Vom größten Bauwerk in der Geschichte der Stadt sprach Werner Bonengel 1981 in der Hochglanzbroschüre zur Eröffnung des Leopoldina-Krankenhauses. Im Mai vor 40 Jahren wurde das Haus in Betrieb genommen. Vom größten Bauwerk in der Geschichte Schweinfurts würde man heute vielleicht nicht mehr sprechen. Aber vielleicht von einem der bedeutendsten. Das Krankenhauses versorgt Patentinnen und Patienten im Raum Schweinfurt und in der Region. Im Jahr werden durchschnittlich 33 000 Personen stationär, 32 000 ambulant behandelt. Das Leopoldina ist mit 2300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt.
40 Jahre sind eine lange Zeit. Wenn man sich nur vorstellt, was sich seit 1981 alles geändert hat. Computertechnik. Die Art, wie und womit man kommuniziert oder archiviert. Allein die Möglichkeiten der Diagnostik vom Computertomographen (CT) bis zur Magnetresonanztomographie (MRT) haben sich seit 1981 enorm verändert. Genau so wie die Operationstechniken, minimalinvasive Eingriffe zum Beispiel.
Bei der Grundsteinlegung 1974 fielen hochaktuelle Sätze
Modern hört sich ein Zitat von Oberbürgermeister Kurt Petzold (SPD) an, der 1974 den Grundstein legte. Er spricht in seinem Grußwort zur Eröffnung von der dreifachen Aufgabe, der sich die Krankenhaus-Mitarbeiter stellen müssen: "Hochspezialisierte, modernste medizinische Kenntnisse und Techniken optimal anzuwenden, menschliche Wärme auszustrahlen und die Grenzen des finanziell Tragbaren nicht zu überschreiten."
Es gibt noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Leo, die seit Anfang an oder ziemlich lange dabei sind. Auf jeden Fall haben sie viel zu erzählen, viele Veränderungen miterlebt. Sozusagen von der Ärzteschwemme zum Pflegenotstand. Dazu kommen neue Dinge wie die Work-Life-Balance, die Möglichkeiten, Teilzeit zu arbeiten, so Familie und Beruf zu vereinbaren. Oder Rauchverbot. Und was heute selbstverständlich ist, war vor 40 Jahren ungewöhnlich: Die Frau Doktor. Oder der Krankenpfleger. Zum 40-jährigen Bestehen des Krankenhauses haben wir uns mit ihnen unterhalten.
Die Pflegekraft
Renate Bauer ist seit Anfang an Schwester im Leo. Sie hat noch im alten Städtischen Krankenhaus gearbeitet. "Erst kam das Leo", sagt sie. Die Familie wurde drum gruppiert. Die Kinder haben sogar mal Kissen aufs Telefon gelegt, um zu verhindern, dass die Mama einen Anruf bekommt und gebeten wird, einzuspringen. In ihren Augen war die Verbundenheit mit der Arbeit früher größer. Aktuell beschäftigt sie der Personalengpass in der Pflege. Mal eben auf einer anderen Station aushelfen, weil dort nicht genügend Kräfte sind, empfindet sie als belastend.
Pflegekraft und Betriebsrat
Rainer Roth hat zusammen mit Renate Bauer die Ausbildung gemacht. 300 Bewerbungen kamen damals auf eine Stelle, erinnern sich die beiden. Schon mit 14, als er im Rettungsdienst geholfen hat, war ihm klar, dass er in die Pflege und ans Leo will. Roth hat 33 Jahre auf der operativen Intensivstation gearbeitet. Seit einigen Jahren ist er freigestellter Betriebsrat. Ein ganzes Berufsleben bei einem Arbeitgeber verbringen, das sei selten geworden, sagt er. Die Arbeit mit Patientinnen und Patienten hat er schon vermisst, als er freigestellter Betriebsrat wurde. Die Wochenend-Dienste und die Nachtdienste allerdings nicht. Klar, dass das Thema Pflegekräftemangel auch ihn umtreibt. Der Bedarf sei enorm gestiegen. Deswegen habe man zum Beispiel die Zahl der Azubis erhöht, biete an der Berufsfachschule für Pflege mehr Kurse an. Den eigenen Nachwuchs auszubilden, sei schon immer wichtig gewesen. "In der Regel bleiben die Leute danach hier."
Der Chefarzt der Neurologie
Dr. Johannes Mühler hat 1987 als Assistenzarzt begonnen. Seit 2001 ist er Chefarzt der Neurologie. Er spricht von einer tiefen Verbundenheit zum Haus. "Ich bin mehr als die Hälfte meines Lebens hier." Als er anfing, gab es überall einen harten Kampf um die Stellen. Jetzt sieht das anders aus. Früher musste sich der Bewerber interessant machen. Jetzt muss sich der Arbeitgeber etwas einfallen lassen. Er hat einen ähnlichen Eindruck wie Renate Bauer. Die Verbundenheit, das Zugehörigkeitsgefühl zum Team sei früher stärker gewesen. Auch ihn beschäftigt das Thema Personalengpass, die Belastungen, die viele ans Limit brächten. "Ein dramatisches Problem." Am Leo schätzt er die wohlüberlegte Struktur, die große Verantwortlichkeit und das Niveau: " Wir machen hier universitäre Medizin."
Der ehemalige Krankenhausreferent
Thomas End war von 1993 bis 1998 Krankenhausreferent der Stadt, quasi der Geschäftsführer des Hauses. Er saß außerdem viele Jahre im Aufsichtsrat. Planung und Bau der Klinik sind für ihn "eine unglaubliche Leistung, die sich keiner mehr vorstellen kann". Unheimlich gern war er Krankenhausreferent, sagt er. Obwohl es eine Zeit des Kampfes gewesen sei. Damals sei alles viel politischer gewesen, es wurde heftig diskutiert. Heute werde pragmatischer entschieden. Dass das Rauchverbot durchgesetzt wurde, darauf ist er stolz. Dass einmal ein Jahrgang Azubis aus Kostengründen nicht übernommen wurde, darauf nicht. Und an die Auseinandersetzungen, als die Wäscherei ausgelagert wurde, erinnert er sich noch genau. "Das war ein Fest für Ihre Zeitung."
Der ehemalige Anästhesie-Chefarzt
Prof. Dr. Anton Rothhammer sagt von sich: "Ich bin der Dinosaurier hier." Er war noch Assistenzarzt im alten Städtischen Krankenhaus, war lange Jahre Chefarzt der Anästhesie und Operativen Intensivmedizin und 18 Jahre Ärztlicher Direktor. Er kennt das Haus auch als Patient. "Ich habe keine Sekunde gezögert, hierher zu gehen", erzählt er. Das Krankenhaus habe sich sehr gut entwickelt, stehe sehr gut da. Außerdem habe man erkannt, wie wichtig die Auswahl der Leitenden Ärzte sei. Was sich alles verändert hat, auch technisch, beeindruckt ihn. Die Work-Life-Balance, die heute so wichtig ist, hat er damals weder gekannt, noch vermisst er sie im Rückblick.
Der ehemalige Verwaltungsdirektor
Emil Etzel hat 1974 als Zivildienstleistender angefangen und es bis zum Verwaltungsdirektor gebracht. Er erinnert sich an einen steten Kampf um Geld und Personal. Wie für Prof. Dr. Anton Rothhammer sind für ihn das Team, die Spieler, die Chefärzte, wichtig. Was sich in seiner Zeit allein nur an Abrechnungsmodalitäten geändert hat, würde schon ein Buch füllen. Auch er verfolgt ein Thema mit Sorge: den Fachkräftemangel. Seiner Meinung habe habe die Politik das Problem in der Vergangenheit nicht ernst genommen.
Der Chefarzt und Ärtzliche Direktor
Prof. Dr. Hans-Ullrich Völker ist seit 2008 am Leo. Seit 2010 ist er Chefarzt der Pathologie, zur Zeit außerdem Ärztlicher Direktor. Er schätzt das komplexe medizinische Angebot unter einem Dach und die Nähe, das Miteinander. "Hier ist es ganz normal, dass man miteinander reden kann." Das hat ihn beeindruckt, als er nach Schweinfurt gekommen ist. Viele arbeiten schon lange zusammen, kennen sich aus der Ausbildung, egal ob Pflegerin oder Pfleger, Arzt oder Ärztin. Das sorge auch für kurze Wege.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management