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Strahlungen: Ist der Landkreis Rhön-Grabfeld sozial?
Die Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm war in Strahlungen zu Gast. Man dürfe nicht übers Geld reden, wenn es um soziale Belange ginge, meinte sie.
Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm war in der Günter-Burger-Halle in Strahlungen zu Gast.
Foto: Brigitte Chellouche | Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm war in der Günter-Burger-Halle in Strahlungen zu Gast.
Brigitte Chellouche
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:27 Uhr

Frühlingshaft geschmückt präsentierte sich die Günter-Burger-Halle in Strahlungen zu Ehren der Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm. Die CSU Frauenunion hatte auf Anregung von Elisabeth Burger die Grande Dame der CSU zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. An ihrer Seite saßen Landrat Thomas Habermann, Bezirksrätin Karin Renner, Bürgermeisterin Karola Back, Sonja Reubelt, Vorsitzende der Frauen-Union, Seniorenbeauftragte Gabi Gröschel und Jürgen Hesselbach vom Kreisjugendring. Die Moderation der Diskussion übernahmen abwechselnd Behindertenbeauftragter Alois Gensler und Bürgermeisterkandidat Johannes Hümpfner.

Mit viel Applaus wurde Barbara Stamm bei Ankunft in der voll besetzten Günter-Burger-Halle bedacht. In seiner Begrüßung betitelte Alois Gensler sie als das soziale Gewissen Bayerns. Sie wäre ein besonderes Vorbild in ihrem Einsatz für soziale Belange der Bevölkerung. Zu Beginn stellten Vorsitzende Sonja Reubelt die CSU Frauenunion Rhön-Grabfeld vor und Bürgermeisterin Karola Back zeigte Strahlungen und hier besonders die soziale Seite des Dorfes auf.

Sozialpolitik ist persönliches Anliegen

Auf die Frage an Stamm von Gensler, was sie nach Ausscheiden aus dem politischen Leben antreibe, dennoch aktiv in der Sozialpolitik zu sein, antwortete sie: Wichtig sei, was einem persönlich am Herzen liege. Man müsse nicht immer ein Amt inne haben. Denn das Schöne an der Kommunalpolitik sei, dass man nahe an den Menschen sei. "Sozialpolitik des 21. Jahrhundert ist Bildungspolitik", betonte die Landtagspräsidentin a. D. Unverzichtbar sei die individuelle Unterstützung und menschliche Hilfe. Der Gedanke der Solidarität sollte hochgehalten werden. "Wir sind gut, aber wir sind nicht so gut, dass wir nicht noch besser werden können", betonte Stamm.

Karin Renner zeigte sich überwältigt von den vielen Menschen, die den Weg nach Strahlungen gefunden hätten. Nach der Frage nach ihrer Arbeit erklärte sie, es sei Hauptaufgabe des Bezirks, sich um Behinderte zu kümmern. Sie habe sich ein Netzwerk aufgebaut, um den Menschen vor Ort zu helfen. Ihre Arbeit erfülle sie sehr und gebe ihr Zufriedenheit. Gabi Gröschel als Seniorenbeauftragte des Landkreises betonte, dass man die verschiedenen Arten der Senioren berücksichtigen müsse. Es gebe die fitten und gesunden Senioren, die ihren Lebensabend genössen, es gebe den anderen Teil, der die gesellschaftlichen Angebot gerne annehme und dann gebe es die Senioren, die auf Pflege angewiesen seien. Es gäbe viele Angebote, betonte Gröschel, sie müssten besser verbreitet werden. Zudem benötigten die Ehrenamtlichen in der Seniorenarbeit mehr Unterstützung.

Wie ist es um die Inklusion bestellt?

Was läuft in Strahlungen im Bereich Inklusion, wurde Bürgermeisterin Karola Back gefragt. Sie fing an aufzuzählen und erklärte, dass man noch viele Ideen hätte, Menschen mit Handicap mit einzubeziehen, nicht nur beim Dart, Fußball und Kegeln, wie es jetzt schon geschieht. Bei der Sanierung der Günter-Burger-Halle werde Wert auf den barrierefreien Zugang gelegt, sagte sie.

Frauenunion-Vorsitzende Sonja Reubelt ist gleichzeitig Bürgermeisterin von Sandberg. Sie wurde nach dem Weg zu einer sozialen Gemeinde gefragt. Sie hätten einen Kümmerer (Quartiersmanager) eingestellt, der sich mit den Menschen und diesen Themen befasse, sagte sie. Ein großes Thema sei die Mobilität, da Sandberg aus fünf Ortsteilen besteht. Jürgen Hesselbach vom Kreisjugendring lobte die Jugend. Sie engagiere sich sozial. Sein Wunsch wäre es, wenn es an jedem Ort einen Jugendraum gäbe.

Man dürfe nicht übers Geld reden, wenn es um soziale Belange ginge, sagte Barbara Stamm. Es dürfe nicht gefragt werden, "was kostet der Mensch, sondern was braucht der Mensch, damit die Bürde seines Lebens leichter wird." Sie schlug vor, Innerortskerne so gestalten, dass Menschen zusammenleben könnten, die sich lange kennen. Da liege es am Landratsamt zu beraten und zu unterstützen, welche Wohnmöglichkeiten es für Senioren und Menschen mit Handicap gäbe. Wichtig sei, dass man im Alter dort wohnen könne, wo man zuhause sei, sagte Habermann. Die zu geringe Wertschätzung der Pflegeberufe prangerte Barbara Stamm an. Eine bessere Bezahlung sei wichtig. Den Pflegestützpunkt im Landratsamt lobte Karin Renner. Gabi Gröschel wünschte sich für Bad Neustadt ein Mehrgenerationenprojekt.

Ideen aus der Bevölkerung sind gefragt

"Wir sind noch lange nicht am Ende. Es gilt noch vieles umzusetzen", sagte der Landrat. Wichtig wären die Ideen aus der Bevölkerung und die Teilhabe aller Menschen am sozialen Leben. Letztlich zeige sich der Wert einer Gesellschaft darin, wie man mit den Schwächeren umgeht, so Habermann.

Auch das Publikum kam zu Wort. So wünschte sich Dieter Wirsing als Behindertenbeauftragter größere Barrierefreiheit in den Dörfern und Städten. "Ich will, dass ein Behinderter ohne Probleme über die Straße kommt." Angelika Ochs von der Caritas bat um Unterstützung der ehrenamtlichen Kindergartenverwaltungen und der Caritas-Vereine. "Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, der zentral liegt." Große Wohnungen bekäme man nur weitab, ohne Busverbindung. Dem schloss sich Jens Fuhl von der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld an. "Wir suchen dringend nach bezahlbaren zentral liegenden Wohnungen für Behinderte." Beide prangerten die Bürokratisierung der sozialen Arbeit an. "Diese Zeit fehlt für die Menschen."

Sie wisse die Arbeit der Caritas und der Lebenshilfe zu schätzen, sagte Stamm. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter seien überfordert. Sie könnten das nicht mehr. Es herrsche zu viel Bürokratie und zu viel Kontrolle. Und dann malte sie ein Schreckgespenst an die Wand. Da ein Mangel an Pflegekräften herrsche, gäbe es irgendwann einmal nur noch Roboter. Doch auch im Zeitalter der Digitalisierung gelte: "Die warme Hand eines Menschen ist nicht zu ersetzen."

 
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