Fachleute hatten damit gerechnet, nun legen es auch Bilder einer Wildkamera nahe: Auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken gibt es wieder Wolfsnachwuchs. Wie das Landesamt für Umwelt (LfU) auf Nachfrage dieser Redaktion mitteilt, liegt dem Amt aus dem "Wolfsterritorium Truppenübungsplatz Wildflecken" ein Bildnachweis einer Wölfin mit "erkennbarem Gesäuge" vor.
Das Vorhandensein einer solchen Milchleiste belegt, dass die Fähe, wie weibliche Wölfe genannt werden, Welpen mit Milch versorgt. Die schießt nämlich erst ein, wenn tatsächlich gesäugt wird. Entsprechend gilt ein solches Bild auch amtlich als Nachweis für Wolfsnachwuchs. Die Aufnahme einer Wildkamera stammt bereits vom 12. Mai 2023, heißt es vom LfU weiter. Jüngere Nachweise lägen dem Amt bislang nicht vor.
Vermutlich dasselbe Muttertier wie 2022
Bereits im Juni 2022 wurde auf dem Bundeswehrgelände eine Wölfin mit Gesäuge nachgewiesen. Weitere Nachweise im Lauf des Jahres ergaben, dass es sich damals um einen Wurf mit sechs Welpen gehandelt hat. Dass es sich bei dem Muttertier wieder um diese Wölfin handelt, wurde vom Landesamt nicht bestätigt. Generell, so ein Sprecher, könne man anhand solcher Aufnahmen Wolfsindividuen nur äußerst schwer voneinander unterscheiden. Aufgrund des territorialen Verhaltens standorttreuer Wölfe, sei davon auszugehen, dass es sich bei der fotografierten Fähe um das Tier handelt.
Das ist auch die Ansicht des Biologen und Gebietsbetreuers für die Lange Rhön, Torsten Kirchner, der auch für das Netzwerk große Beutegreifer aktiv ist. Auch er geht davon aus, dass es sich "wahrscheinlich" um das identische Muttertier handelt. Unter anderem deshalb, weil die weiblichen Jungtiere des vergangenen Jahres im Normalfall noch nicht reproduktionsfähig seien.
Genauere Angaben, wo die Wolfswelpen zur Welt gekommen sind, lassen sich nicht machen. In der Regel, so heißt es von den Experten, seien die Wurfhöhlen extrem gut versteckt. Zudem besteht in Teilen des Truppenübungsplatzes ein Betretungsverbot für Menschen, was eine Nachsuche teils unmöglich macht.
Schon zwei Jungwölfe aus dem Vorjahr überfahren
Wolfswelpen werden von Mitte April bis Mitte Mai taub und blind geboren und benötigen in den ersten vier Wochen dringend die Mutter in der Nähe, um sich zu wärmen. Die Fähe verlässt die Wurfhöhle in dieser Zeit praktisch nicht. Während sich die Jungen von Muttermilch ernähren, ist sie auf Fleisch angewiesen, mit dem sie vom Rudel versorgt wird. Erst nach mehreren Wochen verlassen die Jungen die Höhle und erkunden die nähere Umgebung. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch beobachtet werden können.
Wie groß das Rudel auf dem Truppenübungsplatz ist, lässt sich also nicht sagen. Von den sechs Jungtieren aus dem vergangenen Jahr sind fünf genetisch erfasst. Von diesen wiederum wurden inzwischen schon zwei überfahren. Wie die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) informiert, fiel ein männliches Tier am 23. Juni bei Ohrdruf in Thüringen dem Straßenverkehr zum Opfer. Bereits im Dezember 2022 wurde ein weibliches Jungtier auf der A7 bei Eichenzell überfahren.
Auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken gilt seit dem Monitoringjahr 2021/2022 ein Wolfspaar als sesshaft. Das in der Rhön liegende Territorium wurde als grenzübergreifend zwischen Hessen und Bayern eingestuft, da die Landesgrenze bekanntlich durch den Truppenübungsplatz verläuft. Das Wolfspaar bekam Anfang Mai 2022 erstmals Nachwuchs.
Wolfsrudel
Manche Jungwölfe bleiben allerdings auch länger im Gebiet der Eltern. Da bei Wölfen die Geschlechtsreife zumeist im Alter von 22 Monaten einsetzt, kann es in solchen Rudeln neben den Eltern auch weitere geschlechtsreife Tiere geben. Dies führt manchmal dazu, dass außer der Fähe auch noch eine ihrer Töchter Welpen bekommt.