Es war im April 2020, da verabschiedete der Stadtrat von Bad Neustadt einen Rekordhaushalt mit einem "außergewöhnlichen Zahlenwerk", wie es Kämmerer Andreas Schlagmüller damals formulierte. Der Grund: die mittlerweile bekannte Gewerbesteuerrückzahlung eines örtlichen Steuerpflichtigen in Höhe von 23,5 Millionen Euro.
Auch bei der Verabschiedung des Haushaltes 2022 (drei Gegenstimmen) spielte dies eine Rolle. Mit einem Gesamtvolumen von über 100 Millionen Euro fällt dieser üppig aus, eine "aufwendige Bearbeitung" im Vorfeld war nötig, so der Kämmerer.
Die weiteren Folgen der hohen Gewerbesteuereinnahme
Nachdem die Stadt bereits 2021 rund 17 Millionen Euro Gewerbesteuer der 23,5 Millionen Euro zurückzahlen musste, ist in diesem Jahr eine weitere millionenschwere Rückzahlung inklusive Zinsen veranschlagt. Weitere Folgen: Man rechnet mit nur etwa fünf Millionen Euro an Gewerbesteuer, zudem muss die Stadt aufgrund ihrer guten Steuerkraft eine deutlich höhere Kreisumlage leisten (17,8 Millionen Euro).
Diese Sondereffekte und die Tatsache, dass bereits angefangene Baumaßnahmen weiter finanzieren werden müssen, sorgen dafür, dass 25,8 Millionen Euro aus der vorher prallen Rücklage bis auf ein Minimum entnommen werden. Zusätzlich braucht es ein Darlehen (7,6 Millionen Euro), der Schuldenstand steigt deshalb an.
Das sind die größten geplanten Investitionen in Bad Neustadt
Als größte Investitionen führt Schlagmüller die Generalsanierung der Mittelschule auf, den Neubau des Kindergartens Herschfeld und der neue Schülerhort am Schulberg, der im Herbst eröffnet werden soll. Rund 21,6 Millionen Euro an Investitionen sind insgesamt geplant – deutlich mehr als im Vorjahr (12,8). Ob das Geld jedoch komplett ausgegeben wird, da hat auch der Kämmerer seine Zweifel.
Bei der anschließenden Diskussion erklärt Finanz- und Wirtschaftsreferent Robert Foidl (Freie Wähler), dass das hohe Defizit im Verwaltungshaushalt aufgrund der einmaligen Sondereffekte "nicht besorgniserregend" wäre. Die Zahlen seien vorausschauend und teils vorsichtig gewählt worden – unter Berücksichtigung von Unwägbarkeiten aufgrund des Krieges in der Ukraine.
Unterhalt der eigenen Gebäude dürfte teurer werden
Was die begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Projekte betrifft, bittet Foidl um Augenmerk. Die städtische Infrastruktur wird weiter verbessert. Er weist aber auf die Gefahr hin, sich in zu vielen Projekten zu verstricken. Wegen der massiv steigenden Energiepreise müsse man davon ausgehen, dass der Unterhalt der stadteigenen Gebäude "aus finanzieller Sicht nicht leichter wird." Er bezeichnet Bad Neustadt als "arbeitnehmer- und familienfreundliche Stadt", die ihre eigenen Stärken immer wieder herausstellen sollte.
"Wir dürfen uns nicht kaputt sparen", so Bastian Steinbach (CSU) trotz der aktuellen Situation. Man brauche Leuchtturmprojekte wie Fronhof, Heilbad oder Digitalisierung in der Verwaltung.
CSU: Stadt soll wieder die Lokomotive im Landkreis darstellen
Situationen und deren Entwicklungen sollte man genauestens beobachten. Die Forderung der Fraktion: Noch mehr Mut und Fingerspitzengefühl zeigen und mehr Wert auf die "weichen" Standortfaktoren legen. Dazu gehört die Priorisierung auf das neu geschaffene "Kulturamt", bei dem künftig alle Fäden zusammenlaufen sollen. Insgesamt soll Bad Neustadt, so Steinbach, wieder die Lokomotive im Landkreis darstellen und in die Vorreiter- und Vorbereiterrolle schlüpfen.
Angelika Högn-Kößler (Grüne) erinnert sich an die intensiven Haushalts-Diskussionen im Vorfeld, "wenn auch nicht immer zu aller Zufriedenheit". Sie spricht die notwendigen Maßnahmen im Schul- und Kindergartenbereich an und lobt – im Sinne der Nachhaltigkeit – den Vorzug von Generalsanierungen anstelle von Neubauten.
Erfreulich sei, wenn bei den Baugebieten in Dürrnhof und Brendlorenzen nachhaltige Energiekonzepte für mehr Klimaschutz zum Einsatz kommen. "Wir als Fraktion warten auf den Tag, bis das zur Normalität geworden ist", so die Stadträtin.
SPD lehnt den Finanzplan ab
Janis Heller (SPD) gibt der Verwaltung mit auf den Weg, künftig defensiver zu planen. "Wir erwarten eine signifikante Reduktion der gebundenen Mittel in den nächsten Jahren", fordern er und seine Fraktion im Hinblick auf viele offene Maßnahmen. Was den Fronhof betrifft, muss die Steuerungsgruppe "ganz klar den Nutzen und die Kostendeckung herausarbeiten", bevor eine Entscheidung gefällt wird.
Die SPD erteilt zwar dem Haushalt seinen Segen, nicht aber dem unverbindlichen Finanzplan, bei dem die Stadt verpflichtet ist, in die nächsten Jahre zu blicken. In dem Plan sind, so die Kritik, keine Mittel für kurzfristige Maßnahmen zur Energiewende, die Sanierung des Triamare oder für das Heilbad vorgesehen.
Warum Neuschter Liste/FDP den Haushalt komplett ablehnen
"Nichts Halbes und nichts Ganzes", so bezeichnete Johannes Benkert den Haushalt, den seine Fraktionsgemeinschaft Neuschter Liste/FDP abgelehnt hat. Aufgrund der hohen Haushaltsreste ist der Haushalt eher rückwärtsgewandt und beinhaltet keine neuen Projekte, die im Wahlkampf versprochen worden waren – eine Kritik an Bürgermeister Michael Werner.
Fronhof und Renovierung des Triamare – beides könne sich die Stadt nicht leisten, rechnet Benkert vor. Er kritisiert einmal mehr das Zuschießen von Geld für die Stadthalle und bezweifelt, dass so die Innenstadt nach Corona wieder belebt wird. Aufgrund der niedrigen Rücklage und der Notwendigkeit von Krediten für neue Projekte sieht er "keine schönen Aussichten".