Zweimal die Woche hält die 80-jährige Ärztin Dr. Rosemarie Klingele Sprechstunde in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge, den Conn Barracks bei Geldersheim. Ehrenamtlich und freiwillig leistet die „leidenschaftliche Medizinerin“, wie sie selbst sagt, seit 2015 diesen Dienst. Weil ihre ebenfalls knapp 80-jährige Helferin jetzt altersbedingt aufgehört hat, sucht Dr. Klingele nun eine neue Unterstützung.
Ein eingespieltes Team
Mit ihrer bisherigen Begleiterin, der Krankenschwester Anneliese Alter, verstand sie sich nicht nur gut und bildete mit ihr ein eingespieltes Team. Sie hatten auch beide ihre hauptberufliche Zeit im Leopoldina-Krankenhaus verbracht. Dort war Dr. Rosemarie Klingele als Leiterin der Nuklearmedizin tätig gewesen, hatte bis 2012, also weit über ein Ruhestandsalter, gearbeitet. Mit ihrem verstorbenen Mann Dr. Herbert Klingele, war sie häufig in Entwicklungsländern im medizinischen Einsatz gewesen, in Afrika oder Mittelamerika, wie sie erzählt. „Für mich sind fremde Kulturen kein Problem.“
Weil es der 80-jährigen Ärztin nach eigenen Worten nach wie vor „sehr gut geht“ und sie dafür auch dankbar ist, will sie ihre Kräfte weiter einbringen. Allgemeinmedizin, Basismedizin leiste sie in den Conn Barracks, „keine außergewöhnlichen Dinge“, wie sie sagt. Konkret heißt das, dienstags und donnerstags ab 8 Uhr, manchmal bis 14 Uhr je etwa 30 Patienten zu betreuen. „Ich kann filtern“, erklärt sie. Kleine Fälle behandelt sie selbst, etwa Erkältungen, aber auch Verletzungen. Andere schickt sie gezielt weiter an Kollegen.
Der Weg aus der GU ist ein weiter
In ihrer dreijährigen ehrenamtlichen Arbeit in den Conn Barracks hat sie zwar eine gewisse Fluktuation der Bewohner ausgemacht. Aber sie weiß auch, dass viele Flüchtlinge, die anerkannt sind oder ein Bleiberecht haben, viel länger als gedacht in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) leben müssen, weil sie keine Wohnung auf dem freien Markt finden.
Derzeit kommen zudem vor allem junge Menschen aus Afrika, viele aus Somalia, in die GU. Es gebe Schwierigkeiten, verhehlt Dr. Klingele nicht, „weil sie von der Kultur her ganz anders sind und weil es viele Analphabeten gibt“. Wie sollen die sich in Deutschland zurechtfinden, fragt sie, wenn sie die Sprache und die Gepflogenheiten hierzulande nicht kennen? Wie sollen sich diese Menschen irgendwo einklinken? „Von Integration will ich ja noch gar nicht sprechen.“ Es sei eine große Herausforderung für die Flüchtlinge. Zudem fehle den jungen Männern der familiäre Rückhalt. Diese Menschen seien gestresst, oft auch aggressiv.
Hilfe für die Seele
Bei solchen „psychischen und depressiven Verstimmungen“ kann Dr. Klingele seit einem dreiviertel Jahr auf ein Pilotprojekt von „Ärzte ohne Grenzen“ setzen, das über das Schweinfurter Josefs-Krankenhaus psychosoziale Betreuung anbietet. Drei geschulte Personen, ein Syrer, ein Somalier und eine Afghanin, die auch im Iran und Irak lebte, können die Problematik der Flüchtlinge einordnen, können sich in der Muttersprache mit ihnen unterhalten, so dass diese sich öffnen. Angesiedelt ist dieser psychosoziale Dienst in der Schweinfurter Erstaufnahme in den Ledward Barracks, aber zweimal die Woche kommen die Helfer auch in die Conns. „Eine sehr große Hilfe“, erkennt Dr. Klingele an.
Dringend gesucht: Eine Helferin für Dr. Klingele
Sie selbst sucht über das Diakonische Werk Schweinfurt, das die Asylsozialberatung im Landkreis wahrnimmt, noch Hilfe. Jemanden, der sie bei den Sprechstunden ehrenamtlich unterstützt und ihr den Rücken frei hält, der Karteikarten führt, aber auch bei der medizinischen Behandlung Handreichungen ausführt. Ideal wäre eine Arzthelferin oder eine Krankenschwester, meint sie, aber auch jemand aus einer Verwaltung oder einem Büro könne helfen. „Wenn jemand motiviert ist, kann man die medizinischen Dinge auch beibringen“.
Vorübergehend für drei Monate hat die Ärztin Hilfe durch eine Ehrenamtliche aus Niederwerrn erhalten, die bereits anderweitig über die Asylsozialarbeit der Diakonie Schweinfurt tätig war. Dr. Klingele hofft, dass sie danach mit einer, vielleicht auch zwei Begleiterinnen, die sich die Arbeit wochenweise teilen, ihren Sprechstundendienst weiterführen kann. „Solange ich von allgemeinem Wohlbefinden und geistigem Wachzustand bin“, wie sie lächelnd ergänzt.
Wer möchte helfen?
Wer gerne als Sprechstundenhilfe Dr. Klingele ehrenamtlich helfen möchte, kann sich wenden an Uwe Kraus, Leiter soziale Dienste bei der Diakonie Schweinfurt, Tel. (0 97 21) 2 08 71 02 oder E-Mail: ea@diakonie-schweinfurt.de