
Manchmal hält man Rückschau wie aus einem instinktiven Gefühl heraus, dass wohl ein Abschied kommt. Bei der Kreistagssitzung in der vergangenen Woche hatten die Eingangssätze von Landrat Thomas Habermann etwas von einem Blick zurück auf eine lange Epoche, deren Bogen sich langsam senkt.
Es ging eigentlich nur um die ruckelige Mikrofonanlage im großen Sitzungssaal des Landratsamtes. "Als ich vor 20 Jahren angefangen habe, gab es eine solche Anlage noch nicht. Wir haben unsere Räume bezogen, den Saal etwas hergerichtet, das war es auch schon", kam der Rhön-Grabfelder Landrat fast schon ins historische Schwelgen. Bescheidene Anfänge waren dies, bevor die Aufgaben wuchsen und die Herausforderungen zunahmen, an denen der Mensch und der Politiker Habermann reiften.
Thomas Habermanns starke Stimme
In der ersten Reihe saßen die CSU-Kreisräte Bastian Steinbach, Christof Herbert und Sonja Reubelt und lauschten den Worten Habermanns. Aus der Erinnerung ein paar Tage später weiß man nicht mehr mit Sicherheit zu sagen, ob Habermann dann doch auf die unsichere Technik des Platzmikrofons zurückgegriffen hat. Denn seine Stimme setzt sich üblicherweise auch ohne Technik durch.

Das weiß die Opposition aus Grünen und Sozialdemokraten, mit denen sich Habermann das eine oder andere rhetorische Scharmützel liefert. Das weiß aber auch die eigene CSU-Fraktion, die, so hört man bei dem einen oder anderen Smalltalk, gegen die starke Stimme des Landrats nicht immer so durchdringt als Fraktion, wie sie es vielleicht gerne möchte.
"Super Stimmung" bei der Wahl-Bilanz
Vier Tage später, im Saal der Gaststätte Wilder Mann in Mittelstreu, brauchte es keine Mikrofone. Der Kreisvorstand und die CSU-Ortsvorsitzenden waren zusammengekommen, um die Landtagswahl noch einmal zu bilanzieren. "Die Stimmung ist super", postete der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel noch am Sonntagabend aus dem Wirtshaus auf Instagram, in die Kamera lachten dabei auch die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär, Landrat Thomas Habermann und Kreisvorsitzender Christof Herbert.
Letzterer hat anstrengende Wochen und Monate mit einem kräftezehrenden Wahlkampf hinter sich. "Das Ergebnis ist letzten Endes sehr gut für uns", resümiert Herbert. Die Worte, die er für den erfolgreichen, im Stimmkreis jedoch praktisch nicht präsenten AfD-Kandidaten Daniel Halemba hätte, verschweigt er lieber.
In Richtung 2026 geblickt
"Wir haben auch einmal in Richtung 2026 geblickt", erzählt Kreisvorsitzender Christof Herbert. 2026 stehen Kommunalwahlen an. Auch der Posten des Landrats steht dann zur Disposition. Hätte es keine Gesetzesnovelle Anfang des Jahres in Bayern gegeben, wäre die Sache klar gewesen: Landrat Thomas Habermann hätte die Altersgrenze erreicht gehabt, eine erneute Kandidatur wäre ihm nach 24 Jahren verwehrt geblieben.
So aber wurde das Höchstalter für Seinesgleichen gestrichen – und für Thomas Habermann hatte sich die Frage erledigt, ob es qua Gesetz zu einem Generationenwechsel kommt oder nicht. Schon im Sommer-Interview zum 20. Jubiläum ließ er seine politische Zukunft offen. "Das wird sich zeigen", hatte er auf die Eingangsfrage nach einer erneuten Kandidatur geantwortet.
Habermann: Keine abschließende Antwort
Und nach dem Sonntag hinter verschlossenen Türen in Mittelstreu? "Ob ich weitermachen will oder nicht, dazu habe ich mich nicht abschließend geäußert", hält sich Habermann weiter alle Möglichkeiten offen. Mit dem Fallen der Altersgrenze habe sich ein neuer Sachverhalt ergeben. Wer auch immer innerhalb der Rhön-Grabfelder CSU auf eine frühzeitige Nachfolge-Lösung für den CSU-Landrat Habermann spekuliert hatte, muss sich also in Geduld üben.
Dem Kreisvorsitzenden Christof Herbert aus Querbachshof werden von vielen Seiten gute Chancen eingeräumt. Der Biolandwirt hat nicht nur im Wahlkampf Belastbarkeit und Eloquenz gleichermaßen bewiesen. Mit der berufsbedingt ökologischen Note könnte er punkten. Dazu passt der Schritt, den die Grünen im Kreistag gerade auf die anderen Parteien zugehen, in dem sie vermehrt "interfraktionelle" Anträge einbringen wollen. Öffentlich wirft Herbert seinen Hut aber nicht in den Ring. "Ich denke, dass sich frühestens im Januar des nächsten Jahres ein Meinungsbild abzeichnet", bringt Herbert von der Sitzung im Wilden Mann mit.
Das Wichtigste: Geschlossenheit
Das Wichtigste vor allem anderen sei eine geschlossene CSU hinter ihrem Kandidaten oder ihrer Kandidatin. Keinesfalls soll es Schlagzeilen geben wie in Würzburg. Dort ist der Kirchheimer Bürgermeister Björn Jungbauer in den Landtag eingezogen. Um seine Nachfolge als Rathauschef ist sogleich ein Gerangel entstanden, weil Bewerber vorgeprescht sind. In Rhön-Grabfeld soll sich so etwas nicht wiederholen. "Politik mit dem Ellenbogen" habe sich noch nie ausgezahlt bei den Wählerinnen und Wählern, so Herberts Überzeugung.
Der Souverän soll entscheiden, eine Kreisdelegiertenversammlung. Aber auch die CSU-Kreistagsfraktion sollte gehört werden. "So werden wir uns Stück für Stück vorantasten", sagt Herbert.
Kandidatenkür so transparent als möglich
Über seinen Kreisvorsitzenden hat Amtsinhaber Habermann nur Worte des Lobes. Herbert habe im Wahlkampf "sehr, sehr gut gearbeitet". Wichtig sei, dass die Kandidatenkür so transparent als möglich erfolge zwischen dem Kreisvorstand, den Ortsvorsitzenden und Ortsverbänden. "Ich habe meine Entscheidung noch offen gelassen", berichtet Habermann von der Sitzung in Mittelstreu. Dies sei auch positiv aufgenommen worden von den Parteigenossen und -genossinen.
Im weiteren Verlauf des Nominierungsverfahrens, das wohl erst 2025 abgeschlossen sein wird, werde sich seine "Entscheidungsfindung verdichten und erhärten", formuliert es Habermann. Befürworter eines Generationenwechsels könnten dazu ein Bild mit kritischem Unterton zeichnen: Der Regent schaut sich die Parade möglicher Erben an, um zu schauen, ob da einer würdig wäre, das Geschaffene in die Zukunft zu tragen.
Wie wäre es mit einer Frau?
Erben, das weiß man auch ohne Gender-Bemühtheit, können auch weiblich sein. Sollten die Freien Wähler 2026 einen Landratskandidaten präsentieren, könnte der mit der selbstbewussten Schönauer Bürgermeisterin Sonja Rahm durchaus eine Frau sein. Ist bei der CSU auch die Zeit reif für einen Geschlechterwechsel im Landrats-Büro? Erfolgreiche Bürgermeisterinnen hat die CSU im Landkreis ja vorzuweisen, ob man ins Grabfeld schaut oder hinauf in die Rhön. Es klingt auch so, als machte die Frauen-Union häufiger als sonst von sich reden.