Oft treten die gesundheitlichen Beschwerden an einem Wochenende auf. So auch bei Elfriede F. aus einem kleineren Ort im nördlichen Landkreis Kitzingen. Zuerst waren es nur Kopfschmerzen, aber dann zogen sich die Schmerzen über den ganzen Oberkörper. Sie ruft bei ihrem Hausarzt an. Eine freundliche Bandansage erklärte, dass die Praxis erst wieder ab Montag, acht Uhr, erreichbar sei. Und dann kam noch eine Standardansage, wie sie bei fast allen Arztpraxen so oder in ähnlicher Form zu hören ist: "In dringenden medizinischen Fällen wenden Sie sich an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117. In akuten lebensbedrohlichen Notfällen wählen Sie die 112."
116 117 oder 112: Wo rufe ich an?
Und genau da beginnt die Problematik für den hilfesuchenden Patienten: Wie schlimm steht es um mich? Wo rufe ich jetzt an? Jasmin Lyding, Allgemeinärztin aus dem Würzburger Landkreis und für den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (KVB) im Großraum Würzburg/Kitzingen mit zuständig, kennt die Schwierigkeiten. "Der Patient kann sich selbst schwer einschätzen. Noch problematischer ist es, wenn ein Angehöriger die Bereitschaftsnummer anruft und das Krankheitsbild beschreiben soll." Gibt es da Kommunikationsfehler? Oder Unwissenheit?
Reno Thoß, Leiter der Vermittlungs- und Berater-Zentrale der KVB und zuständig für die Rufnummer 116 117 in ganz Bayern, kennt diese Probleme. "Zwischenzeitlich haben wir ein ausgeklügeltes Softwaresystem auf allen unseren Abfrageplätzen in den drei bayerischen Standorten München, Augsburg und Bayreuth", sagt Thoß. "Egal, wo Sie bei einem Anruf herauskommen: Als erstes müssen Sie Ihren Wohnort nennen und sofort erscheint am Abfrageplatz eine Karte mit allen Informationen zu Ihrem Standort."
Die Bereitschaftspraxis ist dem Kitzinger Krankenhaus angegliedert
Laut dem Leiter erfolgt nun eine katalogisierte Abfrage: Geschlecht, Alter, Vorerkrankungen und die aktuell aufgetretenen gesundheitlichen Beschwerden. Eine erste Einschätzung durch das medizinische Fachpersonal wird durch das Computerprogramm ergänzt, so dass eine Dringlichkeitseinschätzung erfolgen kann. "Solche Gespräche können unter Umständen schon etwas Zeit in Anspruch nehmen", sagt Thoß unter Hinweis auf die manchmal längeren Wartezeiten bis zur Anrufannahme.
Bei Elfriede F., die richtigerweise die 116 117 angerufen hatte, kam der Mitarbeiter am Telefon zur Auffassung, dass eine ernsthafte Krankheit vorliegt. Seine Empfehlung: Die Patientin soll die im Kitzinger Krankenhaus angegliederte ärztliche Bereitschaftspraxis aufsuchen. Da Frau F. allerdings nicht mobil ist, musste eine andere Lösung her.
Der zuständige diensthabende Bereitschaftsarzt wurde verständigt und nahm zeitnah mit der Patientin persönlich telefonisch Verbindung auf. Gleichzeitig wurde der Fahrdienst, der sich im örtlichen Bereich des Arztes aufhalten muss, beauftragt, den Arzt abzuholen. "Eine Erleichterung, dass wir nicht selbst fahren müssen", sagt die Ärztin Jasmin Lyding. "Wir fahren oft am Tag hunderte von Kilometer und arbeiten die Fälle nach Dringlichkeit nach und nach ab." Ihren Dienstbereich, der sich von Würzburg bis in den Landkreis Kitzingen erstreckt, teilt sie sich mit weiteren Kollegen. Jedes Fahrzeug ist mit GPS ausgestattet, so dass der Disponent jederzeit weiß, wo sich das nächstliegende Team aufhält.
Zahl der Fehlalarmierungen liegt zwischen drei und fünf Prozent
Lyding erzählt weiter, dass in vereinzelten Fällen doch der Rettungsdienst verständigt werden muss. Umgekehrt sei es aber auch so, dass manchmal der Rettungsdienst vor Ort einen Patienten nicht mitnehmen muss, aber die KVB um einen Hausbesuch bittet. "Wir arbeiten da Hand in Hand", sagt die Ärztin, die zu anderen Zeiten auch als Notärztin eingesetzt ist.
"Es ist natürlich nicht zielführend, wenn der Rettungsdienst fehlalarmiert wurde," meint der Chef der Vermittlungszentrale Thoß. Er spricht von drei bis fünf Prozent Einsatzfällen dieser Art, was aber "als tolerierbar" angesehen werden kann, und: "Es ist immer noch besser die Situation zu hoch eingeschätzt zu haben, als zu niedrig." Durchschnittlich werden pro Tag 3000 Anrufe abgearbeitet. Am Wochenende sind es doppelt so viele. Bis zu 170 medizinisch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten in Schichten die Anfragen. Dennoch: In einer Pressemitteilung bittet die KVB um Verständnis und Geduld, wenn es gerade in Spitzenzeiten zu Verzögerungen kommt, da die Corona-Pandemie an den Kräften aller Ärzte, deren Teams und Mitarbeitern der Vermittlungszentrale zehrt.
Wie und wo hilft ein Arzt am Wochenende und nachts?
Das wäre zum Beispiel hier der Fall: Erkältung mit Fieber höher als 39 Grad, anhaltender Brechdurchfall bei mangelnder Flüssigkeitsaufnahme, starke Hals- oder Ohrenschmerzen, akute Harnwegsinfekte, akute Rückenschmerzen oder starke Bauchschmerzen. In diesen Fällen kann auch die ärztliche Bereitschaftspraxis im Kitzinger Krankenhaus aufgesucht werden.