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Gerolzhofen
Gefahr für die Eichen im Gerolzhöfer Mahlholz: Prachtkäfer macht sich über geschwächte Bäume her
Förster Jochen Schenk steht mit dem Rücken zur Wand. Er lässt befallene Eichen fällen, um die Ausbreitung der Schädlinge einzudämmen.
Die Eichenprachtkäfer vermehren sich seit vergangenem Jahr ungewöhnlich stark und bedrohen wertvolle Eichenwälder. Betroffen ist auch das Mahlholz bei Gerolzhofen.
Foto: Stephan Thierfelder/AELF | Die Eichenprachtkäfer vermehren sich seit vergangenem Jahr ungewöhnlich stark und bedrohen wertvolle Eichenwälder. Betroffen ist auch das Mahlholz bei Gerolzhofen.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 15.03.2024 02:51 Uhr

Ausgerechnet die Eiche ist bedroht! Sie gilt im Volksmund dank ihres besonders festen Holzes als weitgehend unverwüstlich. Und, was aus Sicht von Försterinnen und Förster viel wichtiger ist: Eichen kommen mit der zunehmenden Wärme und Trockenheit bislang gut zurecht. Sie gelten als Baumart mit geringem Klimarisiko und guter Prognose. Dennoch bereiten sie dem Gerolzhöfer Stadtförster Jochen Schenk derzeit große Sorgen und bescheren ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel Arbeit.

Der Grund hierfür ist von Kopf bis Rumpfende rund einen Zentimeter lang, krabbelt auf sechs Beinen und kann fatalerweise auch fliegen und größere Strecken zurücklegen. Der Name des Käfers täuscht aus Sicht der Forstleute gewaltig. Denn "prächtig" finden sie den Zweipunkteichenprachtkäfer ganz bestimmt nicht – so hübsch das metallisch grün glänzende Insekt mit den beiden weißen Haarflecken auch aussehen mag.

Der Käfer ist für Förster nichts Neues. Er kommt traditionell in hiesigen Wäldern vor. Ähnlich wie Fichtenborkenkäfer fressen sich dessen Larven zwischen Rinde und Holz in der Bastschicht von Eichen voran. Gesunden, vitalen Bäumen kann er wenig anhaben. Geschwächte Eichen ohne ausreichend Abwehrkräfte kann der Prachtkäfer jedoch erfolgreich besiedeln und als sogenannter Sekundärschädling zum Absterben bringen.

Auch Eichen leiden unter Dauerstress

Und genau hier liegt das Problem für die Eichen im Gerolzhöfer Mahlholz. Denn wie in weiteren Waldgebieten im Landkreis Schweinfurt, vor allem im Westen und am Steigerwaldanstieg im Süden, sind seit Jahren Eichen gestresst. An heißen Südrändern und auf tonigen Böden haben es Eichen ohnehin schwerer als an besser geeigneten Standorten. Im Mahlholz gibt es auch überwiegend alte, wenig vitale Wurzelstöcke aufgrund der Jahrhunderte lang praktizierten Stockausschlagwirtschaft im Niederwald. Dabei schlug man die Triebe der Bäume immer wieder bis auf einen kurzen Baumstumpf zurück. Die zurückliegende Reihe an Trockensommern hat die Bäume zusätzlich geschwächt.

Der Blick auf den Stumpf einer gefällten Eiche im Mahlholz zeigt Schäden im Innern des Baumstamms. Solche Schäden schwächen Bäume und machen sie anfällig für Schädlinge.
Foto: René Ruprecht | Der Blick auf den Stumpf einer gefällten Eiche im Mahlholz zeigt Schäden im Innern des Baumstamms. Solche Schäden schwächen Bäume und machen sie anfällig für Schädlinge.

Dies dürften laut Stephan Thierfelder, dem Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt, wichtige Gründe dafür sein, dass im vergangenen Jahr in den genannten Regionen des Landkreises ungewöhnlich viele Eichen festgestellt wurden, die von Prachtkäfern befallen sind. "Diese Dimension ist für uns neu", sagt Thierfelder. Zuvor ging es um einzelne betroffene Bäume. Jetzt müsse man von einem flächendeckenden Befall ausgehen.

Zeitfressende Suche nach Schädlingsbefall

Im Mahlholz sind die Eichen zumindest am Waldrand quasi flächendeckend von Prachtkäfern besiedelt sind. Im Waldinnern ist der Befall schwächer. In diesem Teil des Gerolzhöfer Stadtwalds, wie in anderen Abteilungen seines Zuständigkeitsbereichs, hat Förster Schenk seit Sommer 2023 "vor allem Eichen angeschaut". So beschreibt er die zeitfressende Suche. Denn auf den ersten Blick oder gar aus der Ferne sind Eichen, die vom Prachtkäfer befallen sind, kaum auszumachen. Jede Eiche muss einzeln fachmännisch begutachtet werden.

Hinweise darauf, dass Prachtkäfer unter der Baumrinde hausen, sind etwa die wenige Millimeter großen, charakteristisch geformten Ausbohrlöcher in der Rinde. Auch das ausgetretene Bohrmehl zeigt, wie stark eine Eiche befallen ist, ebenso ein Blick in die Krone. Je aufgelöster die Baumkrone ist, desto mehr ist der Baum geschädigt, erklärt Thierfelder.

Sicherheitsabstand zum Waldrand

Die befallenen Bäume erhielten ein aufgesprühtes "X" auf dem Stamm. Diese müssen jetzt zügig gefällt, aus dem Wald gebracht und mit einem Sicherheitsabstand von 500 Metern oder mehr außerhalb des Waldes gelagert werden. Alternativ können die Stämme im Wald komplett entrindet werden und dort bleiben; die Rinde und die Baumkronen müssen mitsamt den Käferlarven darin komplett aus dem Wald entfernt werden.

Das aufgesprühte 'X' zeigt an, dass diese Eiche von Prachtkäfern befallen ist und gefällt werden muss. Die offene Rinde gibt den Blick frei auf die Spuren des Schädlingsbefalls.
Foto: René Ruprecht | Das aufgesprühte "X" zeigt an, dass diese Eiche von Prachtkäfern befallen ist und gefällt werden muss. Die offene Rinde gibt den Blick frei auf die Spuren des Schädlingsbefalls.

Die Zeit drängt deshalb, weil die befallenen Bäume vor Frühjahrsbeginn gefällt und entfernt werden müssen. Andernfalls würden die Larven sich so weit entwickeln, dass sie in den Wäldern ausschwärmen und weitere Bäume befallen. Im Mahlholz, schätzt Schenk, müssen in Kürze 300 Festmeter Eichenholz entnommen werden. Hierzu wird es auch nötig sein, Wald- und Wanderwege kurzzeitig zu sperren.

Thierfelder ist klar: "Wir dürfen beim Fällen nicht über das Ziel hinausschießen." Wo immer möglich, müsse Totholz auch im Wald bleiben. Doch eine wirksame Alternative zum Fällen gebe es aus heutiger Sicht nicht. Der Einsatz chemischer Gifte oder Biozide, wie er beispielsweise beim Eichenprozessionsspinner angewandt wird, scheidet aus, sagt Thierfelder. Die Prachtkäfer seien durch die Baumrinde geschützt und würden nicht erreicht.

Specht allein löst das Problem nicht

Natürliche Fressfeinde gibt es zwar, "der Specht ist hier unser effektivster freier Mitarbeiter", sagt Schenk. Doch dieser werde das Problem allein nicht lösen, schon deshalb, weil er in den Wäldern neben Prachtkäfern ein reiches Angebot weiterer Insekten und Baumschädlinge vorfindet – auch zum Leidwesen der Forstleute.

Stephan Thierfeld (links) vom AELF und Stadtförster Jochen Schenk (rechts) begutachten im Gerolzhöfer Mahlholz einen von Eichenprachtkäfern befallenen Baum.
Foto: René Ruprecht | Stephan Thierfeld (links) vom AELF und Stadtförster Jochen Schenk (rechts) begutachten im Gerolzhöfer Mahlholz einen von Eichenprachtkäfern befallenen Baum.

In der Vergangenheit hatte es durchaus Erfolg, vom Prachtkäfer befallene Bäume zu fällen, um die Ausbreitung einzudämmen und andere, nicht betroffene Eichen zu schützen. Doch noch nie waren es so viele Bäume, sagt Thierfelder und fragt sich, ob bisher probate Mittel auch jetzt noch helfen können. Das laufende Jahr werde es zeigen.

Wälder verlieren ihre Juwelen

Schenk beschreibt den Schmerz, den er als Förster verspürt, wenn es darum geht, die Säge an eine noch nicht einmal ausgewachsene Eiche anzusetzen. Eichen zählten nicht nur zu den Zukunftsbäumen in hiesigen Wäldern. "Das waren auch immer schon die gehegten Juwelen in jedem Forstbestand", sagt Schenk. Diese vorzeitig zu fällen, das missfalle jedem Förster.

Ziel müsse es auf jeden Fall sein, den Lebensraum Eichenwald auf Dauer zu erhalten. Denn diese Wälder zählen laut Thierfelder vom AELF zu den artenreichsten Lebensräumen Deutschlands. Dies trifft auch auf die Eichen im Mahlholz und die dortigen Natura-2000-Flächen zu, die besonders zu schützen sind.

Durch die lichten Kronen geschädigter Bäume gelangt mehr Licht und Wärme in den Wald. Dies begünstigt die Ausbreitung von Prachtkäfern und weiteren Baumschädlingen.
Foto: René Ruprecht | Durch die lichten Kronen geschädigter Bäume gelangt mehr Licht und Wärme in den Wald. Dies begünstigt die Ausbreitung von Prachtkäfern und weiteren Baumschädlingen.

Am Beispiel der Eichen und den Prachtkäfern lässt sich für Thierfelder exemplarisch ablesen, wie der laufende Klimawandel die heimischen Wälder belastet. Die durch Trockenheit geschädigten und absterbenden Bäume sorgen für größere Lücken im Laubdach des Waldes. So gelangt mehr Licht und Wärme hindurch, was wiederum Insekten gefällt, die sich über die geschwächten Bäume hermachen. "Hier greifen die ungünstigen Faktoren wie ein Räderwerk ineinander", stellt Thierfelder ernüchtert fest.

 
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