
Stolz steht Arthur Arnold in der neuen Kirche St. Michael. Der ehemalige Bürgermeister von Euerbach im Landkreis Schweinfurt werkelt an einer hölzernen Krippe herum. Mit Herzblut richtet er seine Lieblingskirche für die Weihnachtszeit her. "In die alte, da hätte die Krippe gar nicht reingepasst", sagt Arnold.
Die andere, die "alte" Kirche von Euerbach steht etwa 50 Meter Luftlinie entfernt. Jahrzehntelang finanzierte das Bistum Würzburg beide Gotteshäuser im 3000-Einwohner-Ort. Doch nun ist eine Entscheidung fällig – nur eine von beiden kann Euerbachs nächste Hauptkirche werden.

Arnold führt durch die neue Kirche. Vor Jahrzehnten hat er selbst an ihr mitgearbeitet und die Wände abgeschliffen. 1970 wurde St. Michael fertiggestellt, damals gebaut, weil die Kirchengemeinden überall wuchsen und die alte Barockkirche dem Ort zu klein wurde.
St. Michael ist ein beeindruckendes Bauwerk: hohe, zirkuszeltartige Decken mit Holzvertäfelung, große bunte Glasfenster und in der Mitte der Altar, um den die Kirchenbänke in Hufeisenform liegen. "Der Priester tritt aus der Mitte der Gemeinde an den Altar", sagt der frühere Bürgermeister. Er mag das lieber als den frontalen Aufbau klassischer Kirchen. Nicht alle in Euerbach teilen seine Meinung.
Kategorisierung des Bistums Würzburg: Euerbach muss sich für eine Hauptkirche entscheiden
Doch für eine der beiden katholischen Kirchen im Ort gibt es bald kein Geld mehr. Nach dem Plan der Diözese Würzburg wird sie zu einer E-Kirche.
Die Kategorisierung der Kirchengebäude ist eine Maßnahme des Bistums Würzburg, um seine Immobilien besser zu nutzen und um Geld zu sparen. Eine Arbeitsgruppe um Jürgen Emmert, Leiter der Kunstabteilung des Bistums, hat die mehr als 2000 Kirchengebäude gesichtet und bewertet. Dazu gehören etwa 800 Kirchengebäude, gut 600 Pfarrhäuser und 300 Gemeindezentren.
Künftig gibt es fünf Kategorien, von A bis E. Ziel ist es, mindestens ein Gotteshaus pro Gemeinde zu erhalten, gemäß dem Motto "Die Kirche bleibt im Dorf". Die 82 Kirchen, die in Kategorie E fallen, werden nur noch geringe Zuschüsse erhalten - für die Verkehrssicherheit des Baus. Sie sollen mittelfristig profaniert und anderweitig genutzt werden. Die E-Kirchen sind sogenannte Zweitkirchen, die es in den Augen des Bistums nicht mehr unbedingt braucht.


Die alte Kirche oder die neue? Barock oder modern? Vor dieser Frage stehen nun die etwa 3000 Euerbacherinnen und Euerbacher. Jetzt, im Januar, wird ein zweitägiges Seminar stattfinden, bei dem die Dorfbevölkerung die Kirchenfrage diskutieren und Argumente austauschen kann. Arthur Arnold hat in der Gemeinde einiges zu sagen. Er ist Vorsitzender des Freundes- und Förderkreises der DPSG Euerbach, der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, der sich für Kirchenbelange einsetzt. Doch es gibt Gegenwind.
Pfarrer Markus Grzibek, zuständig für die Pfarreiengemeinschaft St. Martin
im Oberen Werntal und damit verantwortlich für Euerbach, antwortet auf die Frage zur Stimmung in der Gemeinde und bei der Kirchen-Frage: "Es gibt diesbezüglich keine Spannungen."
Wegen der niedrigeren Energiekosten nutze er selbst, gerade im Winter, lieber die alte Kirche für Gottesdienste, sagt der Pfarrer. Die neue Kirche wird mit Gas beheizt: "Dieser Energieträger hat für ein Gebäude wie dieses wohl keine Zukunft, da der Verbrauch aufgrund der Umluftheizung enorm ist und auch die CO2-Abgabe immer weiter steigen wird", sagt Grzibek.
"Wegweisender Kirchenbau": Arthur Arnold rief den Denkmalschutz auf den Plan
Ist die Nutzung der neuen Kirche also nicht zukunftsfähig? Das Landesamt für Denkmalpflege zählt sie inzwischen zu den sogenannten wegweisenden Kirchenbauten. Dass die neue Kirche seit Mai 2023 Denkmalschutz genießt, ist nicht zuletzt Arthur Arnold und seinem Pfadfinder-Freundeskreis zu verdanken: "Als wir gehört haben, dass die neue Kirche zur Disposition steht, haben wir angeregt, sie unter Denkmalschutz zu stellen", sagt Arnold.
Jetzt hat Euerbach zwei denkmalgeschützte katholische Kirchen, das erschwert eine mögliche Umgestaltung. Gemeindepfarrer Markus Grzibek ist deshalb auch weniger begeistert. Die Kirchenstiftung werde eingeschränkt, man müsse sich nun langfristig ein sinnvolles Nutzungskonzept für die neue Kirche überlegen.
Wie profanierte Kirchen anderswo genutzt werden
Innovative Nutzungskonzepte gibt es im Bistum Würzburg noch nicht wirklich. Dafür sollen Katholiken und Protestanten zunehmend gemeinsame Kirchen nutzen wie in Thüngen in Main-Spessart. In der evangelischen Kirche hat die katholische Gemeinde bald Gastrecht, geregelt durch einen Nutzungsvertrag. Auch gibt es Bestrebungen, Kirchen für Veranstaltungen zu vermieten, zum Beispiel in Aschaffenburg.
Anderswo sind Bistümer experimentierfreudiger: Da gibt es die Kletterkirche in Mönchengladbach, die Soccer-Kirche zum Fußballspielen bei Münster oder der Club "Waschbar" in der ehemaligen Kirche St. Peter und Paul in Regensburg. Mancherorts entstanden Kitas und Wohngebäude in profanierten Kirchengebäuden.

Für Arthur Arnold ist wichtig, dass auch bei einer möglichen Profanierung respektiert wird, dass in diesem Raum einst getauft, geheiratet und beerdigt wurde. Eine Tanzbar zum Beispiel kann er sich nicht vorstellen.
Euerbacherin Elfie Seitz hängt an der alten Kirche - aber da ist einfach zu wenig Platz
Bei aller Unklarheit über die Zukunft, wie ist die Stimmung im Dorf? Nachfrage bei jemandem, der St. Michael seit mehr als 70 Jahren kennt. Elfie Seitz läuft über den Friedhofsweg am westlichsten Dorfzipfel. Auch wenn sie katholisch ist, ist ihr Ziel heute die evangelische Kirche. Dort findet der Seniorennachmittag statt.
"Für mich ist Kirche ganz wichtig", sagt Elfie Seitz. Sie ist waschechte Euerbacherin, wohnt seit 1950 im Ort und hat die Entstehung der neuen Kirche in den 1970er Jahren miterlebt. Mit der alten Barockkirche verbindet sie viel, dort hat sie 1961 geheiratet.
Für welche Kirche würde sie sich entscheiden? "Für die Neue", sagt Elfie Seitz. "Auch wenn man doch auch an der alten hängt." Die alte biete einfach zu wenig Platz, gerade bei größeren Festen wie der Kommunion. Pfarrer Markus Grzibek sieht das anders: Die alte Barock-Kirche sei vom Platzbedarf "völlig ausreichend".
Jüngere im Ort schätzen das klassische Ambiente der alten Kirche
Seitz hat die Diskussion um die Kirchen-Entscheidung von Anfang an mitverfolgt. Nach der Versammlung in der Gemeinde zu dem Thema habe sie das Gefühl gehabt, dass da mehr Leute für den Erhalt der neuen Kirche waren. Doch einigen konnten sich die Euerbacherinnen und Euerbacher nicht.
Hört man sich im Ort um, wird deutlich: Viele der jüngeren Menschen befürworten eher die Barockkirche als Hauptkirche, gerade für Hochzeiten – wegen ihres klassischen Aussehens. Die älteren sind wohl mehrheitlich eher für die Weiternutzung der neuen Kirche.
Arthur Arnold sagt klar, dass er sich im Zweifel für die Weiternutzung der neuen Kirche ausspricht, trotz der ineffizienten Energieversorgung. Er sagt jedoch auch: "Ich meine, es sollte nicht ein Entweder-oder sein, sondern ein Sowohl-als-auch." Mit seinem Verein hat er bis vor Weihnachten mehr als 100 Unterschriften gesammelt, die sich für den Erhalt des Status quo aussprechen.

So sollen in beiden Kirchen weiterhin christliche Veranstaltungen stattfinden. Woher dann das Geld kommen soll? Das weiß Arnold auch noch nicht - "aber wenn wir uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, haben wir immer Lösungen gefunden".
Bis Sommer 2025 hat Euerbach noch Zeit, sich zu entscheiden. Bis dahin setzt das Bistum Würzburg seine Förderung aus - für beide Kirchen.
Das neue Gebäude könnte wohl eher einer weltlichen Nutzung zugeführt werden als die alte Kirche. Ich nenne das einen Bärendienst an der Gemeinschaft.
Wer das erhalten will, möge den Geldbeutel aufmachen. Aber nicht die öffentliche Hand, wir zahlen genug für die obere Etage der Kirche und das muss auch endlich mal geändert werden.
das klingt ja absolut demokratisch Herr Hofmann(???)
Da gibt es öffentliche Zuschüsse - und zwar für JEDEN, der einen Antrag stellt! Wenn Kirche und Staat - wie Sie das nennen - strikt zu trennen sind, dann müssen Anträge auf Denkmalpflege-Zuschüsse auch von Kirchen genauso behandelt werden wie von jedem anderen Antragsteller auch.
Dann darf es keine bevorzugte Förderung geben - aber genausowenig eine Benachteiligung anderen Antragstellern gegenüber!
Und ob einem jetzt die Inhalte gefallen oder nicht, darf dabei keine Rolle spielen! (Ich kann beispielsweise mit Studentenverbindungen inhaltlich nichts anfangen - aber wenn eine solche Verbindung ihr Verbindungshaus renovieren möchte und das unter Denkmalschutz steht, darf meine Einstellung zur Institution bei der Bezuschussung keine Rolle spielen)!
E-Kirchen gibt es eine Handvoll - und im Normalfall ist das immer eine Zweitkirche!