Es ist ein bisschen wie beim Sandkastenspiel: Man buddelt ein Loch, um mit dem Sand eine Burg zu bauen. Dann füllt man das Loch wieder mit Matsch zu und stampft alles schön fest. So etwas Ähnliches wird in den nächsten Wochen am Ellertshäuser See passieren. Dort wird ein großes Loch gebaggert, um mit dem Sediment zwei Dämme zu bauen. Aufgefüllt wird das Loch dann mit dem Schlamm, der im Seebecken liegt.
Das "Sandkastenspiel" am Ellertshäuser See hat in dieser Woche begonnen. Am Montag sind die Bagger angerückt. Denn nach der großen Abfischaktion und dem Ablassen des Wassers im November vergangenen Jahres stehen nun die vorbereitenden Bauarbeiten für die eigentliche Sanierung des größten Stausees in Unterfranken an.
Quer durch die Ökobucht am Südufer soll zuerst einmal ein Absperrdamm zum Hauptsee gebaut werden, um im Bereich dahinter einen Rückzugsort für die aquatischen Wander-Amphibien zu schaffen. Etwa ein Hektar Seefläche wird ihnen dort zum Ablaichen zur Verfügung stehen. Bis Ende Februar muss dieser Bereich der Bucht geflutet sein, weil im März die Krötenwanderung beginnt.
"Wir liegen gut im Zeitplan", sagt Leonhard Rosentritt, der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, das für den Freistaat Bayern den Stausee betreibt und saniert. Allerdings läuft nicht alles ganz nach Plan. Punkt eins, das Wetter. Statt Frost gab es über die Wintermonate nur Regen. Die Folge: Der Schlamm liegt noch genauso wässrig im Seebecken wie vor Monaten. Punkt zwei, die Entsorgung dieses Schlamms. Der ursprüngliche Plan, ihn in der Landwirtschaft zu verwerten, funktioniert nicht. Es sind zu viel Schwermetalle drin. Laut Rosentritt sind diese geogenen Ursprungs, also auf natürliche Prozesse im Untergrund zurückzuführen.
Thema Wetter: Das ist auch weiterhin der entscheidende Faktor, weil in den nächsten Wochen große Erdbewegungen durchgeführt werden müssen. Nicht nur für den Dammbau in der Ökobucht, sondern vor allem für die Errichtung der Grundsperre, die im unteren Bereich quer durchs Becken vor dem Hauptdamm eingezogen wird, um künftige Reparaturen an den technischen Einrichtungen ohne das komplette Ablassen des Sees zu ermöglichen. Für diesen etwa sieben bis acht Meter hohen Wall müssen 23 000 Kubikmeter Sediment herangeschafft werden, für den kleineren in der Ökobucht werden 2000 Kubikmeter benötigt.
Für den Dammbau wird ein großes Loch in den See gebaggert
Entnommen wird das Material aus dem See, an einer Stelle oberhalb der Ökobucht. "Dort ist das Sediment ideal für den Dammbau", verweist Rosentritt auf entsprechende Untersuchungen. Dort wo abgebaggert wird, klafft dann ein Loch: 2,50 Meter tief und 100 mal 100 Meter groß. "Zehn Olympia-Schwimmbecken entspricht das", hat Talsperrenbeauftragter Andreas Kirchner ausgerechnet.
Das Loch muss natürlich wieder verfüllt werden, und dafür bietet sich der Schlamm an, der sonst teuer entsorgt werden müsste. Mit 50 000 Kubikmetern lagert zwar die doppelte Menge im Becken wie in das Loch passt, aber wenn man gut "stampft", sprich entwässert, könnte man alles unterbringen. Das zumindest hofft Rosentritt. Denn dann liegt man auch im Finanzplan.
Was sich so spielerisch anhört, ist schwere Arbeit. Eine Fachfirma aus den Haßbergen ist mit speziellen Baggern im Einsatz, die sich durch matschiges Gelände wühlen können. Alles soll sich im Seebecken abspielen, um die Wege und Natur außerhalb zu schonen. So wird entlang der Uferböschung an der Südseite eine Baustraße von der Ökobucht bis hinunter zum Hauptdamm planiert, um das abgebaggerte Sediment von oben nach unten und den Schlamm zum Verfüllen von unten nach oben transportieren zu können. "Das ist das Naturverträglichste was geht", sagt Rosentritt.
Nach wie vor gilt für den gesamten Seebereich das Betretungsverbot. Denn er ist eine Baustelle. Im Zuge der Bauarbeiten sollen am Südufer auch vermehrt Flachwasserzonen zur Verbesserung der Ökoqualität geschaffen werden. "Das ist wichtig für die Fische", betont Talsperrenbeauftragter Andreas Kirchner. Denn junge Tiere brauchen Unterstellmöglichkeiten, um sich vor Raubfischen in Sicherheit bringen zu können. Solche Schutzbereiche gab es wohl zu wenige, wie die Abfischaktion gezeigt hat. In den Fangnetzen befanden sich nämlich hauptsächlich große Raubfische, die die Kleinen aufgefressen hatten.
Die alten Baumwurzelstöcke werden alle entfernt
Die Netzbefischung hat noch eine andere Erkenntnis gebracht: So sauber und glatt wie vermutet war die Uferböschung gar nicht, denn gleich beim ersten Zug der Profifischer aus dem Norden waren die Fangnetze in alten Baumwurzelstöcken hängen geblieben und gerissen. So etwas soll nicht mehr passieren, wenn wieder einmal abgefischt werden muss. Alle Überbleibsel aus dem ehemaligen Wald- und Wiesental werden deshalb entfernt. "Die Wasserlinie wird jetzt komplett frei gemacht", so Kirchner.
Bereits seit Oktober vergangenen Jahres laufen die Bauarbeiten am Vordamm, der ertüchtigt werden muss. Der Auflastfilter ist bereits fertig gebaut, die Innendichtung fast fertig gestellt. Jetzt erfolgt die Sanierung der Grundablassleitung zwischen Vorsee und Hauptsee. Hierzu wird ein acht Meter tiefer Schacht in den Damm gegraben, um an die Leitung heranzukommen.
Der weitere Zeitplan sieht so aus: Parallel zum Dammbau in der Ökobucht erfolgen nun die Vorarbeiten für die Errichtung der Grundsperre. Baubeginn hier ist im April, Fertigstellung im Juni/Juli. Danach wird der Bereich dahinter sofort wieder aufgestaut. Der Aufstauvorgang kann unabhängig von den Sanierungsarbeiten an den davor liegenden technischen Einrichtungen geschehen, weil die Grundsperre ja das Wasser zurückhält. Es wird sozusagen ein Vorsee vor dem Ablassbauwerk geschaffen. Sein Volumen umfasst 300 000 Kubikmeter. Das Wasserwirtschaftsamt geht davon aus, dass dieser Grundsee bereits im Frühjahr 2023 wieder gefüllt sein wird. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Sanierungsarbeiten der technischen Einrichtungen ebenfalls abgeschlossen sein.
Bleibt noch die eine Frage, die vor allem die kleinen Besucher am Ellertshäuser See brennend interessiert: Wo ist der Biber? Der kleine Baumeister ist nach dem Ablassen des Wassers von der Ökobucht in den Sauerquellenbach am Vorsee umgezogen. Dort ist er schwer aktiv und "fühlt sich sauwohl", versichert Talsperrenbeauftragter Andreas Kirchner.