Es war schon seit Längerem bekannt, dass die Wölfe auf dem 7300 Hektar großen Truppenübungsplatz Wildflecken (Lkr. Bad Kissingen) wieder Nachwuchs bekommen haben. Die dort heimische Wölfin war mit erkennbarem Gesäuge von einer Wildkamera aufgenommen worden. Dies war Beleg dafür, dass die Fähe, wie weibliche Wölfe genannt werden, Welpen mit Milch versorgt.
Nun gibt es erste Fotos der Welpen. Diese waren am 3. September in der Nacht von einer Wildkamera aufgenommen worden, wie Egon Schleyer, Leiter des Funktionsbereichs Naturschutz im Bundesforstbetrieb Reußenberg mit Dienstort Hammelburg, auf Nachfrage der Redaktion erklärt. Die Aufnahmen zeigen, wie mehrere Wölfe hintereinander an der Fotofalle vorbeilaufen.
Mehrere Welpen des Rhöner Rudels auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken
Die Großen seien vorausgelaufen, der Nachwuchs hinterher, so Schleyer. "Wir gehen von drei bis vier Welpen aus." Beim ersten Wolfsnachwuchs im vergangenen Jahr waren zunächst vier Welpen abgelichtet worden, später konnten insgesamt sechs nachgewiesen werden.
"Sie laufen eben nicht unmittelbar hintereinander an der Wildkamera vorbei, dass wirklich alle erwischt werden", so Schleyer. Manche könnten auch hinter der Wildkamera oder seitlich vorbei marschiert sein.
Die Fotos sind die bisher einzigen Aufnahmen des Wolfsnachwuchses. "Auch wenn es nur Nachtaufnahmen sind, waren wir froh, die Welpen auf der Kamera erwischt zu haben. In dem vermuteten Bereich hängen sehr viele Kameras, aber es ist halt nicht planbar", so der Experte.
Der diesjährige Nachwuchs der Rhöner Wölfe wurde Mitte Mai "gewölft", so der Fachjargon – kam also vor etwa vier Monaten auf die Welt, wie Schleyer erklärt. Ob der diesjährige Wurf dieselben Elterntiere wie im vergangenen Jahr hat, könne momentan aber niemand sagen.
Wölfe im gleichen Gebiet wie im vergangenen Jahr
"Wir gehen davon aus, aber haben ja noch keine Genetik von den Jungen. Wir wissen, dass sowohl der Rüde (Alt-Wolf) als auch die Fähe (Wölfin) noch auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken sind", sagt er. "Wir haben diese über ihre Losung genetisch nachgewiesen."
Zudem halten sich die Wölfe im gleichen Gebiet wie im vergangenen Jahr auf. "Von daher gehen wir davon aus, dass es die Elterntiere vom vergangenen Jahr sind", ergänzt Schleyer. Die beiden Tiere haben die Abkürzungen GW2552f (Fähe) und GW2068m (Rüde). Die Laborkürzel stehen für: Genetic Wolf (GW), dann folgt eine Labornummer des Tieres sowie das Geschlecht (f/weiblich oder m/männlich).
Von den sechs Jungtieren aus dem vergangenen Jahr wurden inzwischen zwei überfahren. Ein weibliches Tier wurde bereits im Dezember 2022 auf der A7 bei Eichenzell totgefahren, ein anderer Welpe am 23. Juni auf der A4 bei Ohrdruf in Thüringen, so Schleyer.
Auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken sind mehrere erwachsene Wölfe unterwegs
"Ich gehe davon aus, dass zwei bis drei noch im elterlichen Rudel sind und bei der Aufzucht mithelfen", sagt der Experte. Auf den Fotos der Wildkamera gebe es neben Wölfin und Rüde mehrere erwachsene Tiere. Das Rudel sei auf dem Truppenübungsplatz "resident", also heimisch. "Wenn die Tiere dort Junge großziehen, dann ist das ihr Territorium."
Die Tiere bleiben in der Regel etwa bis zum zehnten Monat im elterlichen Rudel. Dann beginnen sie größere Ausflüge zu machen, können aber auch wieder zurückkommen. "Von den Welpen aus dem vergangenen Jahr wissen wir, dass eines von ihnen genetisch in der Lausitz nachgewiesen worden ist." Es sind etwa 450 Kilometer Luftlinie von Wildflecken dorthin.
Größere Probleme mit dem Rhöner Rudel habe es bislang nicht gegeben. "Auf dem Truppenübungsplatz haben wir noch keine Probleme gehabt – weder für die militärische noch für die forstliche Nutzung", sagt Schleyer. "Wir haben bisher am Rand des Gebietes einen Schafriss von einem Welpen aus dem vergangenen Jahr."
Mit eigenen Augen gesehen hat Schleyer noch keinen der Wölfe: "Ich lege es aber auch nicht darauf an. Der Wolf ist eine streng geschützte Art, den man eben auch nicht beunruhigen darf." Vonseiten der Bundeswehr gab es noch keine Sichtungen der Tiere, sagt er: "Aber unsere Förster und Jäger sehen regelmäßig Wölfe auf dem Truppenübungsplatz."
Wolfsrudel
Manche Jungwölfe bleiben allerdings auch länger im Gebiet der Eltern. Da bei Wölfen die Geschlechtsreife zumeist im Alter von 22 Monaten einsetzt, kann es in solchen Rudeln neben den Eltern auch weitere geschlechtsreife Tiere geben. Dies führt manchmal dazu, dass außer der Fähe auch noch eine ihrer Töchter Welpen bekommt.