweinfurter Frauen, die Gästeführerin Claudia Helldörfer bei ihrer Führung durch die Stadt vorstellte. Rund 20 Interessierte waren zusammengekommen, um den Spuren weiblicher Lebenszusammenhänge zu folgen, die oft einen umfassenden Blick auf komplexe historische Momente ermöglichen.

Direkt am Rathaus befindet sich eine Tür, die für Anna Markert eine schicksalhafte Rolle gespielt hat. Sie führt nämlich hinab in die Folterkammern der Stadt und dort wurde die Frau im Jahr 1616 als Hexe gefoltert. Sie starb unter grausamen Bedingungen in den Kerkern der Stadtknechte. „Es konnte jede treffen“, erklärte Helldörfer die historische Situation für Frauen. Anna Markert soll selbstbewusst und störrisch gewesen sein und außerdem starben ihr zwei Ehemänner. Als auch noch die Kühe des Nachbarn erkrankten, nahm der Irrsinn dieser Zeit ihren Lauf.

Die Hexenverfolgungen seien keine Auswüchse des sogenannten dunklen Mittelalters gewesen, sondern hätten den Beginn der Neuzeit markiert, so Markert. Sie gingen damit einher, dass das reiche jahrhundertealte Wissen der Frauen in den männlich dominierten Raum der beginnenden Wissenschaften „integriert“ wurde. 22 Hexenprozesse habe es in Schweinfurt gegeben, sechs davon wurden zum Tode verurteilt, so Helldörfer.

Einmal über die Straße – ins 18. Jahrhundert

Nur einmal über die Straße wechselte die Gruppe in das 18. Jahrhundert. Am Geburtshaus des Friedrich Rückert schilderte Helldörfer das Leben von Sabina Barbara Stoer, die ein faszinierendes Leben führte. Hineingeboren in eine Patrizierfamilie nahm sie sich größere Freiheiten, als sie einer Frau ihrer Zeit zugestanden waren. Als eigenwillige Femme fatale überlebte sie mehrere Ehemänner und sorgte sicherlich für viel Gesprächsstoff in den gehobenen Schweinfurter Kreisen, bevor sie Großmutter Rückerts wurde.

In der Brückengasse ist Olympia Morata ein Denkmal gesetzt. Die hochbegabte Italienerin aus Ferrara kam der Liebe wegen nach Schweinfurt.

Eine der klügsten Frauen ihrer Zeit

Sie sei eine der klügsten Frauen ihrer Zeit gewesen, so Helldörfer. Obwohl sie bereits im Alter von 29 Jahren starb, hinterließ sie ein bedeutsames Werk, das die humanistischen Zeitgenossen beeinflusste. Vor allem aber war sie als gebildete Frau nördlich der Alpen eine seltene Erscheinung. „In den schlimmsten Schweinfurter Jahren, zu Zeiten der Markgräflerkriege, musste sie im Jahr 1554 mit ihrem Mann aus der brennenden Stadt fliehen und fand Unterschlupf in Heidelberg. Sie starb im Jahr 1555.

Liebe auf den ersten Blick

Während im fernen Frankreich im Jahr 1789 die Französische Revolution ausbrach, wurde in Schweinfurt Katharina Geiger geboren. „Ihr Leben stelle ich besonders gerne vor, denn es scheint ein besonders glückliches gewesen zu sein“, so Helldörfer. Aufgewachsen neben ihrer Schwester Margarethe Geiger, einer bekannten Malerin, verliebte sie sich schon im Alter von 16 Jahren zielsicher und konsequent in Wilhelm Sattler, der einer der berühmtesten Industriellen der Stadt wurde. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, denn sie schrieb am gleichen Abend in ihr Tagebuch: „mein Erdenlos war damit entschieden“.

Und ein Jahr später heirateten sie und Katharina bekam 13 Kinder. Ihr zeichnerisches Talent stellte sie zurück und widmete sich erfolgreich ihrer Familie. „Sie war mit ihrem Mann das erste bürgerliche Ehepaar, das zu großem Geld und politischen Einfluss gelangte.“ Die Familie lebte auf Schloss Mainburg, heute ist leider nur noch das hochgiftige „Schweinfurter Grün“ als Sattler-Nachlass erhalten. Ein ausdrucksvolles Zeugnis jener Zeit sei das Grabmal der Familie in Mainberg, so Helldörfer und empfahl einen Besuch des dortigen Friedhofs.

Ein Gang durch die Jahrhunderte

Am Naturkundemuseum erzählte Helldörfer vom tragischen und hochdramatischen Schicksal der Zofia Malczyk, die mit 19 Jahren von den Nazis ermordet wurde. Auch das Schicksal der Gretel Baumbach, die als einfache Frau im Jahr 1946 zur ersten Stadträtin gewählt wurde, schilderte sie eindrucksvoll. Viel zu schnell verflog die Zeit, so dass gerade noch die Lebensgeschichten der Schauspielerin Nuscha Schönau und der Oberstudiendirektorin Margrete Kallmann die Führung vervollständigten. „Wir hätten noch viel mehr faszinierende Frauen zur Auswahl gehabt, aber der zeitliche Rahmen ist begrenzt. Wir haben eine möglichst große Zeitspanne aufnehmen wollen, damit ein Gang durch die Jahrhunderte möglich wird“, so Helldörfer. Seit dem Jahr 2011 bietet sie Führungen zu unterschiedlichen Themen durch die Stadt an. Diese können von Gruppen und Einzelpersonen gebucht werden. Und vielleicht gibt es ja irgendwann eine Führung auf weiblichen Spuren Teil zwei?

 
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