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Bischofsheim
"Ohne Beschneiung hätten wir keinen Skitag gehabt": Rhöner Liftbetreiber blicken auf einen Winter ohne Naturschnee
In diesem Winter trat in der Rhön die Abhängigkeit vom Kunstschnee offen zu Tage. Die Liftbetreiber schwanken zwischen Frustration und nicht nachlassender Hoffnung.
Solche Schneetage gab es in diesem Winter nicht oft. Niederschläge blieben weitgehend aus. Auf der Wasserkuppe (Foto) konnten die Lifte dank Kunstschnee 76 Tage lang laufen.
Foto: Josef Lamber (Archivfoto) | Solche Schneetage gab es in diesem Winter nicht oft. Niederschläge blieben weitgehend aus. Auf der Wasserkuppe (Foto) konnten die Lifte dank Kunstschnee 76 Tage lang laufen.
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 31.03.2025 02:32 Uhr

Es war kalt, der Himmel war blau und die Sonne schien – ideale Voraussetzungen für einen schönen Skitag in der Rhön. Aber: Es fehlte der Schnee. Immer wieder wurde er vorausgesagt, dann jedoch fielen wenn überhaupt nur wenige Flocken. So kam es, dass drei der Rhöner Skilifte in diesem Winter keinen einzigen Betriebstag verbuchen konnten. Dass auf der Wasserkuppe und am Zuckerfeld in der hessischen Rhön die Lifte liefen, hatten sie einzig und allein dem Kunstschnee zu verdanken. Dementsprechend fällt beim Großteil der Liftbetreiber die Winterbilanz frustriert aus.

Matthias Adrian vom Arnsberglift: "Wenn es wieder eine Nullrunde wird, müssen wir ernsthaft darüber nachdenken aufzuhören"

Matthias Adrian vom Arnsberglift in Oberweißenbrunn tut sich schwer bei der Frage, wann zum letzten Mal die Arnsberglifte keinen einzigen Tag im Winter in Betrieb waren. Nach einigem Überlegen kommt er auf Ende der 1960/Anfang der 1970er Jahre. Im Winter 2023/24 liefen an sechs Tagen die Lifte, davor waren es 17 Tage und nun eben gar nicht. "Wir überlegen schon, wie es weiter geht", so Adrian spürbar deprimiert. Der nächsten Saison will er noch eine Chance geben. "Wenn es wieder eine Nullrunde wird, müssen wir ernsthaft darüber nachdenken aufzuhören." Die Investition in die Saisonvorbereitung mit allem Drum und Dran beziffert er in fünfstelliger Höhe. Das könne man angesichts der schlechten Winter in den letzten Jahren nicht lange kompensieren. 

Volker Willert, Kreuzberglifte: "Wir können nur noch wenig investieren und hoffen, dass es den Skifahrern trotzdem gefällt"

Auch am Kreuzberg konnten die Lifte in diesem Winter an keinem Tag in Gang gesetzt werden. Im letzten Winter waren es immerhin noch zwei Wochen. Der Durchschnittswert liegt bei drei bis vier Wochen, so Inhaber Volker Willert. Mittlerweile sei man jedoch schon darauf eingestellt, dass die Schneetage weniger werden. Wie am Arnsberg, so müssen auch hier die Unkosten aufgefangen werden. Noch sei man jedoch gewillt, weiterzumachen. "Solange nichts Wesentliches kaputtgeht." Dann könne der Betrieb auch einmal schnell zum Erliegen kommen. Aber auch da gebe es Möglichkeiten: "Es müssen ja nicht alle Lifte laufen." Generell plane man noch optimistisch in die Zukunft. "Trotz allem macht es uns Spaß." Vorausgesetzt natürlich, die Skifahrer kommen. "Wir können nur noch wenig investieren und hoffen, dass es den Skifahrern trotzdem gefällt", so Willert.

Mitte März, kurz vor dem Frühlingsanfang, schneite es noch einmal. In manchen Teilen der Rhön fielen rund 15 Zentimeter Schnee. Das Foto wurde bei der Thüringer Hütte aufgenommen.
Foto: Josef Lamber | Mitte März, kurz vor dem Frühlingsanfang, schneite es noch einmal. In manchen Teilen der Rhön fielen rund 15 Zentimeter Schnee. Das Foto wurde bei der Thüringer Hütte aufgenommen.

Florian Heitmann, Betriebsleiter auf der Wasserkuppe: "Es ist nicht so, dass Wintersport im Mittelgebirge abgeschrieben werden kann"

Anders sah es auf der Wasserkuppe aus. Dort hatte man trotz wenig Naturschnee einen "sehr guten" Winter. "Das ist aber nur der Beschneiung zu verdanken. Ohne Beschneiung hätten wir keinen einzigen Betriebstag gehabt", erklärt Florian Heitmann, Betriebsleiter der Ski- und Rodelarena auf der Wasserkuppe. Dort ist man in diesem Winter immerhin auf insgesamt 76 Lifttage gekommen. Mit nur zwei kurzen Unterbrechungen liefen vom 23. Dezember bis 16. März die Lifte. Der Durchschnitt liegt auf der Wasserkuppe bei 60 Betriebstagen. Natürlich würden die Kosten für die Beschneiung zu Buche schlagen. "Unterm Strich rechnet es sich aber", sagt Heitmann. 

Diesen Winter sei es ihnen sehr zugutegekommen, dass die Temperaturen größtenteils niedrig geblieben sind. Der Kunstschnee von Dezember und Januar sei weitgehend bis in den März liegen geblieben. "Es ist nicht so, dass Wintersport im Mittelgebirge abgeschrieben werden kann", stellt Florian Heitmann heraus. "Dieser ist nach wie vor möglich, aber mit Beschneiung." Sich allein auf Naturschnee zu verlassen, werde immer schwieriger. Insofern stelle man auf der Wasserkuppe erste Überlegungen an, die Beschneiung auszubauen.

Harald Jörges vom Zuckerfeld: "Dass ich jetzt als älterer Mensch miterleben muss, dass die Anlagen nicht mehr laufen, ist traurig"

"Es ist beängstigend. Das war ein Winter ohne Schnee", äußert sich Harald Jörges vom Zuckerfeld in Gersfeld-Obernhausen besorgt. Die Jahre zuvor habe man sich über die sinkende Schneefallgrenze unterhalten. Diese Frage habe sich diesen Winter erst gar nicht gestellt. Am Zuckerfeld kommt man auf zwölf Lifttage. Ebenso wie auf der Wasserkuppe ausschließlich dank Kunstschnee. Im Jahr zuvor waren es über 30 Tage und davor über 40. "Unser Konzept läuft über Zubeschneiung. Wir brauchen Naturschnee", erklärt Jörges. Zum einen müsse man die Kosten für die Beschneiung im Auge behalten. Zum anderen sei es in diesem Winter auch so gewesen, dass ein weißer beschneiter Streifen inmitten von Grün wohl den ein oder anderen Skifahrer abgeschreckt habe. "Da fehlt die winterliche Atmosphäre", so Jörges.

"Wenn das so weitergeht, wird es immer schwieriger, den Liftbetrieb zu stemmen", betont Harald Jörges. Irgendwann werde wohl nur noch die Wasserkuppe als einziger Liftbetrieb in der Rhön übrig bleiben, blickt er pessimistisch in die Zukunft. Derzeit sei es auch müßig, am Zuckerfeld an eine weitere Investition in die Beschneiung zu denken. Dazu bräuchte man einmal wieder einen guten Winter. 

Der 69-jährige Jörges erinnert sich an seine Kindheit. "Ich habe den Aufschwung in der Rhön miterlebt. Es gab viele Lifte. Da tat sich etwas. Dass ich jetzt als älterer Mensch miterleben muss, dass die Anlagen nicht mehr laufen, ist traurig." Noch denke man jedoch nicht ans Aufhören. "Aber große Investitionen in die Liftanlagen sind nicht mehr drin."

Patrick Rother, Simmelsberglifte: "Wenn wir davon leben müssten, könnten wir das nicht machen"

"Es ist leider so", ist auch Patrick Rother, Vorsitzender des Lift betreibenden Skiklubs Hanau, geknickt. Man habe am Simmelsberg erneut vor der Saison viel in den Liftbetrieb investiert und blicke nun auf keinen einzigen Lifttag zurück. Vor allem seien zahlreiche ehrenamtliche Stunden der Vereinsmitglieder in die Vorbereitung geflossen. Der Verein könne sich jedoch glücklich schätzen, dass Zuschüsse in den Liftbetrieb fließen, unter anderem von der hessischen Landesregierung. Aber: "Wenn wir davon leben müssten, könnten wir das nicht machen."

"Wir versuchen, positiv zu bleiben", erklärt Rother. Man könne es nicht ändern. "Wir hoffen, dass einmal wieder so richtig Schnee fällt."  Aber auch er sieht: "Ohne Kunstschnee wird es schwierig." Vor etwa fünf Jahren habe man Überlegungen in Richtung einer Beschneiungsanlage für den Simmelsberg angestellt. Damals sei man auf eine Summe von 1,3 Millionen Euro gekommen. Letztendlich sei es jedoch daran gescheitert, dass am Simmelsberg das nötige Wasser für die Beschneiung fehlt. Sein Fazit: "Alles muss finanziell tragfähig bleiben. Wir können jedoch eine Saison ohne Schnee verkraften und geben nicht auf."

Sven Kemmerzell vom Loipenpark am Roten Moor: "Die Tendenz ist klar ersichtlich"

Ähnlich wie bei den Skiliften, so blickt man auch im Langlauf enttäuscht auf den vergangenen Winter zurück. An gerade einmal 14 Tagen konnten in der Rhön die Loipen präpariert werden. Anfang Januar, um den Übergang vom Februar in den März hinein und dann noch einmal ganz zum Schluss Mitte März, führt Sven Kemmerzell von Loipenpark.de aus. Im Jahr zuvor wurden an 18 Tagen die Loipen gewalzt beziehungsweise gespurt, davor 50 und nochmals zuvor 80 Tage. "Die Tendenz ist ganz klar ersichtlich."

 
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Kommentare
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  • Johannes Metzger
    Skifahren im Mittelgebirge isch over!
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  • Ulrike Schneider
    Kunstschnee gehört abgeschafft da in jeder Hinsicht schädlich:

    https://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/umweltfreundlich-reisen/skifahren-wintersport-mit-folgen#:~:text=Zudem%20ist%20Kunstschnee%20dichter%20als,wie%20eine%20stark%20befahrene%20Stra%C3%9Fe.

    https://www.uibk.ac.at/ibf/blog-wirtschaft-und-verantwortung/posts/die-schneekanone---die-schaedlichste-kanone-der-welt.html

    https://www.fr.de/ratgeber/reise/warum-kunstschnee-umwelt-schadet-11221271.html
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  • Anton Müller
    Kein Mitleid! Dass die Winter immer milder werden, weiß man seit mindestens 30 Jahren. Die Mittelgebirge waren schon immer eher mäßig sicher mit Schnee versorgt. Wanderer, Radfahrer und Wassersportler haben auch Geld und sind bereit, es für ihre Hobbies auszugeben wenn es attraktive Angebote gibt...😉
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  • Claudia Schwarz
    ....sinkende Schneefallgrenze....müsste es nicht steigende Schneefallgrenze heißen???
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  • Walter Stöckl-Manger
    Ja klar!

    Ich fasse mal so zusammen: Tolle News für die Kunstschnee-Industrie, da knallen die Sektkorken!

    Und auf die Umwelt ist ja eh im gesamten Wintersport, ob jetzt Freizeit oder professionell laut gepfiffen: https://www.quarks.de/umwelt/was-du-ueber-kunstschnee-wissen-solltest/
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