Wer abends, vielleicht nach einer Reise, auf Schweinfurt zufährt und die drei leuchtenden Buchstaben S, K und F sieht, weiß: Gleich ist er daheim. Die Leuchtreklame ist so etwas wie ein Wahrzeichen Schweinfurts. Das Gebäude wurde Ende Juni vor 60 Jahren bezogen. Zu diesem Anlass ein Blick in alle möglichen Archive. Wir haben Interessantes und Kurioses über die Geschichte des Hochhauses zusammengetragen.
1. Vorbild für die markante Lichtreklame war das UN-Gebäude in New York
Die drei Buchstaben S, K und F laufen über die Höhe von sechs Geschossen, bedecken fast die ganze Breite von 78 Metern der Fassade. Vorbild für die Art der Leuchtreklame war das Hochhaus des UNO-Hauptquartiers in New York. Auf ähnliche Art wurde dort zur Weihnachtszeit die Fassade in einen Christbaum "verwandelt."
2. Wer vergessen hat, die Rollos abends herunterzuziehen, bekam einen Strafzettel
"Licht aus 117 Fenstern malt weithin sichtbar unser Firmenzeichen SKF über das nächtliche Panorama der Stadt Schweinfurt“, heißt es in der Mitarbeiterzeitschrift. Was musste gemacht werden, damit die drei Buchstaben leuchteten? "Bei diesem Lichtspiel werden die Jalousien vor den Fensterreihen des 7. bis 12. Stockwerks nach genauem Plan so weit geschlossen, daß die 'offenen' Fenster bei eingeschalteter Beleuchtung von 2000 Leuchtstoffröhren die Buchstaben SKF bilden", heißt es im Mitarbeitermagazin "Der Innenring" 1962 zur Eröffnung. Konkret mussten nach getaner Arbeit die Angestellten an 117 bestimmten Fenstern (1119 Fenster gibt es insgesamt) des SKF-Hochhauses bestimmte Rollos herunterziehen. Wer dies vergessen hatte, fand am nächsten Tag eine Art Strafzettel als Erinnerung auf seinem Schreibtisch vor. Es heißt, der Strafzettel habe geholfen, das Rollo-Runterlassen nicht mehr zu vergessen. Bei der Sanierung des Gebäudes 2014 wurde auf LED umgestellt.
3. Das Gebäude gehört nicht mehr SKF
2014 wurde das Bürohochhaus generalsaniert, an einen Kapitalinvestor veräußert und zurückgeleast. Neben energetischen Maßnahmen erhielt das Gebäude damals zwei Feuertreppen und neue Fensterscheiben, die sich aufgrund eines Einbaufehlers anfangs als brüchig herausstellten. Nachdem zwei der großen Scheiben aus der Verankerung gesprungen waren und auf dem Parkplatz vor dem Gebäude zersplitterten, war dieser anderthalb Jahre gesperrt, bis alle Sicherheitsmängel endgültig behoben waren. Die Sanierung des Hochhauses erfolgte im laufenden Betrieb, das heißt, alle Abteilungen mussten rund zweieinhalb Meter von der Außenwand abrücken, es wurden jeweils Staubschutzwände eingezogen und dann ging es auch lärmmäßig richtig "zur Sache".
4. Heute kann man sich im SKF-Hochhaus nicht mehr nach oben arbeiten
Die ursprüngliche Stockwerksbelegung mit der Direktion im zwölften Stock des 16-stöckigen Hauses (14 Ober-, zwei Untergeschosse) hatte Gültigkeit, bis Martin Johannsmann 2016 nach Schweinfurt kam. Der Deutschlandchef von SKF brach dieses "die da oben, wir hier unten" auf und zog selbst in den ersten Stock. Arbeitsdirektor Martin Speck sitzt im zweiten Stock, Geschäftsführer Finanzen, Thomas Burkhardt, im dritten Stock (seine Vorgänger waren Pioniere dieser neuen "Sitzordnung"). So kann man sich jetzt natürlich nicht mehr im Wortsinn "hocharbeiten". Ohnedies gilt und galt immer: Das oberste Stockwerk gehört allen Beschäftigten, denn dort befindet sich das höchstgelegene Werksrestaurant Schweinfurt mit einem Traumausblick bis in Rhön und Steigerwald.
5. Die Leuchtreklame ist nur noch begrenzt zu sehen: Das hat auch mit Insekten zu tun
Seit Beginn der europäischen Nachhaltigkeitswoche ab 30. Mai 2021 "schenkt SKF in Schweinfurt der Tierwelt täglich sechs nächtliche Ruhestunden", hieß es in einer Pressemitteilung. Die große Leuchtreklame wird seitdem um 23 Uhr ausgeschaltet, erst morgens um 5 Uhr wird sie wieder angeschalten. Grund: Seit August 2019 gibt es in Bayern zwei Gesetze gegen so genannte Lichtverschmutzung. Im Immissionsschutzgesetz wurde damals festgeschrieben, dass "Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand" nach 23 Uhr bis zur Morgendämmerung nicht mehr beleuchtet werden dürfen. Und das Bayerische Naturschutzgesetz regelte in seiner Neufassung unter dem Eindruck des erfolgreichen Volksbegehrens "Rettet die Bienen" ganz grundsätzlich: "Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden." Das Hochhaus ist zwar weder ein öffentliches Gebäude, noch liegt es im baulichen Außenbereich. Für SKF-Arbeitsdirektor Harald Speck war dennoch klar: "Wir sind vom Gesetz nicht betroffen, wollen aber verantwortungsvoll mit den Zielen dieser Regelungen umgehen." Dadurch werden laut SKF übers Jahr rund 20.000 Kilowattstunden Strom eingespart. Dies sei Durchschnittsverbrauch von rund fünf Vier-Personen-Haushalten.
6. Rund 470 Personen arbeiten hier
915 Mitarbeiter wurden beim Einzug im Juni 1962 gezählt. Heute sind es etwa 470, die aufgrund einer betrieblichen Homeofficevereinbarung zeitweise auch von zuhause arbeiten dürfen. Tatsächlich sind deshalb zumeist nur wenige Hundert Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig im Bürogebäude.
7. Ein Wachmann versperrte den Zugang zur Geschäftsführung
Als die Geschäftsführung noch vollständig im 12. Stock saß, sorgte ein Wachmann dort im Foyer vor den Aufzügen dafür, dass niemand unangemeldet zu den "hohen Herren" vordringen konnte. Er besaß auch einen speziellen Aufzugschlüssel, mit dem er Direktfahrten vom Empfang im Erdgeschoss in die Direktionsetage und zurück veranlassen konnte. So war sichergestellt, dass die Aufzugsfahrt der Direktoren unterwegs nicht von den Angestellten des Hauses gestoppt wurde. Der 12. Stock selbst war zu dieser Zeit ehrfurchtsgebietend mit schweren Teppichen belegt, und in den Einzelbüros fand sich teilweise edle Holzvertäfelung.
8. Der Bau hat 15 Millionen Mark gekostet
Die Bauzeit betrug ein Jahr und zehn Monate. Folgendes Material wurde verbaut: 8000 Kubikmeter Stahlbeton, 550 Tonnen Stahl, 2300 Tonnen Zement, Schalung 45.000 Quadratmeter, Glas, 2500 Quadratmeter, Treppenstufen 590 Stück, Klinker 205.000 Stück. Das Gebäude ist 55 Meter hoch, 78 Meter lang und 14 Meter breit. Gesamtfläche: 13.683 Quadratmeter. Die Kosten für den Bau: 15 Millionen Mark.
9. Vorher war die Verwaltung auf mehrere Orte verteilt.
Ein Novum sei das Hochhaus, heißt es in der Mitarbeiterzeitschrift 1962. Warum? "Weil SKF in Deutschland damit erstmals über ein geschlossenes, die wesentlichen Verwaltungszweige aufnehmendes Bürohaus verfügt. Vorher lebte man immer im 'Behelfsheim', in zweckentfremdeten oder provisorischen Räumen, verstreut in vielen, ja am Ende in 15 verschiedenen Unterkünften."
10. Das S im Logo hat nichts mit Schweinfurt zu tun
Man könnte vermuten, das S von SKF stehe für Schweinfurt. Tut es aber nicht. SKF ist die Abkürzung von Svenska Kullagerfabriken, Schwedische Kugellagerfabrik. Geschäftssitz ist Göteborg. Von 1929 bis 1953 hieß die SKF in Deutschland Vereinigte Kugellagerfabriken AG (VKF). Hauptsitz war in Schweinfurt.
Quellen: Main-Post-Archiv, SKF-Mitarbeiterzeitschrift "Der Innenring", Pressesprecher Holger Laschka