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Gerolzhofen/Dingolshausen
Trockenheit verursacht massive Schäden im Gerolzhöfer Bürgerwald: "Die Geschwindigkeit ist besorgniserregend!"
Immer deutlicher sind die Auswirkungen des Klimawandels im Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen zu sehen. Der Förster mahnt einen zügigen Waldumbau an.
Alarmstimmung im Gemeinsamen Bürgerwald: Bei der Waldeinsicht verdeutlichte der Gerolzhöfer Stadtförster Jochen Schenk den Mitgliedern die sich künftig noch weiter verschärfende Situation für die Bäume auch anhand von Klimamodellen.
Foto: Stefan Pfister | Alarmstimmung im Gemeinsamen Bürgerwald: Bei der Waldeinsicht verdeutlichte der Gerolzhöfer Stadtförster Jochen Schenk den Mitgliedern die sich künftig noch weiter verschärfende Situation für die Bäume auch anhand ...
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 25.05.2023 02:33 Uhr

Jochen Schenk ist besorgt. Ernsthaft besorgt. Über den Zustand des Waldes. Nicht nur im Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen, aber im speziellen hier, in seinem Revier, das der Stadtförster bestens kennt. Wo er die Schäden sieht, tagein, tagaus, die durch den Klimawandel und vor allem die Trockenheit entstehen. Was ihn dabei besonders alarmiert: "Die Geschwindigkeit, wie es abläuft, die ist besorgniserregend!"

Bei der Waldeinsicht des Zweckverbandes "Waldpflege Gemeinsamer Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen" führte er die Mitglieder an mehrere Hotspots des rund 800 Hektar großen Gebietes. Besonders hart getroffen hat es die Buche. Man komme mit dem Herausnehmen von kranken Bäumen kaum mehr hinterher. Im Abschnitt Binsenroth, zwischen Waldesruh und Sudrach, ist seinen Angaben zufolge nahezu keine Buche mehr gesund. "Ich gehe davon aus, dass hier 100 Prozent der Buchen geschädigt sind", so Schenk. Massive Probleme gebe es bei der Rotbuche.

Erhebliche Buchenschäden an einem eigentlich idealen Standort

Wie zum Beweis deutet er himmelwärts: In den Buchenkronen ist von einem Blätterdach kaum eine Spur zu erkennen. Nur in den unteren Bereichen wird es grüner. Der Grund: "Alles Trockenschäden." Und im Gegensatz zu anderen Arten hat die Buche keine Schutzmechanismen gegen den Befall von Schädlingen.

Dort oben sind die Schäden deutlich zu erkennen: Stadtförster Jochen Schenk (rechts) zeigt  den Mitgliedern des Zweckverbandes Gemeinsamer Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen die erheblichen Schäden in den Baumkronen von Buchen im Bürgerwald-Abschnitt Binsenroth.
Foto: Stefan Pfister | Dort oben sind die Schäden deutlich zu erkennen: Stadtförster Jochen Schenk (rechts) zeigt  den Mitgliedern des Zweckverbandes Gemeinsamer Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen die erheblichen Schäden in den ...

Der Förster ist überzeugt, dass die Rotbuche ihre Dominanz verlieren wird. Nachdenklich stimmt den Waldexperten, dass Kronenschäden sogar an nordseitigen, dunkleren, feuchteren Stellen auftreten. "Der Bürgerwald sitzt auf der Schattenseite des Lebens. Aber wir haben hier einen massiven Schaden auf einem idealen Standort zu verzeichnen", so Jochen Schenk. Er fragt sich, woran das liegt und wo Buchen dann überhaupt noch funktionieren. Eine konkrete Antwort darauf hat er nicht parat.

Das war aber noch nicht die schlimmste Nachricht, die er überbringt. Schenk zeigt Grafiken mit verschiedenen Klimamodellen. Sein knapper Kommentar: "Schon seit dem Jahr 2000 verlassen wir das Best-Case-Klimaszenario, und das spüren wir hier im Wald jeden Tag!"

Sogar Douglasien bekommen zusehends Probleme. Nur einige Gehminuten entfernt zeigt der Förster wieder nach oben. Die Spitze einer Douglasie: nur noch braun, kein Grün mehr zu sehen. Die Baumart ist nicht heimisch, sie wurde im Bürgerwald angepflanzt, weil sie der Fichte überlegen ist und lange nicht anfällig für den Borkenkäfer war. Doch das hat sich geändert. "Den Befall gibt es jetzt. Und wir wissen noch nicht, wie resistent sie über eine längere Zeit ist", erklärt Schenk.

Selbst Douglasien bekommen jetzt Probleme: Das Bild zeigt die Aufnahme einer komplett geschädigten  Krone dieser Baumart im Bürgerwald-Bereich Binsenroth.
Foto: Stefan Pfister | Selbst Douglasien bekommen jetzt Probleme: Das Bild zeigt die Aufnahme einer komplett geschädigten  Krone dieser Baumart im Bürgerwald-Bereich Binsenroth.

Zukunftsfähiger Wald mit bis zu 20 verschiedenen Baumarten

Deshalb drängt er auf einen zügigen Waldumbau, der bereits erfolgt. Waldflächen werden mit klimaresistenteren Arten aufgeforstet. Im Vorjahr pflanzte die Mittelschule Speierlinge, Wildbirne, Waldwalnuss und Edelkastanie im Hochwald-Bereich Steinernes Kreuz an. Der Besuch zeigt: Die Setzlinge haben sich gut entwickelt, trotz des heißen Sommers. Weitere Arten sind hinzugekommen, wie Vogelbeere, Weide und Birke. Für wichtig erachtet Schenk, dass die Pflanzen mit Abstand gepflanzt werden. "Licht, Luft und freistehen", lautet eine Erfolgsformel.

Die dritte Säule des Umbaus ist ein gesunder Mix. Seine Hoffnung: Später einmal einen Bestand von rund 15 bis 20 verschiedenen Baumarten zu haben. Diese seien resistenter gegenüber Trockenheit. Dazu zählt für ihn auch die Eiche. Sie ist nach seiner Meinung noch weitgehend vital und muss das Grundgerüst für den Waldumbau sein.

Sechs von zehn gefällten Bäumen waren Buchen

Die Mischung soll nicht nur über Neupflanzungen, sondern zu einem gewissen Teil auch über den Einschlag erreicht werden. Er ist gegen ein Verbot, stattdessen müsse "das Richtige" entnommen werden. Also darüber den Bestand von problematischen Arten wie Buchen oder Fichten reduzieren.

Jochen Schenk zeigt eine junge Hainbuche, die er zur besseren Sichtbarkeit farblich markiert hat: Rot zeigt das Wachstum vor der Jagdumstellung, grün ist der Abschnitt seitdem die Abschussquote 2022 erhöht wurde.
Foto: Stefan Pfister | Jochen Schenk zeigt eine junge Hainbuche, die er zur besseren Sichtbarkeit farblich markiert hat: Rot zeigt das Wachstum vor der Jagdumstellung, grün ist der Abschnitt seitdem die Abschussquote 2022 erhöht wurde.

Seit dem Winter wurden knapp 1000 Festmeter (Fm) Holz eingeschlagen, davon rund 600 Fm nur Rotbuche. Kiefer (180 Fm) und Fichte (128 Fm) folgen mit weitem Abstand auf den Plätzen. Bis zum Sommer rechnet Jochen Schenk mit rund 2000 Fm Gesamteinschlag im Bürgerwald. Die Nachfrage nach Brennholz sei sehr hoch gewesen, vor allem von Privatleuten. Sofern forstwirtschaftlich vertretbar, werde man versuchen, eine weiter steigende Nachfrage zu bedienen. "Sollte es aber zu einem Ungleichgewicht kommen, müssten wir wohl kontingentieren", so Schenk. Er erwartet einen um über 20 Prozent höheren Ertrag gegenüber dem Vorjahr.

Nicht nur vom Klima droht Gefahr. Auch Verbiss-Schäden durch Rehwild bereiten den Förstern schon lange Probleme. Wenigstens dazu kann Schenk eine erfreuliche Nachricht verkünden: Im Gebiet Untere Salzlecke haben sich die jungen Bäumchen prächtig entwickelt, seitdem der Abschussplan erhöht wurde. Zum Beweis zeigt er unter anderem eine Hainbuche, die er zur besseren Sichtbarkeit mit roter und grüner Farbe bestrichen hat. Jede Farbe verdeutlicht das Wachstum vor und nach der Maßnahme: Beide sind ungefähr gleich groß, nur dass das Rot für zehn Jahre Wachstum steht und Grün für zwei Jahre.

 
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