
Ein uriger Gastraum für knapp 60 Personen, etwa ebenso viele Übernachtungsbetten, eine große Sonnenterrasse, ein gut angenommenes Rhöner Speisen- und Getränkeangebot und dazu ein einmaliger Ausblick über die Walddörfer und weit darüber hinaus in die Südrhön: Das Neustädter Haus auf dem 754 Meter hohen Käuling, einem Nebengipfel des Kreuzbergs, gehört zu den beliebtesten Wanderzielen in der Rhön.
Nicht nur bei Wanderern beliebtes Ausflugsziel
Nicht nur Wanderer, sondern auch Bikerinnen und Biker vom nahen Flowtrail oder Besucherinnen und Besucher des angrenzenden Klettergartens kehrten hier ein. Diesen Sonntag, 16. Oktober, werden sie hier noch einmal bewirtet. Der Imbiss ist noch bis Ende des Monats geöffnet. Dann wird der Rhöner Berggasthof nach fast 95 Jahren geschlossen. Ob er jemals wieder öffnen wird, scheint zumindest fraglich.
"Eigentlich dachten wir, dass wir hier bis zu Rente bleiben", erinnert sich Maria Hartan, die das Haus vor etwa sechs Jahren mit ihrem Mann Alexander gepachtet hat, an die Anfangszeit. Das Geschäft sei immer besser gelaufen, die Gaststätte gut besucht, die Betten an den Wochenenden oft alle belegt gewesen. Dass nun auf einem Schild am Eingang und auch auf der Internetseite des Hauses zu lesen ist, man habe sich schweren Herzens entschlossen, den Betrieb zu schließen, bedauert die Wirtin sehr, aber es sei nicht anders machbar.
Großer Nachholbedarf beim Brandschutz am Neustädter Haus
Ursächlich für diese Entwicklung, so Maria Hartan, sei nicht Corona. Die Pandemie habe man "mit einem blauen Auge überstanden", Grund für die Schließung sei der bauliche Zustand des Hauses und für den sei der Rhönklub-Zweigverein Bad Neustadt als Eigentümer und Verpächter des Berggasthofes verantwortlich.
Darüber hinaus gibt es auch keine Meinungsverschiedenheiten mit den Verantwortlichen des Zweigvereins, denn dort beurteilt man die Situation ähnlich. Im Unterschied zu früheren Hoffnungen und Erwartungen der Wirtsleute sieht man sich aber nicht in der Lage, diese Situation zu ändern.
Großes Bedauern über Entscheidung der Wirtsleute
"Wir bedauern es sehr, dass der Pachtvertrag ausgelaufen ist", betont Vorsitzender Reinhold Halbing im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Gründe dafür sind aber auch für ihn nachvollziehbar. Auch er führt hierzu den Zustand des Hauses an. Nicht nur, dass es Probleme mit der Wasserversorgung, der Wasseraufbereitung, der Abwasserklärung oder dem Stromanschluss gibt. Im Lauf der Jahre seien auch verschiedenste bauliche Mängel am und im Haus aufgetreten, so Halbing. Fenster seien marode, eine Wasserleitung undicht.

Am gravierendsten seien aber die Mängel beim Brandschutz. Den erachten die Verantwortlichen des Rhönklubs aber als besonders wichtig und haben daher schon vor einiger Zeit Experten der Feuerwehr, den damaligen Kreisbaumeister und andere Behördenvertreter mit dem Thema befasst. Die Ergebnisse der Experten waren einhellig: Ohne umfassende Investitionen in den Brandschutz darf ein Großteil der Übernachtungsmöglichkeiten nicht mehr angeboten werden.
Ohne Übernachtungen kein wirtschaftlicher Betrieb
"Da mussten wir die Reißleine ziehen", so Reinhold Halbing. Seit knapp zwei Jahren, so Maria Hartan, sei der Übernachtungsbetrieb daher nur noch höchst eingeschränkt möglich gewesen. Mit dem Wegfall eines so wichtigen Standbeines, auch hier sind Pächter und Verpächter einer Meinung, ist ein wirtschaftlicher Betrieb des Berggasthofes nur schwer möglich.
Nun standen die Verantwortlichen des Zweigvereins vor der Frage, wie die Zukunft des Sorgenkindes Neustädter Haus aussehen könnte. Bei der Hauptversammlung im August 2021 beschlossen die Teilnehmer einhellig, ein Gremium zu bilden, das Überlegungen über das weitere Vorgehen in dieser Frage anstellen sollte.

Wie Zweigvereins-Vorsitzender Halbing jetzt im Kreis einiger Vorstandsmitglieder informierte, gibt es hierfür eine Tendenz: Das Neustädter Haus soll verkauft werden. Der Zweigverein sieht sich nicht in der Lage, das Gebäude zu sanieren. Eine solche Sanierung würde eine Millioneninvestition erfordern. Dass es möglich wäre, diese Mittel zu beschaffen, wollte Halbing nicht ausschließen. Die entscheidende Frage sei, ob der Zweigverein in der Lage sei, das Sanierungsprojekt zu stemmen und das Neustädter Haus fortzuführen. Und diese Frage beantwortet der Vorsitzende mit einem klaren "Nein".
Am Verkauf des Neustädter Hauses führt wohl kein Weg vorbei
Der Zweigverein habe noch etwa 320 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von weit über 70 Jahren. Seit fünf oder sechs Jahren finde sich nicht einmal mehr ein Hüttenwart. Ein Dutzend ehrenamtlicher Fachleute, wie sie der Bad Kissinger Zweigverein aufbieten kann, um mit enormem Aufwand die Sanierung der Kissinger Hütte zu organisieren, sieht der Neustädter Vorsitzende in seinem Zweigverein einfach nicht. Auch wenn er sich durchaus für weitere Lösungen offen zeigt, scheint für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen im Vorstand der Verkauf die erste Option.

Dass dieser den Verantwortlichen überhaupt nicht leicht fallen würde, daran lassen sie keine Zweifel. Zu viele schöne Erinnerungen sind mit dem Haus verknüpft, groß ist auch der Respekt vor den außergewöhnlichen Leistungen, die frühere Mitglieder für den Erhalt und Ausbau des Gebäudes erbracht haben. Aber Mitglieder, die so etwas leisten können, gibt es nicht mehr.
Wichtig wäre den Verantwortlichen, dass das Haus auch künftig als Rhöner Wandergaststätte erhalten bleibt. Ob das gelingt, sei allerdings dahingestellt. Erste Interessenten hätten sich gemeldet, erste Gespräche stattgefunden. Konkret, so Halbing, sei aber noch gar nichts. Dass man jetzt an die Öffentlichkeit gehe, sei diesbezüglich eine Art Hilferuf.
Entscheidung über die Zukunft des Hauses in einer Mitgliederversammlung
Für die Hartans war all das natürlich keine Perspektive. Das Pachtverhältnis läuft nun aus. Sobald sie das Gebäude verlassen haben, soll es in Absprache mit der Polizei vor irgendwelchen Zerstörungen gesichert werden, beschreibt Zweigvereinsvorsitzender Halbing die nächsten Schritte. Gleichzeitig soll weiter nach möglichen Perspektiven für das Gebäude beziehungsweise einem Käufer gesucht werden. Falls sich eine Lösung abzeichnet, möchte der Vorsitzende diese in einer Mitgliederversammlung bestätigen lassen.

Derweil sind die bisherigen Pächter gerade dabei, ihre Wohnung oben auf dem Käuling zu räumen. Sie ziehen nach Bischofsheim um, wo sie ein neues Projekt angehen wollen. Welches, das möchten sie noch nicht verraten.
Das Neustädter Haus
Zum Ende des Kriegs wurde das Gebäude erheblich beschädigt und geplündert. Wieder bauten die Rhönklub-Mitglieder ihre Berghütte auf. Seine heutige Gestalt erhielt das Wanderheim in den Jahren 1974 und 1977/1978. Aber auch in der folgenden Zeit wurden die Räumlichkeiten immer wieder saniert und erneuert. Eine letzte größere Renovierung wurde 2015 abgeschlossen. 2016 wurde die Pächterwohnung renoviert.
2006 wurde der 2,5 Kilometer lange Anfahrtsweg asphaltiert. 2010 entstand ein 700 Meter langer Seniorenwanderweg mit Aussichtspunkt. 2013 folgten die Eröffnung des Flowtrails und des Kletterparks.
Günter Maisch, Ludwig Rothaug, Ludwig Euring, Altlandrat Gottfried Miller, Klaus Weiss oder Paul Trammer und Rudolf Demling sind nur einige Namen, die immer wieder als engagierte Helfer und Freunde des Neustädter Hauses in den vergangenen Jahrzehnten genannt werden.
Habt Ihr denn alle nix aus Corona gelernt.. Habt Ihr nicht gesehen dass es keine Wirtschaften bzw. Wirtshäuser gibt?
Keiner will mehr in die Gastronomie... keiner ins Handwerk.. da hilft auch kein NP oder Käseglocke
Macht einen NP um KG und lasst uns in Rhön einfach in Ruh!
hier geht es um die Schließung des Neustädter Hauses und nicht um das Für und Wider eines Nationalparks!
Die Schließung des Neustädter Hauses hat auch nichts mit Corona zu tun.
Die Schließung dürfte sowohl bei Einheimischen als auch bei (möglicherweise ungeliebten) Gästen für Kopfschütteln sorgen! Der Umgang mit dem Haus in den letzten Jahrzehnten ist eine Schande! Eine Schande ist es auch, dass der ach so große, übergeordnete Rhönverein nichts zu der Sache zu sagen hat sondern seinen Zweigverein ohne Hilfe im Regen stehen lässt. Ein Zweigverein der offenbar seit Jahrzehnten mit diesem Haus fachlich überfordert gewesen ist.
Ich finde es äußerst traurig, dass so eine Einrichtung so dermaßen schäbig und beiläufig abgewickelt wird!
Es wäre sicher sinnvoll wenn das Finanzamt etc. mal schaut ob hier alles satzungsgemäß gelaufen ist in den letzten Jahren - immerhin handelt es sich um einen e.V. der strenge Auflagen zu erfüllen hat.
Ich finde es auch Schade,dass so ein etabliertes Haus vor dem AUS steht und ich erinnere mich an viele Besuche oder auch die Musik Veranstaltungen mit Sandberg/Schmalwasser.
Aber ich kann diesem Hype leider nicht folgen, dass ein NP all die Probleme gelöst hätte!
Wer seit Jahren im Neustädter Haus zugegen war und dort auch übernachtet hat wusste um die prekären Zustände, spätestens wenn man nachgefragt hat.
Man darf sich schon fragen wie der Bad Neustädter Zweigverein die Einnahmen der letzten Jahrzehnte verwendet hat? Vor allem muss man sich auch fragen warum hier der Rhönklub als Ganzes hier untätig bleibt und die ganze Sache den Bad Neustädtern überlässt die mein einem durschnittlichen Alter von 70 Jahren und trotz 320 Mitgliedern so wie es ausschaut am Ende ist!
Der Rhönklub als Ganzes hat allerdings in der Vergangenheit auch nur mit negativen Schlagzeilen und Streitereien von sich Reden gemacht, da kann man nichts erwarten. Scheinbar dient dieser Verein einigen Mitgliedern rein zur Selbstinszenierung.
Schade ist es um das Neustädter Haus. Der Standort ist ein Filetstück sondersgleichen!
Ein trauriger Haufen überforderter Senioren halt.