Am frühen Mittwochmorgen starb die frühere bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm im Alter von 77 Jahren. "Sie war Bayerns soziales Gewissen, Maßstab und Vorbild im Einsatz für die Mitmenschen", würdigte sie Ministerpräsident Markus Söder kurz nach Bekanntwerden ihres Todes. Die CSU-Politikerin hat auch im Landkreis Rhön-Grabfeld tiefe Spuren hinterlassen.
Sei es als langjährige Landesvorsitzende der Lebenshilfe, in diesem Amt machte sie sich auch für den hiesigen Kreisverband stark. In Erinnerung wird auch ihr Engagement im Jahr 2016 bleiben, als sie sich beim damaligen Siemens-Vorstandsvorsitzenden für den Standort Bad Neustadt einsetzte. 2019 besuchte sie das Pflegeübungszentrum der Caritas in Mellrichstadt, um sich über die dortige Arbeit zu informieren.
Brunhilde Hergenhan, Vorsitzende der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, traf mehrere Male mit Barbara Stamm zusammen. Erstmals in den 90er Jahren, als Hergenhan noch Elternbeirätin in der Herbert-Meder-Schule in Unsleben war. "Sie war ein Vorbild für mich. Ich habe sie stets als den Menschen zugewandte und fürsorgliche Person kennengelernt." Sie sei auf jeden Menschen zugegangen, auf die betroffene Mutter ebenso wie auf die Vorsitzende.
Mit viel Kraft und klaren Worten für die Lebenshilfe eingesetzt
Der Tod von Barbara Stamm erschüttert die Kreisvorsitzende der Lebenshilfe. Noch im Juli dieses Jahres hatte Hergenhan die seit 2001 im Amt befindliche Landesvorsitzende beim Staatsempfang in der Würzburger Residenz aus Anlass des 60. Jubiläums der Lebenshilfe Bayern getroffen. Am Abend habe man zusammengesessen und miteinander gesprochen.
"Ich habe sie nie anders als freundlich erlebt", blickt Brunhilde Hergenhan zurück. Sie habe aber auch kämpferisch sein können. Mit viel Kraft und klaren Worten habe sie sich für die Belange der Lebenshilfe eingesetzt. Dabei habe sie auf ein gutes Fachwissen und ausgeprägtes Netzwerk bauen können. Der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld sei dieser Einsatz bei der Sanierung der Herbert-Meder-Schule zugutegekommen. Sie habe damals einen großen Anteil daran gehabt, dass die umfangreiche Baumaßnahme in den bayerischen Finanzierungsplan aufgenommen wurde.
Auch Landrat Thomas Habermann wird Barbara Stamm nach eigener Aussage in guter Erinnerung behalten. "Sie war eine außergewöhnlich menschliche und warmherzige Frau und hatte ein ehrliches und ausgeprägtes Interesse an ihren Mitmenschen. Ihr christlicher Glaube hat sie durch alle Höhen und Tiefen ihres Lebens getragen."
Engagement in Sachen Siemens im Jahr 2016
Es sei ihr besonders um die Schwachen in der Gesellschaft und auch um die besondere Aufmerksamkeit für schwache Regionen gegangen, führte Habermann weiter gegenüber dieser Redaktion aus. Sie habe verstanden, was Heimat für die Menschen bedeutet. Der Landrat bezeichnet Barbara Stamm als "ein warmes und helles Licht in einer zunehmend kälter werdenden Welt und Gesellschaft".
Barbara Stamm habe dem Landkreis Rhön-Grabfeld immer wieder in München entscheidend weitergeholfen. Das beste Beispiel sei ihr außergewöhnlicher Einsatz für die Beschäftigten beim angekündigten Arbeitsplatzabbau der Firma Siemens im Jahr 2016 gewesen, sagt der Landrat weiter. Damals hatte Siemens die Streichung von 370 Arbeitsplätzen angekündigt.
Die Arbeitnehmervertreter rechneten sogar mit deutlich mehr betroffenen Stellen und sahen auf längere Sicht sogar den gesamten Standort in Gefahr. Auf Bitten von Barbara Stamm kam im April 2016 der damalige Vorstandsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser, nach Bad Neustadt. Vor Ort sicherte er zu, dass der Standort Bad Neustadt nicht in Gefahr sei. Das sei insbesondere dem Engagement von Barbara Stamm zu verdanken gewesen, so Habermann.
Der Kreuzberg hat Barbara Stamm am Herzen gelegen
Am Herzen gelegen hat ihr auch der Kreuzberg. "Der Kreuzberg war für sie ein besonderer, wertvoller und wichtiger Ort", erklärt Landrat Thomas Habermann. Hier habe sie oft Kraft getankt im Gebet und in der Gemeinschaft mit guten Freundinnen und Freunden.
Auch Sonja Reubelt, Bürgermeisterin von Sandberg und Vorsitzende der CSU-Frauenunion Rhön-Grabfeld, würdigt die ehemalige Landtagspräsidentin. Sie sei eine bekennende Unterstützerin von Frauen in der Politik gewesen und habe sich für eine Frauenquote in der CSU ausgesprochen. Sicherlich sei sie für etliche Frauen ein Vorbild, sich politisch zu engagieren.
Barbara Stamm sei eine sehr beeindruckende Persönlichkeit gewesen. "Sie konnte Sachverhalte gleich auf den Punkt bringen und war sehr überzeugend." Zuletzt war Reubelt der Politikerin 2020 bei einer Podiumsdiskussion in Strahlungen zum Thema "Wie sozial ist der Landkreis Rhön-Grabfeld?" begegnet. "Ihr Einsatz für soziale Belange war beispielhaft", erklärt die Bürgermeisterin abschließend.