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Euerbach
Welche Kirche soll langfristig Kirche bleiben? Warum nur Euerbach vor dieser schwierigen Entscheidung steht
Die katholische Pfarrgemeinde Euerbach muss sich zwischen barocker Kirche und modernem Gotteshaus entscheiden. Nur ein Gebäude erhält noch Zuschüsse der Diözese.
Zwischen ihren zwei katholische Kirchen, links der kleinen Balthasar-Neumann-Kirche, rechts dem modernen Gotteshaus, muss sich die katholische Pfarrgemeinde Euerbach entscheiden.
Foto: Silvia Eidel | Zwischen ihren zwei katholische Kirchen, links der kleinen Balthasar-Neumann-Kirche, rechts dem modernen Gotteshaus, muss sich die katholische Pfarrgemeinde Euerbach entscheiden.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 11.02.2024 03:48 Uhr

Nur eine Kirche im Dorf kann künftig Zuschüsse von der Diözese Würzburg erwarten. Das ist das Dilemma, in dem die katholische Pfarrgemeinde Euerbach steckt. Denn sie besitzt als einzige im Pastoralen Raum Schweinfurt-Nord gleich zwei denkmalgeschützte Gotteshäuser: Eine kleine barocke Balthasar-Neumann-Kirche und eine moderne große Zeltdachkirche.

Die Diözese erwartet in Kürze eine Entscheidung, über die jetzt bei einem Infoabend diskutiert wurde. Mit teils deutlicher Kritik am Bistum und seinen Vertretern. Keinen leichten Stand hatten Dr. Jürgen Emmert, Leiter des diözesanen Projekts zur Kategorisierung der Kirchenimmobilien, und Monika Albert, Leiterin der Pastoralen Entwicklung. Sie vertraten im mit 70 Personen gut gefüllten katholischen Pfarrheim die Linie des Bistums, das für Gebäude künftig weniger Geld ausgibt.

Verteilt werden soll dieses bei den etwa 800 Kirchen, davon 95 Prozent unter Denkmalschutz, nach einheitlichen Kriterien. Weshalb die Gebäude eingestuft werden von A bis E, von überörtlich bedeutsam bis Zweitkirche. Die klassische Dorfkirche ist Kategorie C, sie erhält 50 Prozent Förderung für eine Instandhaltung.

Beide Euerbacher Kirchen stehen unter Denkmalschutz

Eine E-Kirche bekommt nur noch Zuschüsse für die Verkehrssicherheit. Weshalb sie langfristig anders genutzt werden soll. "Das heißt nicht Abriss", unterstrich Emmert. Die Diözese biete dazu Beratung an, so Albert. In der aktuellen Planung ist die neue Kirche Euerbach vorläufig der C-Kategorie zugeteilt, die alte der E-Kategorie. Dies kann noch getauscht werden.

Die kleine barocke Kirche nach Plänen Balthasar Neumanns von 1742 wurde einst als Schlosskirche der Familie von Münster in Euerbach gebaut.
Foto: Silvia Eidel | Die kleine barocke Kirche nach Plänen Balthasar Neumanns von 1742 wurde einst als Schlosskirche der Familie von Münster in Euerbach gebaut.

Emmert beschrieb die Balthasar-Neumann-Kirche als barockes Juwel, zentriert auf den Hochaltar. Die neue Kirche von 1970 drücke eine demokratischere Haltung aus. Beide stehen unter Denkmalschutz; wobei der Eigentümer – soweit zumutbar – verpflichtet ist, das Gebäude instand zu halten. Die Nutzung soll entsprechend des ursprünglichen Zwecks erfolgen. Die Euerbacher Pfarrgemeinde mit 700 Katholiken müsse überlegen, so Emmert, welche Kirche sie langfristig mit eigenen Mitteln und Zuschüssen finanzieren könne.

Kritik vor Ort: Mit 50 Prozent Zuschuss lässt sich gar nichts machen

Das erfuhr Widerspruch: Jahrelang habe man nie etwas entscheiden können, so die frühere Pfarrgemeinderatsvorsitzende Angelika Weigand. Jetzt komme Würzburg und sage, ihr dürft entscheiden. Aber mit 50 Prozent Zuschuss könne man gar nichts ausrichten, zumal die Kirchengemeinde kein Geld habe.

Um Lösungen entwickeln zu können, plädierte Altbürgermeister Arthur Arnold, Vorsitzender des Pfadfinder-Förderkreises und Initiator der Unter-Schutz-Stellung der neuen Kirche, für den Status Quo: für die Beibehaltung der neuen Kirche als Hauptkirche und der alten als Nebenkirche. Wofür er auch 100 Unterschriften in einer Petition gesammelt hatte.

Altbürgermeister Arthur Arnold: "Wir machen Rückbau und bräuchten einen Aufbruch"

Arnold blickte zurück auf den Bau der neuen Kirche mit hohem Engagement der Eltern- und der eigenen Generation, blickte aber auch kritisch auf den aktuellen Zustand der katholischen Kirche insgesamt. "Wir machen Rückbau und bräuchten einen Aufbruch".

In Euerbach gebe es immer weniger Gottesdienste, keine hauptamtlichen Mitarbeiter, viele Ehrenamtliche hatten aufgehört. Man müsse die Menschen mehr beteiligen, forderte er. Dass Ehrenamtliche vergrault würden, machte Rainer Weigand deutlich.

Auch Bürgermeisterin Simone Seufert äußert sich gegenüber der Diözese kritisch

Für die politische Gemeinde kritisierte Bürgermeisterin Simone Seufert die schlechte Kommunikation der Diözese. Den Denkmalschutz der neuen Kirche sehe der Gemeinderat überwiegend kritisch, sagte sie, wissend, dass die Pfarrgemeinde kein Geld hat. Es gehe bei dem gesamten Areal um die Zukunft des historischen Ortskerns. "Mit 50 Prozent Förderung kommen wir nicht weiter." Sie bot ihre Mitarbeit bei einer Lösungsfindung an, die allerdings Zeit brauche.

Emmert schlug vor, die alte Kirche beim Leader-Projekt zu Balthasar Neumann zu integrieren, etwa als Dokumentationszentrum. Eine Profanierung mit Airbnb-Wohnungen, wie es in Erbshausen geschah, dürfte angesichts des Denkmalschutzes heute schwierig werden, meinte er.

Schon jetzt stehen 800.000 Euro für die Außenrenovierung der alten Kirche im Raum

Zu den anstehenden Investitionen erklärte Kirchenpfleger Reinhold Karl, dass an der alten Kirche vor dem Baumoratorium 2019 eine Kostenschätzung von 800.000 Euro für eine Außenrenovierung eingeholt worden war. An der neuen Kirche gebe es keinen akuten Sanierungsbedarf. In zehn, 20 oder 30 Jahren könnten Reparaturen am Schieferdach anfallen.

In der modernen Zeltdachkirche in Euerbach, 1970 eingeweiht, sind die Bänke der Gottesdienstbesucher um den Altar gruppiert.
Foto: Arthur Arnold | In der modernen Zeltdachkirche in Euerbach, 1970 eingeweiht, sind die Bänke der Gottesdienstbesucher um den Altar gruppiert.

Die Kostenfrage sei für ihn der entscheidende Faktor, meinte Gemeinderat Jochen Kraft. Er wollte auch die Meinung von Pfarrer Markus Grzibek hören, der sich allerdings nicht äußerte.

Vertreter der Diözese schlägt Kompromiss vor: Mehr Zeit für eine Entscheidung

Das gezeigte Engagement der Anwesenden lobte Schweinfurts Dekan Stefan Kömm, zugleich Moderator in diesem Pastoralen Raum. Er selbst sei anfangs Kritiker der Kategorisierung gewesen, sehe dies jetzt aber gelassener. Der 50 Prozent-Zuschuss sei laut Generalvikar Vorndran nur ein Richtwert, vor allem in besonderen Fällen.

Schließlich kam von Jürgen Emmert der Vorschlag, dass Euerbach zwar bis Ende Juli an die Diözese rückmelden müsse, dass es sich grundsätzlich für eine Kirche entscheide. Aber welche das sei, dafür bekomme es mehr Zeit, damit ein Konzept mit verschiedenen Beteiligten erstellt werden könne.

 
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  • G. S.
    Mit 100 Unterschriften kann man keine Kirche erhalten. Es mutet schon etwas weltfremd an, wenn man ohne gesunden Realismus mit Gewalt den Status Quo erhalten möchte und nichts ändern will, wie das Altbürgermeister Arnold tut. Wenn man von der Bühne abgetreten ist, sollte man sich heraus halten und nicht so tun, als wäre man immer noch im Amt. Mit einem Denkmal-Nachtrag Fakten zu schaffen, um dann über die Zukunft sprechen zu wollen, ist mehr als dreist. Jede Zeit hat ihre eigenen Erfordernisse. Was rum ist, kommt nicht wieder. Das muss auch Herr Arnold akzeptieren. Eigene Interessen und Wunschkonzerte sind unangemessen und gehen an der Realität vorbei. Dass bei der neuen Kirche kein Sanierungsbedarf besteht, ist geradezu lächerlich. Die Entsorgung von Asbestimitaten auf Dächern ist horrend.
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  • I. E.
    Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein ARMUTSZEUGNIS für die Dözese Würzburg, hier stur an Richtlinien festzuhalten und nicht auf besondere örtliche Situationen einzugehen! Hier sind nunmal zwei denkmalgeschützte Kirchen, die auch beide genutzt werden.
    Aber da spiegelt sich die schwarz-weiß-Mentalität der Kirche wider: Es gibt nur schwarz oder weiß - ja oder nein - und man geht am Leben der Menschen vorbei!
    Kein Wunder, dass Ehrenamtliche keine Lust mehr auf Engagement haben.
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  • S. K.
    So ein kleiner Ort wie Euerbach braucht keine zwei Kirchen !

    Wie wollen sie Leuten in kleinen Ortschaften, die nichtmal mehr Geld für eine Kirche bekommen erklären warum Euerbach zwei Kirchen finanziert bekommt !
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