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Bad Neustadt
Haushalt 2023: Was Bad Neustadts Kämmerer Andreas Schlagmüller Sorge bereitet und wo er Hoffnungen hegt
Eine Rekord-Schlüsselzuweisung, eine stark rückläufige Kreisumlage, eine Zuführung mit Richtungsänderung: Der Haushalt der Stadt Bad Neustadt 2023 ist besonders.
Weg frei für die Sanierung der Falaiser Brücke! Zehn Jahre lang wurde das Projekt immer wieder verschoben. 2023 sollen die Bauarbeiten endlich beginnen. Mit 1,55 Millionen Euro Kosten ist die Brücke eine der großen Investitionen der Stadt Bad Neustadt in diesem Jahr.
Foto: Andreas Sietz | Weg frei für die Sanierung der Falaiser Brücke! Zehn Jahre lang wurde das Projekt immer wieder verschoben. 2023 sollen die Bauarbeiten endlich beginnen.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:15 Uhr

Mit einem Volumen von 82,6 Millionen Euro präsentierte Kämmerer Andreas Schlagmüller dem Stadtrat von Bad Neustadt am Donnerstagabend den drittgrößten Haushalt der Stadt-Geschichte. Was den Haushalt 2023 von den bisherigen unterscheidet, in welche Bereiche investiert wird und wie der Kämmerer in die Zukunft blickt.

Weshalb eine Gewerbesteuerrückzahlung aus dem Jahr 2020 den Haushalt bis heute beeinflusst

Bad Neustadts Rekord-Haushalt stammt aus dem Jahr 2020 und umfasste damals 120,9 Millionen Euro. Grund war die in jenem Jahr überraschende Gewerbesteuerrückzahlung eines örtlichen Steuerpflichtigen in Höhe von 23,5 Millionen Euro. Die Rechtmäßigkeit dieser Zahlung verhandeln derzeit die Gerichte. 

Wie die Entscheidung auch ausfällt, sicher ist: Einen Teil des Geldes muss die Stadt Bad Neustadt über die Gewerbesteuerzerlegung so oder so an andere berechtigte Gemeinden weiterreichen. 9 Millionen dieser 23,5 Millionen Euro hat die Stadt Bad Neustadt bereits im Jahr 2021 "weitergereicht". Mit weiteren rund 8 Millionen Euro plus Zinsen rechnete sie 2022. Aufgrund von Verzögerungen kam die Forderung im Vorjahr nicht. Damit stand der Haushalt Ende 2022 deutlich besser da als geplant. Leider ein vorübergehendes Glück: 2023 wird die Rückzahlung nun wohl endgültig aufschlagen.

Was den Bad Neustädter Haushalt 2023 besonders macht

Weil die Ausgaben im Verwaltungshaushalt (56,3 Millionen) höher sind als die Einnahmen (knapp 46 Millionen Euro), ist voraussichtlich erstmals in Bad Neustadts Geschichte eine Zuführung von 10,5 Millionen Euro aus dem Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt nötig. In der Regel ist es umgekehrt: Ein Überschuss aus dem Verwaltungshaushalt wird dem Vermögenshaushalt für Investitionen zugeführt.

Haushalt 2023: Was Bad Neustadts Kämmerer Andreas Schlagmüller Sorge bereitet und wo er Hoffnungen hegt

Braucht es 2023 erstmals seit 2016 wieder ein Darlehen?

8,9 Millionen Euro Einnahmen im Vermögenshaushalt stehen Ausgaben von 26,3 Millionen gegenüber. Um den Fehlbetrag von 17,4 Millionen Euro aufzubringen, sollen Rücklagen in Höhe von 13,4 Millionen Euro entnommen werden. Die Rücklagen schrumpfen damit auf 1,2 Millionen Euro. Erstmals seit 2016 ist außerdem eine Kreditaufnahme von 4 Millionen Euro geplant. Der Schuldenstand würde damit auf rund 11,2 Millionen Euro steigen (Pro-Kopf-Verschuldung 717 Euro).

Doch Kämmerer Schlagmüller ist optimistisch: "Ich bin guter Dinge, dass die Darlehensaufnahme am Ende nicht kommen muss. Die Erfahrung zeigt: Es wird nicht alles so gebracht, wie es sicherheitshalber eingeplant ist."

Weshalb die Unternehmen stabil wirtschaften, aber die Gewerbesteuer-Einnahmen niedrig sind

Über Jahre war auf der Einnahmenseite der Stadt die Gewerbesteuer der dominierende Posten (im Standardjahr beläuft sie sich auf circa 11 Millionen Euro). 2023 aber liegt sie bei nur 5 Millionen Euro. Wie kann das sein? Hinsichtlich seiner Unternehmen sei die Kreisstadt breit aufgestellt, alle Betriebe schlagen sich wacker: "Das ist das erfreuliche: Es läuft bei uns", so Schlagmüller.

Die 2023 sogar rund 13 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen werden aber von der voraussichtlichen Sonder-Rückzahlung von 8 Millionen Euro (siehe oben) auf 5 Millionen Euro gemindert.

2023, das Jahr der Rekord-Schlüsselzuweisung

2023 erhält Bad Neustadt eine Rekord-Schlüsselzuweisung vom Freistaat in Höhe von 2,03 Millionen Euro. Über die Schlüsselzuweisungen unterstützt der Freistaat Gemeinden mit niedriger Steuerkraft. Wieso kommt Bad Neustadt diesmal vergleichsweise üppig zum Zuge? Grundlage für die Zuweisung 2023 sind die Steuereinnahmen der Stadt aus dem Jahr 2021. Hier schlug die Gewerbesteuer-Sonderrückzahlung zu Buche. Entsprechend war Bad Neustadts Steuerkraft in jenem Jahr deutlich niedriger als sonst, was die Rekord-Schlüsselzuweisung bedingt.

Weshalb die Bad Neustädter Kreisumlage trotz der Erhöhung des Landkreises stark rückläufig ist

Auf den ersten Blick kurios erscheint die Entwicklung der Kreisumlage in Bad Neustadt, denn sie ist stark rückläufig (um 8,3 Millionen) und mit "nur" 9,5 Millionen Euro eingeplant. Angesichts der Empörung der Gemeinden ob der Erhöhung der Kreisumlage durch den Landkreis durchaus verwunderlich. "Alle ärgern sich, dass man mehr zahlen muss als gedacht, wir auch", bringt es Kämmerer Schlagmüller auf den Punkt. "Trotzdem zahlen wir weniger als letztes Jahr."

Denn wie die Schlüsselzuweisung ist auch die Kreisumlage an die Steuereinnahmen aus 2021 gebunden. Ein steuerschwaches 2021 bedingt 2023 mehr Schlüsselzuweisungen und weniger Kreisumlage. Ärgerlich ist die Erhöhung durch den Landkreis aber auch für die Kreisstadt: "Wir hatten einen noch deutlicheren Rückgang erwartet." 

Was dem Kämmerer Bauchschmerzen bereitet und wo er Hoffnung hegt

Bauchgrimmen bereiten Kämmerer Schlagmüller die gestiegenen Personalkosten. Mit 11,9 Millionen Euro veranschlagt liegen diese 1,2 Millionen Euro über dem Vorjahr. Grund sei einerseits ein Personalanstieg, etwa durch den Schülerhort am Schulberg und den Kindergarten Herschfeld. Eine weitere Ursache seien Tariferhöhungen. Die sind noch dazu nur mit 4,5 Prozent eingepreist. Als der Haushalt festgezurrt wurde, war eine weitere Erhöhung nicht absehbar. "Jetzt wüsste ich natürlich, dass das viel zu niedrig gegriffen ist." Diese Mehrkosten hofft der Kämmerer durch nichtanfallende Posten im Bereich Gebäudeunterhalt wettzumachen. 

2023, kein Jahr der repräsentativen Hochbau-Investitionen

2022 war das Jahr dreier großer Hochbaumaßnahmen mit insgesamt über 20 Millionen Euro Investitionskosten (Generalsanierung Mittelschule, Schülerhort Schulberg, Kindertagesstätte Herschfeld). Die Projekte werden weitergeführt, nicht alle Mittel wurden dafür bereits abgerufen. 2023 werde mit 1,1 Millionen Euro moderat in den Bereich Hochbau investiert, so Schlagmüller.

In welche Bereiche wird 2023 investiert?

Größter Posten der Investitionen von 15,1 Millionen Euro in 2023 sind die Erschließung von Wohnbaugebieten für 2,25 Millionen Euro. ("Westlich des Lebenhaner Weges" Brendlorenzen und Dürrnhof "Am Wethfeld"). Die Sanierung der Falaiser Brücke ist mit 1,55 Millionen Euro eingeplant. Der Waldweg in Neuhaus soll für knapp 600.000 Euro saniert werden. Grunderwerb ist mit 2,5 Millionen Euro eingepreist. 

Das kostenträchtigste Projekt, das über allem schwebt: der Fronhof

Es ist das Projekt, an dem sich im Bad Neustädter Stadtrat die Geister scheiden, obwohl es im Haushalt 2023 noch gar nicht auftaucht: die millionenschwere Sanierung der Alten Amtskellerei (Fronhof) zu einem Kulturzentrum. Wen man auf den Finanzplanungszeitraum für die Jahre 2024 bis 2026 blickt, steht der Fronhof an erster Stelle. Das wohl kostenträchtigste Investitionsprojekt der kommenden Jahre ist mit 8,5 Millionen Euro veranschlagt.

Welche Investitionen die Stadt Bad Neustadt bis 2026 noch angehen möchte

Rund 40 Millionen Euro will die Stadt Bad Neustadt bis 2026 investieren. Neben der Alten Amtskellerei werden unter vielen anderen folgende Maßnahmen genannt: Abbruch der ehemaligen Kreisklinik (4,95 Millionen Euro), Neugestaltung des Bahnhofsumfelds (2,4 Millionen Euro), Förderprogramm Revitalisierung Innenbereiche (480.000 Euro), Sanierung der Altstadt (300.000 Euro), Entwicklung des Heilbads (300.000 Euro).

Wie entwickelt sich der Haushalt der Stadt voraussichtlich?

Langjährig gesehen gab es stets Überschüsse im Verwaltungshaushalt. "Diese 5 bis 6 Millionen Euro Überschuss erreichen wir nie mehr", prognostiziert Kämmerer Schlagmüller. Grund: Neue Einrichtungen, die Folgekosten verursachen. Werde so gewirtschaftet wie in den Anlagen angedacht, verfüge die Stadt Ende 2026 kaum noch über Rücklagen (812.000 Euro), wäre aber mit knapp 19 Millionen Euro hoch verschuldet.

"Ein bisschen kann ich den Räten allerdings die Sorge nehmen", blickt Schlagmüller in die fernere Zukunft. Über den Finanzausgleich kämen 2027/2028 5,8 Millionen Euro zurück, sodass die Stadt letztlich "nur" noch 13 Millionen Euro drückten. Der bisherige Schuldenhöchststand Bad Neustadts lag 2016 bei 11,8 Millionen Euro.

 
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