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Schweinfurt
24 Stunden Leopoldina (3): Frühchen auf der Intensivstation
Die Kinder, die hier versorgt werden, sind winzig.  Die Kleinsten wiegen 500 Gramm.  Eine Herausforderung für die Medizin und vor allem auch für die Eltern.
Schwester Andrea Homes-Lutz am Transport-Inkubator: Das Gerät kann jeder Rettungswagen aufnehmen. Ein Leo-Team, bestehend aus Pflegekraft und Arzt, bringt Frühchen damit auf die spezielle Intensivstation im Leopoldina.
Foto: Anand Anders | Schwester Andrea Homes-Lutz am Transport-Inkubator: Das Gerät kann jeder Rettungswagen aufnehmen. Ein Leo-Team, bestehend aus Pflegekraft und Arzt, bringt Frühchen damit auf die spezielle Intensivstation im Leopoldina.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:57 Uhr

Es ist 2 Uhr: Winzig sind die Patienten. Winzig die Geräte, die Atemmasken, die Schläuche. Winzig die Mützchen und Windeln. Die neonatologische Intensivstation kümmert sich um Kinder, die zu früh auf die Welt gekommen sind. 40 Wochen dauert eine Schwangerschaft durchschnittlich. Die Kinder, die hier betreut werden, sind ab der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen. Die kleinsten wiegen 500 Gramm, erzählen Schwester Andrea Homes-Lutz und Oberarzt Hans-Martin Lode. 

Bei einer plötzlichen Frühgeburt bricht für die Eltern die Welt zusammen, berichten die beiden. Wenn irgend möglich, wird der Mutter das Kind zumindest kurz gezeigt, bevor es auf die Station kommt. Und das Team zeigt den Eltern mit einer kleinen Puppe, wie die Beatmung aussehen wird, damit sie nachher nicht erschrecken, wenn sie ihr Kind im Inkubator sehen. "An die Kleinheit der Kinder muss man die Eltern schon heranführen", sagt Schwester Andrea. Im Klinikalltag benutzt sie ihren Nachnamen nicht. Auf ihrem Namensschild steht nur ihr Vorname, auch das macht alles persönlicher.    

Besonders hart ist es für die Mütter, die einen Kaiserschnitt hinter sich haben. Im Normalfall müssen sie sechs Stunden nach der Operation liegen, dann werden sie mobilisiert und stehen auf. Manchmal müssen sie aber einen Tag liegen. "Sie sehen ihr Kind dann einen Tag nicht", sagt Schwester Andrea. Da ist es schon mal gut, wenn der Papa den Winzling besucht und erzählt, wie es ihm geht. Auch Sozialpädagogen helfen den Eltern, mit der Situation umzugehen. Und manchmal, sagt Schwester Andrea, braucht es eben einfach Zeit.

Oberarzt Hans-Martin Lode und Schwester Andrea auf der neonatologischen Intensivstation. 
Foto: Anand Anders | Oberarzt Hans-Martin Lode und Schwester Andrea auf der neonatologischen Intensivstation. 

Die Eltern einbinden. Die Bindung fördern. Das ist extrem wichtig. Auch hier hat sich viel verändert in den vergangenen Jahren. Die Eltern halten das Händchen, legen Windeln an, helfen mit bei der Versorgung. Schritt für Schritt. Auf der Station liegen auch Bücher mit Geschichten zum Vorlesen. Auch das hilft, die Beziehung zu vertiefen. Die Eltern bekommen ein  Tagebuch, in dem sie festhalten können, wie sich ihr Kind entwickelt. 750 Gramm Gewicht sind geschafft: Das ist einen Eintrag wert. Auch das erste eigenständige Atmen. Oder das erste Augenaufschlagen. Oder das erste Umfassen des Fingers von Mama oder Papa.  

Bindung ist extrem wichtig für Kinder und Eltern

Aber die Bindung ist auch für die Kinder wichtig, beobachtet das Stationsteam. So winzig sie auch sind, sie sind ruhiger, atmen besser, verdauen besser, wenn sie sich geborgen fühlen. Überhaupt Geborgenheit: Die Babys brauchen Ruhe, das Gefühl, noch im Mutterleib zu sein, den sie bis zu 16 Wochen vor der Zeit verlassen haben. Deswegen sind die Brutkästen abgedeckt, sie sind schallisoliert. Licht und Lärm sollen die Kinder nicht stören. An der Wand hängt eine Lärmampel. Sie hilft dabei, leise zu reden und auch Türen oder Schubladen behutsam zu  schließen. Ist jemand oder etwas zu laut, blinkt das rote Licht auf. Es reicht auch schon, sich in normaler Lautstärke zu unterhalten, um die Ampel auf Rot springen zu lassen.

Kuschelig sollen es die Kinder haben, sich ein bisschen wie im Mutterleib fühlen. 
Foto: Anand Anders | Kuschelig sollen es die Kinder haben, sich ein bisschen wie im Mutterleib fühlen. 

Um die Vitalfunktionen zu checken, muss niemand an die Bettchen. Die Werte lassen sich auf Monitoren vor den Zimmern ablesen. "So wenig wie möglich, so viel wie  nötig", ist die Devise bei der Behandlung und Pflege, erklärt Oberarzt Hans-Martin Lode. Man spricht sich ab, wer was macht, vermeidet so, dass kurz nach der Schwester vielleicht der Arzt noch einmal wegen der gleichen Sache nach dem Kind schaut und so mehr Unruhe bringt.

Jede Schwester betreut ein Zimmer (vier gibt es für Neu- und Frühgeborene, mit jeweils sechs Plätzen). Die Eltern haben so eine feste Ansprechpartnerin. "Die Eltern können Tag und Nacht anrufen, vorbeikommen", sagt Schwester Andrea. Es geht um Vertrauen, die Eltern sollen wissen, ihre Kinder sind gut aufgehoben. Die Kinder zu versorgen, ist eine intensive Aufgabe. Alle zwei Stunden füttern keine Seltenheit. Dazu kommt noch die Begleitung und Anleitung der Eltern.

Transport-Inkubator für den Rettungswagen 

In drei Schichten wird gearbeitet, vier Leute ist die Mindestbesetzung. Ein Assistenzarzt ist nachts da. Wenn der Kreißsaal anruft, dass eine Frühgeburt ansteht, macht sich ein Zweierteam (Arzt/Ärztin und Pflegekraft) sofort auf den Weg. Aber auch bei jedem Kaiserschnitt. Ein Zweierteam ist auch rund um die Uhr bereit, um ein Frühchen, das in einem anderen Krankenhaus (Haßfurt, Neustadt, St. Josef in Schweinfurt) geboren wurde, mit Rettungswagen und Transport-Inkubator zu holen. 

Die Lärmampel hilft, zu laute Geräusche zu vermeiden. 
Foto: Anand Anders | Die Lärmampel hilft, zu laute Geräusche zu vermeiden. 

Nimmt das Schicksal der Kinder die Pflegekräfte besonders mit? "Klar, das geht schon nahe", sagt Schwester Andrea. Aber es gibt sehr, sehr viele  Happy-Ends. Das Team freut sich, wenn die Kinder wieder zur Untersuchung kommen, die bei allen im Alter von zwei Jahren ansteht. Bei Frühchen allerdings mit zwei Jahren und 16 Wochen. Logisch, denn sie haben ja quasi 16 Wochen aufzuholen. "Die allermeisten Kinder haben eine normale Entwicklung", sagt Hans-Martin Lode. 

24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen.

 
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