
Es war kein Hilfeschrei, aber ein dringender Appell: Zu Monatsbeginn startete das Landratsamt einen Aufruf nach dezentralen Unterkünften. Aufgrund der anhaltenden Zugänge von Geflüchteten hält die Behörde Ausschau nach geeigneten Objekten für die Unterbringung von Asylsuchenden. "Wir sind kontinuierlich unterwegs und schauen uns alles Mögliche und Unmögliche an", berichtete Steffen Beutert, der Leiter des Amtes für Soziales, dem Stadtrat am Montag.
Auslöser für die intensivierte Suche ist die teilweise über das Maximum von 1500 Menschen hinaus belegte Ankereinrichtung bei Geldersheim. In der Sitzung nannte Beutert zwei Hauptgründe dafür: Seit Oktober ist das Anker "Free Anlaufstelle" innerhalb Bayerns für ukrainische Flüchtlinge aus anderen Bundesländern, die ihre Aufnahmequote erfüllen. Und zudem müssen nun alle vier Wochen türkische Flüchtlinge aufgenommen werden. Die Regierung verteilt die Flüchtlinge anschließend auf alle Landkreise, was einigen schon Probleme bereitet.
Landratsamt möchte einen Plan B in der Hinterhand haben
Auch wenn der Landkreis derzeit noch zurechtkommt, lautet die große Frage, die Beutert im Stadtrat stellte: "Was machen wir, wenn das Geschehen sich so entwickelt, dass unsere Unterkünfte nicht mehr ausreichen?" Und gab sogleich die Antwort: Man brauche einen Plan B, wenn plötzlich sehr viele Flüchtlinge vor der Tür stehen. Sonst müssten im schlimmsten Fall, bei kurzfristigen Zuweisungen, wieder Turnhallen genutzt werden. Und dies möchte der Landkreis vermeiden.

Der Plan B könnte eine Notunterkunft sein. Steffen Beutert informierte darüber, dass das Landratsamt sich mehrere Objekte in der Stadt angeschaut habe. Der ehemalige Rewe-Markt an der Ecke Dreimühlenstraße/Andreas-Hippler-Straße war eine Option.
Als Favorit hat sich ein anderes Gebäude herauskristallisiert: die Stadthalle. Der große Saal ist aufgrund von Brandschutzmängeln seit September 2017 gesperrt und darf seitdem nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden.
Stadthalle grundsätzlich für Unterbringung geeignet
Die Halle sei grundsätzlich als Notunterkunft geeignet. Etwa 70 bis 80 Menschen könnten in den Räumen eine Bleibe finden. Der Amtsleiter betonte, dass es nur eine "Übergangslösung" sein soll, bis die Flüchtlinge auf dezentrale Unterkünfte weiterverteilt werden.

Um die Stadthalle als Notunterkunft nutzen zu können, wären ihm zufolge nur Kleinigkeiten zu ertüchtigen. Als Lösung für die nicht ausreichende Zahl an Toiletten und Duschen nannte er Sanitär-Container, die an der Stadthalle aufgestellt werden könnten. Auch ein freies Grundstück nördlich der Halle in der Straße Am TV-Platz wäre als Standort denkbar. Für die Verpflegung könnte ein Caterer die Küche sowie Räume der ehemaligen Gastronomie nutzen. Laut Beutert würde auch ein Sicherheitsdienst vor Ort sein.

Beschluss zur Notunterkunft soll erst im Dezember folgen
Ein Beschluss war nicht vorgesehen, dieser soll im Dezember folgen. Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) wünschte sich zunächst eine "öffentliche, faire und hemmungsfreie" Diskussion. Dabei zeigten sich die mehrere Stadträte grundsätzlich offen für eine zeitlich befristete Notunterkunft.
Günter Iff von den Freien Wählern befürwortet eine solche Einrichtung, weil damit die Turnhallen weiter für den Sport genutzt werden könnten. Auch Thomas Vizl (Geo-net) sprach sich dafür aus, die Stadthalle dem Landkreis zur Verfügung zu stellen.
Finster wundert sich über das Verhalten des Landkreises
Die SPD-Fraktion ist noch zu keiner Entscheidung gelangt. "Wir können noch nicht ja oder nein sagen", erklärte Erich Servatius. Verwundert zeigte sich Norbert Finster (SPD) darüber, dass der Landkreis sich restriktiv verhalte hinsichtlich einer Nutzung der Stadthalle für Veranstaltungen, sie aber nun als Notunterkunft ausgesucht habe. "Dass mit nur kleinen Änderungen 70 bis 80 Personen auf engstem Raum untergebracht werden können, das klingt für mich nach einem Widerspruch", so Finster. Auch Thomas Vizl und Arnulf Koch (CSU) sprachen diesen Punkt an.

Der Sozialamtsleiter konnte hierauf keine Antwort liefern. Bürgermeister Wozniak vermutete, dass womöglich die größere Anzahl von Menschen bei Veranstaltungen sowie der Alkoholausschank eine Rolle spielen könnten. Thomas Vizl nannte die Security bei einer Notunterkunft-Nutzung.
Die CSU-Fraktion wünscht sich einen anderen Standort für die Notunterkunft, der weiter weg von einer Wohnbebauung und näher an Einkaufsmöglichkeiten liegt. Den früheren Rewe-Markt hielt Arnulf Koch für die interessantere Immobilie, auch wegen seiner Nähe zur Polizei.
Seine Fraktionskollegin Ingrid Feil wollte wissen, welche Gründe gegen dieses Gebäude sprächen. Beutert nannte die fehlenden Sanitäranlagen, veraltete Elektrik und weitere "umfangreiche Ertüchtigungen".