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Schweinfurt
Ab März gibt es im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt keine Geburtshilfe mehr: Wohin gehen Schwangere dann?
Weil es zu wenig Belegärzte gibt, muss das Josefskrankenhaus Ende März 2023 seine Geburtshilfe einstellen. Ist das Leopoldina-Krankenhaus vorbereitet?
Das Wunder der Geburt: Wenn Ende März die Geburtsstation des Krankenhaus St. Josef geschlossen wird, müssen werdende Mütter ins Leopoldina-Krankenhaus. Dort wurde jetzt auf fünf Kreißsäle erweitert.
Foto: Mascha Brichta | Das Wunder der Geburt: Wenn Ende März die Geburtsstation des Krankenhaus St. Josef geschlossen wird, müssen werdende Mütter ins Leopoldina-Krankenhaus. Dort wurde jetzt auf fünf Kreißsäle erweitert.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Seit Monaten sorgt der ab 2030 geplante Verbund der beiden Schweinfurter Krankenhäuser für Schlagzeilen, vor kurzem kam ein neues Thema hinzu: Die Kongregation der Schwestern des Erlösers, der Träger des Krankenhaus St. Josef, gab bekannt, dass die Geburtshilfe zum 31. März 2023 eingestellt wird. Die Zukunftspläne, das Leopoldina zum Zentralklinikum zu machen, das Josefskrankenhaus zum integrierten Gesundheits- und Bildungszentrum sind allerdings nicht der Grund.

Bei einer Pressekonferenz zum Verbund nahmen Martin Stapper, Geschäftsführer der Kongregation, und Jürgen Winter, Geschäftsführer des städtischen Leopoldina-Krankenhauses, zum Thema Geburtshilfe Stellung. Denn natürlich stellen sich viele schwangere Frauen in der Region die Frage, wo sie ihr Kind ab April 2023 zur Welt bringen können.

Stapper erklärte, der Schritt sei für sein christlich geprägtes Krankenhaus "sehr schmerzlich", gerade das Thema Geburt sei für das über 90 Jahre alte Haus immer identitätsstiftend gewesen. Bis zu 900 Kinder wurden pro Jahr auf der Geburtsstation im Josefskrankenhaus geboren, für Stapper durchaus eine Erfolgsgeschichte.

Gynäkologische Fachärzte als Belegärzte sind kaum noch zu finden

Dass diese nicht weitergehen kann, hat sich gleichwohl über Jahre abgezeichnet. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Gerüchte, das Josefskrankenhaus werde die Station schließen, zuletzt 2021. Das Problem ist die Struktur, denn die Geburtsstation in St. Josef wurde traditionell von gynäkologischen Belegärzten gestemmt, im Krankenhaus waren nur die Hebammen angestellt. Stapper versicherte, man habe seit Jahren versucht, das System zu stabilisieren: Ausschreibungen in Fachmagazinen, Headhunter wurden engagiert, es gab mit der kassenärztlichen Vereinigung Gespräche.

Die Geburtshilfe im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt wird Ende März geschlossen.
Foto: Anand Anders | Die Geburtshilfe im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt wird Ende März geschlossen.

Erfolg hatte das alles nicht, um die Zukunft sicherzustellen. Als dann von den derzeit zwei Belegärzten einer für kommendes Jahr ankündigte aufzuhören, war klar, dass die notwendige Betreuung 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche nicht sicherzustellen ist.

"Wir mussten die Reißleine ziehen", sagte Stapper mit großem Bedauern, der auch darauf verwies, dass die geburtshilfliche Abteilung in den letzten Monaten wegen Personalmangels immer wieder gezwungen war, die Kreißsäle zu schließen. Für 2022 wird prognostiziert, dass nur noch knapp 500 Kinder in St. Josef entbunden werden – laut Krankenhaus "ein dramatischer Rückgang".

In ganz Deutschland wurde seit 2018 ein Drittel der Kreißsäle geschlossen

Ein großes Thema sei branchenweit, dass es gerade im Fachbereich Gynäkologie schwer ist, Nachfolger zu finden und viele nicht mehr bereit sind, Geburtshilfe neben ihrer eigentlichen Praxis-Tätigkeit zu leisten. Probleme haben nicht nur die Geburtshilfestationen in der Region, wie ein Blick in Fachmagazine wie das Deutsche Ärzteblatt zeigt.

Bundesweit ist seit 2018, also in nur vier Jahren, ein Drittel der Geburtsstationen weggefallen, rote Zahlen in vielen Kliniken sind in diesem Bereich an der Tagesordnung. In der Region haben schon vor längerer Zeit das Helios-St.-Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen und das Marktkrankenhaus Werneck ihre Kreißsäle dicht gemacht. Noch betrieben wird der Kreißsaal in den Haßberg-Kliniken, auch wenn es dort immer wieder mal Schließungsgerüchte gibt.

Bezüglich der angestellten Hebammen im Krankenhaus St. Josef erklärte Martin Stapper, man werde "individuelle Lösungen für die Zeit nach der Schließung der Kreißsäle suchen und finden". Die gynäkologischen Belegärzte werden nach wie vor im Haus operativ tätig sein.

Leopoldina-Krankenhaus investierte Millionen für zwei neue Kreißsäle

In Schweinfurt gibt es ab 1. April dann nur noch ein Krankenhaus mit Geburtshilfe: das Leopoldina. "Wir haben sehr gute Voraussetzungen für werdende Mütter", betont Jürgen Winter. Ein Grund: die Millionen-Investition in den Bau zweier neuer Kreißsäle, so dass man ab 1. Februar fünf Kreißsäle hat. Der Erweiterungsbau entstand im Wäschereihof zwischen dem bestehenden Gebäude und dem Parkhaus. Jetzt ist das Leopoldina-Krankenhaus in der Lage, bis zu 2500 Geburten im Jahr abzuwickeln. Bisher waren es gut 1700.

Das Leopoldina-Krankenhaus hat ab Februar 2023 fünf statt drei Kreißsäle. Auf dem Archivbild Chefarzt Professor Dr. Michael Weigel und Mitarbeiterin Sandra Piede.
Foto: Anand Anders | Das Leopoldina-Krankenhaus hat ab Februar 2023 fünf statt drei Kreißsäle. Auf dem Archivbild Chefarzt Professor Dr. Michael Weigel und Mitarbeiterin Sandra Piede.

Professor Dr. Michael Weigel, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Leopoldina, sprach bereits im vergangenen Jahr bei der Vorstellung der Baumaßnahme von einer "überfälligen Investition." Denn schon damals platzte die Geburtshilfe unabhängig von der Frage, wie es bei St. Josef weitergeht, aus allen Nähten. Die Geburten stiegen stetig – von gut 1000 pro Jahr Anfang der Jahrtausendwende auf zuletzt 1700.

Ein weiterer Vorteil für werdende Mütter ist, dass das Leopoldina-Krankenhaus nicht nur eine eigene Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe hat, sondern auch Perinatalzentrum des Levels 1, der höchsten Versorgungsstufe, ist. Rund um die Uhr versorgt ein fest angestelltes Facharztteam Schwangere und deren neugeborene Kinder, außerdem gibt es 23 Hebammen.

Zwei Drittel der Geburten am Leopoldina-Krankenhaus sind laut Professor Weigel Risikogeburten. Dazu zählt der Kaiserschnitt genauso wie Geburten von Frauen mit Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck. Hier muss ärztliche Begleitung gewährleistet sein.

 
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  • M. S.
    In Zeiten des Personalmangels ist es sinnvoll alles auf eine Klinik zu konzentrieren in einem Ort.

    Das ist schmerzlich und möglicherweise haben viele eine Entbindung im Josefs-Krankenhaus als "familiärer" empfunden.

    Vorrang sollte allerdings die medizinische Versorgung vor Ort haben und die war in dem Fall wohl schon vorher im Leopoltina besser.
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  • F. W.
    hätte man das früher alles im alten Städtischen schon gehabt..... wäre ich nicht behindert......

    dan hätte es evtl keinen Arztfehler gegeben.....
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