Vor 50 Jahren wurde den Schweinfurtern ein Wahrzeichen geschenkt. Seit dem Frühsommer 1962 zeigen die Schwedischen Kugellager Fabriken überdimensioniert Flagge. Das neue Verwaltungsgebäude war eröffnet worden. Auf seiner Fassade erscheinen hell leuchtend die drei Buchstaben des Unternehmen-Logos: SKF.
Das Jahr 1962 kann getrost auch für den Abschluss der Nachkriegszeit stehen. Die deutsche Wirtschaft hatte sich erholt, sie boomte. Auch SKF, das Unternehmen, das durch die Bombenangriffe der Jahre 1943 bis 1945 über 70 Prozent seiner Anlagen in Schweinfurt verloren hatte. Schutt und Asche waren längst beseitigt, in den wieder errichteten Fabrikhallen liefen die Maschinen auf vollen Touren. Bei SKF standen 16 000 Menschen auf den Lohn- und Gehaltslisten, in Schweinfurt allein waren es 10 000. 1962 wurde im deutschen Teil des Konzerns erstmals ein Umsatz von über 500 Millionen Mark erzielt.
Mit der rapide zulegenden Produktion wuchs auch die Verwaltung, die auf 15 Plätze über das Stadtgebiet verteilt und zum Teil in Baracken untergebracht war. Das erschwerte die Arbeit erheblich und führte zu immensen Kosten.
Für ein neues Verwaltungsgebäude gab es mehrere Forderungen. Es sollte möglichst zentral nahe am Werk 1 liegen und vom Werk 2 gut erreichbar sein. Schon allein die Grundstücksfrage gab dem Architekten A. Kubitza aus Kettwig bei Essen die Lösung vor. Es musste ein Hochhaus sein. Das höchste Bürohaus Unterfrankens zu dieser Zeit sollte es werden: 55 Meter hoch, 78 Meter lang, 14 Meter breit. Ein zweites Argument sprach für die Hochhauslösung. Eine Verwaltung mit rund 1000 Beschäftigten ließe sich über eine vertikale Organisation, verbunden durch Aufzüge, besser organisieren als in einer horizontalen Anordnung, mit sehr weiten Wegen und endlosen Fluren, argumentierte Kubitza.
Im Juli 1960 begann die Arbeitsgemeinschaft Grün & Bilfinger/Gebrüder Riedel mit dem Bau. Am 8. September wurde der Grundstein gelegt. Mit eingemauert wurden der SKF-Produktionskatalog, eine Urkunde mit den Namen der damaligen Geschäftsführer, der aktuelle Geschäftsbericht und ein Satz deutscher Münzen. Dank der Arbeit in Tag- und Nachtschichten konnte bereits am 14. April 1961 Richtfest gefeiert werden. Gut ein Jahr später zogen die ersten Mitarbeiter um.
Das Gebäude besteht aus 16 Stockwerken. 8000 Kubikmeter Stahlbeton, 550 Tonnen Stahl und 2300 Tonnen Zement hatten einen umbauten Raum von 66 514 Kubikmetern entstehen lassen, mit einer Gesamtfläche von 13 683 Quadratmetern. 15 Millionen DM gaben die Schweden dafür aus.
Von einem „Zeugnis zukunftsgläubigen Lebenswillens“ sprach Oberbürgermeister Georg Wichtermann bei der feierlichen Eröffnung Ende Juni 1962. Damit meinte er nicht nur das Unternehmen, sondern auch die aufstrebende Stadt, die zu dieser Zeit den Bau ihres Hafens und die Vergrößerung jenseits des Mains in Angriff nahm. Viel Anerkennung gab es auch von Bayerns Wirtschaftsminister Otto Schedl. Das Bauwerk sei ein sichtbares Symbol für die erfolgreiche Entwicklung eines bedeutenden bayerischen Industriezweiges. Firmenchef Konsul Gunnar Wester betonte, dass man keinen babylonischen Turm mit Büros anonymer Mitarbeiter, keine Massenherberge geschaffen habe, sondern klare und rationale Arbeitsstätten.
Ein bisschen Prunk sollte jedoch schon sein. Vom damals bereits geplanten Schweinfurter Kreuz müsse man den Firmenschriftzug erkennen können, gab Wester vor. Vier Meter hätten die Buchstaben dazu groß sein müssen. Eine Dachverstärkung wäre notwendig und das Ganze teuer geworden. Hans Hofmann, der damalige Marketingchef, und seine Mitarbeiter erinnerten sich an das UN-Gebäude in New York, auf dessen Fassade zur Weihnachtszeit ein riesiger Christbaum zu sehen ist. Etwas ähnliches schwebte ihnen in Schweinfurt vor. Da das neue Gebäude über 1119 Fenster verfügt, bot sich eine Lösung durch eine unterschiedliche Farbgebung an. Durch schwarze und weiße Jalousien und eine Neonbeleuchtung ließ sich das Logo nachbilden, das weithin sichtbar ist und sich bei Dunkelheit sehr schön im Main spiegelt.