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Bad Neustadt
Erhöhung der Kreisumlage: Die Bürgermeister in Rhön-Grabfeld begehren auf
Ende März beschließt der Kreistag den neuen Haushalt. Die Kreisumlage soll um 2,5 Prozent steigen. Doch aus dem Gremium kommt Gegenwind. Und ein Brandbrief aus Mellrichstadt.
Vieldeutig: Die Skulptur eines Sitzenden vor dem Landratsamt wird im Regen stehen gelassen. Gilt das auch für die Kommunen, die unter der geplanten Erhöhung der Kreisumlage ächzen? Im Kreisausschuss wächst jedenfalls der Widerstand über die Fraktionen hinweg.
Foto: Gerhard Fischer | Vieldeutig: Die Skulptur eines Sitzenden vor dem Landratsamt wird im Regen stehen gelassen. Gilt das auch für die Kommunen, die unter der geplanten Erhöhung der Kreisumlage ächzen?
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 09.02.2024 09:10 Uhr

Eine trübe, regnerische Woche voller Arbeit liegt hinter Landrat Thomas Habermann genauso wie hinter vielen Kreisrätinnen und Kreisräten sowie der Kämmerei des Landratsamtes. Der Haushalt 2023 wird in den Ausschüssen vorberaten, die Fraktionen setzten sich mit ihm in Klausuren auseinander. Am 27. März soll der Haushalt verabschiedet werden.

Die Kreisumlage soll demnach um 2,5 Prozentpunkte auf 48,2 Prozent angehoben werden. Doch vor allem aus den Reihen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kommt Widerstand. Er ist heftiger als sonst. Und geht offenbar über Fraktionsgrenzen hinweg.

Eine neue Qualität des Widerstandes

Die Zeiten, als ein Landrat Fritz Steigerwald fast schon bis zur Ermüdung über den Haushalt dozierte und dieser dann einmütig abgenickt wurde, sind schon lange vorbei. Aber auch unter Thomas Habermann gab es bisher nie den großen Widerstand gegen die Etatentwürfe. Ein erhobener Zeigefinger hier, ein Murren da, selten eine Gegenstimme: alles blieb im Rahmen.

Doch in diesem Jahr scheint der Widerstand gegen eine erneute Anhebung der Kreisumlage eine neue Qualität erreicht zu haben. Selbst ein Brandbrief an den Landrat vom Kreisverband des Bayerischen Gemeindetages macht die Runde. Unterzeichnet ist er vom Vorsitzenden, Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus.

Warum kostet das noch nicht eröffnete Rhönmuseum so viel?

Bei der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr, Kultur und Tourismus am Dienstag wurde schon deutlich, dass sich der Widerstand mehrt. Beim dicken Brocken der Kultur ging das los. Warum verursacht ein Rhönmuseum in Fladungen schon hohe Kosten von rund 480.000 Euro, wo es noch nicht einmal eröffnet ist? "Wie entwickeln sich da die Kosten weiter?", fragte Schönaus Bürgermeisterin Sonja Rahm von den Freien Wählern. Sie vermisste weitere Sparziele im Etat.

Die Kultur in Wechterswinkel ist teuer

Vom SPD-Mann Egon Friedel bekam sie Rückendeckung. "Schwer nachvollziehbar" sei für ihn die Kostenexplosion bei den Ausgaben für das Kloster Wechterswinkel in den letzten Jahren von 149.000 auf 476.000 Euro. Jörg Geier von der Kreisentwicklung konnte zwar damit argumentieren, dass nach dem Corona-Stillstand der Kulturbetrieb wieder auf Normal laufe. Friedel sah sich aber dennoch in Erklärungsnot gegenüber freien Kulturträgern, die eigenwirtschaftlich ihre Kulturprogramme auf die Beine stellen würden.

Auch Landrat Thomas Habermann gab zu, dass 10.000 Euro für eine Einzelausstellung im Kloster Wechterswinkel schon dicke Brocken seien, die man hinterfragen könne. Hier sei Transparenz nötig.

Ostheims Bürgermeister denkt über das Aus für Wechterswinkel laut nach

CSU-Kollege und Ostheims Bürgermeister Steffen Malzer sorgte dann für einen Paukenschlag – den er wenig später gegenüber der Presse etwas dämpfte. Er gab dem SPD-Fraktionssprecher Friedel recht. "Das Bruder-Franz-Haus, die Kosten in Wechterswinkel, eine neue Bestuhlung für die Kreisgalerie. Können wir uns alles leisten?", fragte er. Und spielte laut mit dem Gedanken, das Kloster Wechterswinkel aufzugeben.

Wo der drückt der Schuh? Manche Kreisräte klagen über den hohen Kulturetat, der für das Kloster Wechterswinkel (hier ein Ausstellungsmotiv) bereitgestellt wird, während die Kommunen in prekäre finanzielle Lage kommen.
Foto: Rudolf Weinert | Wo der drückt der Schuh? Manche Kreisräte klagen über den hohen Kulturetat, der für das Kloster Wechterswinkel (hier ein Ausstellungsmotiv) bereitgestellt wird, während die Kommunen in prekäre finanzielle Lage kommen.

Ein Gedanke, offensichtlich gespeist aus dem Frust über die geplante Erhöhung der Kreisumlage, die auch Städten wie Ostheim viel Geld nehmen wird für die eigene Entwicklung. "Ich bin nicht generell gegen das Kloster Wechterswinkel, aber man muss auch sehen, was die Erhöhung der Kreisumlage bedeutet", so Malzer wenig später zur Presse.

Während CSU-Kreisrätin Anne Zeisner den "herausragenden Standort" Wechterswinkel lobte, sprach Sulzfelds Bürgermeister nochmals für die gebeutelten Gemeinden. "Die 2,5 Prozent Umlagenerhöhung tun weh", sagte Jürgen Heusinger. 20 Gemeinden müssten Stabilisierungshilfe beantragen. "Wir müssen unseren Sparwillen deutlich nach Außen zeigen", forderte das Sulzfelder Ortsoberhaupt und stieß damit ins gleiche Horn wie Sonja Rahm.

Der Coburger: Ein fast leerer Bus schluckt 600.000 Euro im Jahr

Beim Thema Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) fiel auch Landrat Thomas Habermann ins Lamentieren ein über eine kaum mehr tragbare Entwicklung. Rund drei Millionen Euro mache der ÖPNV Verlust im Jahr. Habermann wiederholte das Wort von den "Unsinnsbussen", die durch den Landkreis fahren würden. Trappstadts Bürgermeister Michael Custodis hatte es im letzten Jahr gebraucht.

"Wir müssen so schnell wie möglich aus dem Coburger Bus aussteigen, der kostet uns 600.000 Euro im Jahr, genutzt wird er kaum", schimpfte auch Habermann. Der Landkreis setzte stattdessen auf On-demand-Verkehre, also Busverkehr auf Bestellung. Das Grabfeld wird Pilotregion sein. Bis 2026 soll das zwei Millionen Euro an Einsparungen beim ÖPNV bringen.

11-Millionen-Projekt Schülerwohnheim in der Kritik

Damit waren freilich nicht alle Wogen geglättet. Tags darauf, im Ausschuss für Bildung, Schule, Sport und Gesundheit, wurde das geplante Schülerwohnheim für die Berufsschule von den Kreisrätinnen und Kreisräten ins Visier genommen, nach Stand der Dinge ein 11-Millionen-Euro-Projekt. Landrat Habermanns einführende Worte, es häuften sich die Beschwerden über die bisherige Unterkunft und es herrsche akuter Handlungsbedarf, wurden da schon teils mit einem versteckten Lächeln im Gremium quittiert.

"Die Planungen stehen, wir könnten im Herbst mit den Erdarbeiten beginnen", sagte der Landrat. Zur Antwort bekam er eine Liste von Fragen, vor allem vorgetragen von FDP-Kreisrat Helmut Klum. Wie hoch sind die Kosten für die Altlastenbeseitigung? Wie stark beteiligt sich der Freistaat an den Kosten? Gibt es einen alternativen Standort? Das alles wollte Klum wissen und spielte gar mit der Idee, statt des teuren Baus Hotelgutscheine für die Schülerinnen und Schüler in Erwägung zu ziehen.

Gewünschte Öko-Standards werden aufgegeben

Rund 1,2 Millionen Euro sind für die Altlastenensorgung taxiert, möglicherweise müsste sich die Stadt Bad Neustadt als Rechtsnachfolger der ehemaligen Müllkippe von Brendlorenzen  beteiligen. Auch Sulzdorfs Bürgermeisterin Angelika Götz fragte nach weiteren Sparmöglichkeiten.

Und Thomas Habermann gab einen Vorgeschmack, wie weit es angesichts klammer Kassen im Land um aufpreispflichtige Öko-Standards bestellt ist. "Vom Thema ökologisches Bauen sind wir beim Wohnheim weggekommen, alles wird sehr funktional ohne Schnickschnack", versicherte der Landrat. Auch beim On-demand-Verkehr ist die E-Technik nicht heiliges Prinzip. Und vom anspruchsvollen Projekt der Frischeküche an den Landkreisschulen mit regionalen Zutaten könnte auch nicht viel bleiben. Mit 50.000 Euro Defizit und fehlendem Personal für die Kantinenküche hängt die Frischeküche am seidenen Faden.

Ein Brandbrief der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister

Die Signale aus dem Gremium hat Habermann jedenfalls gehört. "Unser Sparwille ist da, er ist ernsthaft. Und wir wollen die Posten noch einmal durchgehen, um noch Sparpotenzial zu finden", versprach Habermann.

Der Brandbrief von Michael Kraus, der tags darauf aufgesetzt wurde und mit Datum 8. März versehen ist, wird wohl den Druck noch erhöhen. Schließlich spricht er als Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags für die Ortsoberhäupter im Landkreis.

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Er sieht die Gefahr, dass einige Gemeinden die Mindestzuführung vom Verwaltungshaushalt zum Vermögenshaushalt nicht erreichen. Auch könnte einigen Kommunen dadurch die Stabilisierungshilfe entgehen, warnt Kraus eindringlich.

Überhaupt sei man in den meisten Rathäusern von einer Beibehaltung der Kreisumlage ausgegangen und habe dementsprechend die Etats geplant. Und zwar frühzeitig, wie es die Rechtsaufsicht im November forderte. Schon die bloße Beibehaltung der Kreisumlage bedeute aufgrund der Berechnungsfaktoren schon höhere Abführungen an den Landkreis.

Auch ohne Erhöhung ein Plus im Landkreis-Etat 2023?

Die Erhöhung der Kreisumlage berücksichtige nicht die "teils prekären finanziellen Verhältnisse der Gemeinden", die auch durch die Energie- und Baupreise in Schwierigkeiten geraten würden, wie es in dem Schreiben an Habermann heißt.

Darin wird dem Landrat auch vorgerechnet, dass auch ohne Umlage-Erhöhung der Haushaltsposten Kreisumlage um zwei Millionen Euro höher liegen würde. Überhaupt verfüge der Landkreis über eine "recht hohe Rücklage", also ein dickes Finanzpolster. "Aber natürlich wollen wir auch nicht, dass der Landkreis in Schieflage kommt", betont Michael Kraus gegenüber dieser Redaktion. 

Am Schluss des Schreibens, das auch an alle Fraktionssprecher ging, fordert der Kreisverband "Vorschläge für konsolidierende Maßnahmen beziehungsweise verschiebbare Projekte". 

"Der Gemeindetag ist ein überparteiliches Gremium", sagt Kraus, entsprechend kommt der Widerstand von Amtsträgerinnen und Amtsträgern aller politischer Couleur. Wenige Tage, nachdem der Landkreis-Entwurf publik wurde, habe er vergangenen Freitag zur Videokonferenz mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern geladen. Der Tenor zur Umlage-Erhöhung sei einhellig gewesen: "Das geht so nicht." 

 
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    Tja Brieflich schreib is des enne, obber bann se Aach in Aach im Greistach ohstimm müsse, dann is der Mut widder dohi. Dann wird widder geknaugt- Wetten! Äich hob noch nie gsenn oder ghürd dess die im Greistoch, annerscht ohgstimmd hätte als bi des wos fürgschloche wohr. Wird nu ned annerscht. Es wäss jeder, dess es sonsd hässt: "Du kunnscht duch ned Obbosition sei, geche dein ächene CSU-Landrod!" Un dann bleid nuch der Trost: "er hürd jo bal auf - hod er gsocht, der Landrod. Do müsser mer hald noch mol durch. Obber bann er widder die KreuzberchKreisstross bau will, dann schennne mer obber richtig!" Su dengd sich des der aufrechte CSU-Greisrod und dar Landrod wess des ach. Drümm stedd die Kreissaggggass uf n Kreuzbarch ach nix mehr uf die Tachesordnung. Obber des ach kenn Pfennich fürs Grabfeld-Trinkwasser eihgebland is, des verstäd bar will-äich ned. Obber ach widder richdich: Trinkwasser aus Oberfrange is jo suwisu ned bezohlbar. Bis des kümmt, is der Landrod scho in Rende!
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