
Gut ein Dutzend Personen standen kürzlich an einem Donnerstagabend vor dem Gebäude in der Brückenstraße in der Schweinfurter Innenstadt, in dem die Ausländerbehörde der Stadt Schweinfurt ihren Sitz hat. "Noah bleibt!", stand auf einem großen Banner, das an einem Fenster der Behörde angebracht war. Die jungen Leute waren gekommen, um mit einer angemeldeten Kundgebung auf die Situation des Studenten Noah F. (Name von der Redaktion geändert) aufmerksam zu machen und ihm ihre Solidarität zu zeigen.
Noah F. ist ein 23 Jahre alter Student aus Kamerun, der eigentlich dieser Tage das Land hätte verlassen müssen. Der Grund dafür: eine verpasste Frist. Nach zwei Jahren Informatik-Studium im oberfränkischen Hof, wechselte er den Studiengang und zog dafür nach Schweinfurt. Hier unterlief dem Kameruner ein folgenschwerer Fehler. Er hatte es versäumt, die Ausländerbehörde innerhalb von 14 Tagen über seine Exmatrikulation und den Studiengangwechsel zu informieren.
Vier Wochen Zeit, um Deutschland zu verlassen
Als er sich verspätet bei der Ausländerbehörde Schweinfurt ummelden wollte, wurde ihm die Aufenthaltserlaubnis entzogen. Er hatte vier Wochen Zeit, Deutschland zu verlassen. So schildern es Noahs Unterstützer. "Er hat einen bürokratischen Fehler begangen", sagte dazu Jason Hascher, ein Freund Noahs, auf der Kundgebung. "Aber haben wir nicht schon alle einmal eine Deadline verpasst?" Er und seine Mitstreiter kritisieren, dass im oft unübersichtlichen Dickicht der deutschen Bürokratie in solchen Fällen nicht einmal eine Vorwarnung komme oder Möglichkeit bestünde, den Fehler zu korrigieren.
Letzteres versucht der Student nun mit anwaltlicher Hilfe. Durch die Einreichung einer Klage gegen den Beschluss der Ausländerbehörde wurde Noah F. seine Aufenthaltsbescheinigung vorläufig wieder ausgestellt. Aktuell studiert er weiter an der FHWS in Schweinfurt. Die Behörden sollen ihm nahegelegt haben, nach Kamerun auszureisen, sich von dort neu an der Hochschule zu immatrikulieren und auf dem deutschen Konsulat ein neues Visum zu beantrage. "Komplett absurd", sagt Hascher dazu.
Stadt Schweinfurt fühlt sich zu Unrecht beschuldigt
Die Stadt Schweinfurt äußerte sich auf Nachfrage dieser Redaktion aus "datenschutzrechtlichen Gründen" nicht im Detail zum Fall, behauptet aber, dass "Versäumnisse des Einzelnen in diesem Zusammenhang oft nachträglich den Ausländerbehörden vorgeworfen werden". Die Stadt sieht den "schwarzen Peter" also zu Unrecht auf ihrer Seite – auch, weil angeblich eine andere Ausländerbehörde die Entscheidung im Fall Noah fällte. "Hier lassen sich leicht Emotionen auch in der Öffentlichkeit wecken, weil es ja immer um Einzelschicksale geht", schreibt die Pressestelle der Stadt weiter.
Hascher dagegen berichtete während der Kundgebung von einem weiteren Fall, in dem die Ausländerbehörde Schweinfurt, involviert gewesen sein soll. Dabei ging es um einen Hochschulwechsel von Berlin nach Schweinfurt. Der ausländische Student soll die Ausländerbehörden beider Städte rechtzeitig darüber informiert haben, erhielt allerdings jeweils keine Antwort.
Als er sich in Schweinfurt dann vor Ort ummelden wollte, wurde ihm die Aufenthaltserlaubnis entzogen. "Die Aufenthaltspapiere wurden vor seinen Augen zerrissen", sagt Hascher. Ob das so wie geschildert vorfiel, ließ sich nicht nachprüfen. In Haschers Augen gehe es bei solchen Fällen nicht darum, dass die Behörden sich an Gesetze halten, sondern um "Machtausnutzung." Mithilfe eines Anwalts soll der Student dann seine Aufenthaltsbescheinigung zurückerhalten haben.
Stadt beruft sich darauf, gesetzliche Vorgaben umzusetzen
Werfen solche Fälle ein negatives Bild auf den Hochschulstandort? "Nein", meint die Stadt. "Die weit überwiegende Zahl der internationalen Studenten schafft es, die ausländerrechtlichen Vorgaben einzuhalten und ihr Studium abzuschließen." Die Verlängerung von Aufenthaltstiteln sei auch immer abhängig von einem erfolgreichen Studienverlauf.
"Es ist uns aber bewusst, dass jungen Menschen ausländerrechtlichen Anforderungen neben einem Studium in einem fremden Land durchaus als belastend empfinden können", findet die Stadt, die sich darauf beruft "gesetzliche Vorgaben" umzusetzen. "Der geregelte Aufenthalt von ausländischen Fachkräften bzw. solchen, die es werden wollen, liegt in unserer aller Interesse", schreibt die Stadt abschließend.
Und was passiert jetzt mit Noah? Seine Anwältin schätzt die Chancen, dass er über den Klageweg doch noch bleiben kann, auf 80 Prozent ein. Um die Anwaltskosten oder bei einer Klageabweisung die Ausreise nach Kamerun finanziell stemmen zu können, haben Noahs Unterstützer ein Crowdfunding im Internet gestartet. "Noah hat hart dafür gearbeitet, um dort zu sein, wo er jetzt ist", sagt sein Freund Hascher. "Er hat Freunde, Hobbys und ein Leben, das er sich selbstständig aufgebaut hat." Der Ausgang ist offen, die Bearbeitung des Verfahrens kann noch einige Monate in Anspruch nehmen.
Die Frage ist doch, muss das so sein? Gibt es keinen Ermessensspielraum? Die Stadt beruft sich auf „gesetzliche Vorgaben“ - welche genau?
Diese gesetzlichen Vorgaben betreffen ja nicht nur „Noah F.“, der das Glück hat, dass sich umtriebige Unterstützer und Freunde werbewirksam für ihn einsetzen. Was ist mit den Leuten, die solche nicht haben?
Gerade von einem jungen Studenten sollte man erwarten, dass er sich rechtzeitig.....und dafür hatte er 2 Wochen Zeit....bei der Behörde an- oder ummelden. Stelle ich einen Antrag zu spät bzw versäumen die Frist, muss ich auch mit Konsequenzen rechnen.
Komisch: eat the rich höre ich Leute wie sie nie schreien. Das wäre viel viel wichtiger als ihr Kommentar.